Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Norden (ab 600)

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die Augen vom Himmel zu wenden, spürte Hasher, wie Heinz Kühn neben ihm zusammenzuckte. Der Züchter atmete schwer.

      »Natürlich kenne ich René. Ein unglaublich talentierter Springreiter und Sohn eines sehr bekannten französischen Züchters.« Unseres größten Konkurrenten!, fügte er im Geiste hinzu. »Leider ist er vor ein paar Jahren an einer unheilbaren Krankheit verstorben. Aber warum fragen Sie?«

      Unverwandt starrte Hasher in den Himmel, als gäbe es dort etwas Interessantes zu sehen.

      »Wussten Sie auch, dass dieser René mit Ihrer Tochter verlobt war? Und dass Aramis sein Abschiedsgeschenk war? Quasi ein Ersatz für das Kind, das sie niemals haben sollten?«, fragte er im munteren Plauderton weiter, wohl wissend, was er in diesem Augenblick anrichtete.

      Tatsächlich ließ die Wirkung seiner Worte nicht lange auf sich warten.

      »Das ist eine infame Lüge!«, stieß Heinz Kühn rau hervor. Er packte Hasher an den Schultern und schüttelte ihn. »Woher wollen Sie das wissen?«

      Missbilligend blickte der Prinz auf die Hände, die ihn umklammert hielten.

      »Wenn Sie mich loslassen, beantworte ich Ihre Frage.«

      Langsam ließ Heinz die Hände sinken. Von dem einst so stolzen Gestütsbesitzer war nicht mehr viel übrig.

      »Danke!« Hasher warf ihm einen undurchdringlichen Blick zu und beantwortete dann seine Frage. »Ich weiß das von Dr. Norden. Ihre Tochter hat ihm ihr trauriges Geheimnis anvertraut.«

      Heinz Kühns Lippen bebten, als er in Hashers Gesicht nach einem Anzeichen suchte, dass der Prinz log. Doch er fand es nicht und musste sich schließlich mit den erschütternden Tatsachen abfinden.

      »Warum hat Mone mir nichts davon erzählt? Ich bin doch ihr Vater«, fragte Heinz Kühn sichtlich erschüttert.

      Ein Donnergrollen aus der Ferne unterstrich die düstere Stimmung. Schutz suchend flatterten Vögel über den Hof, eine Katze verschwand miauend im Stall.

      »Ich nehme an, die Antwort auf diese Frage kennen Sie genau«, sagte der Prinz ihm unbarmherzig auf den Kopf zu. »Eine Liebesbeziehung zu ihrem ärgsten Konkurrenten hätten Sie niemals gutgeheißen.« Scharf schnitt seine Stimme durch die schwüle Luft. Nichts war übrig von der samtenen Wärme, die für gewöhnlich darin schwang. »Und nun haben Sie auch noch Simones liebstes Geschöpf auf Erden auf dem Gewissen. Das Erbe, das René seiner geliebten Simone hinterlassen hat.«

      Das Gewitter kam näher. Blitze zuckten durch die graue Wolkendecke. Erste dicke Tropfen klatschten auf den Boden. Doch weder Heinz noch Hasher bewegten sich.

      »Aber …, aber … das konnte ich doch nicht wissen«, stammelte der Züchter. Obwohl er kaum sechzig Jahre alt sein mochte, wirkte er plötzlich wie ein alter Mann. »Oh, mein Gott. Was soll ich denn jetzt nur tun?«

      »Ich fürchte, da ist nichts mehr zu machen«, sagte Hasher kalt. Er hatte nicht das geringste Mitleid mit diesem hartherzigen Mann. »Wenn Aramis stirbt, ist auch Simone nicht mehr zu retten. Aber Sie wollten es ja nicht anders.«

      Der Regen prasselte jetzt so heftig auf die beiden Männer herab, dass Hasher die Stimme erheben musste. Er hob die Hand, um sich das nasse Haar aus dem Gesicht zu streichen. Auch Heinz tropfte Wasser aus den Augenbrauen und vom Kinn. Doch im Gegensatz zum Prinzen bemerkte er es nicht. Reglos stand er mitten im tobenden Gewitter und sah hilflos zu, wie seine Welt, alles, wofür er je gekämpft hatte, vor seinen Augen unterging. Hashers letzte Worte hallten in Heinz’ Kopf wider, und plötzlich kam wieder Leben in ihn.

      »Wir müssen Aramis retten«, rief er dem Prinzen panisch zu. »Vielleicht ist es noch nicht zu spät.« Ohne auf eine Reaktion zu warten, drehte er sich um und stürzte in Richtung Stall davon.

      Prinz Hasher sah ihm nach. Als er sich langsam in Bewegung setzte, spielte ein spöttisches Grinsen um seine Lippen. Seine List war nicht ganz fair. Und doch war sie nötig gewesen, um Heinz Kühn einen hoffentlich heilsamen Schock zu verpassen.

      *

      Als Dr. Daniel Norden das Krankenzimmer von Simone Kühn betrat, lag sie mit geschlossenen Augen reglos im Bett und atmete schwer. Sie schien zu schlafen. Trotzdem schloss er leise die Tür hinter sich und kam ans Bett.

      »Frau Kühn?«, sprach er sie leise an.

      Ein tiefer Seufzer entrang sich ihrer Brust.

      »Ist es vorbei?«, fragte sie matt. »Hat Aramis es hinter sich?« Ihre Stimme bebte.

      Wenn sie die Augen geöffnet hätte, hätte sie gesehen, dass Daniel Norden lächelte. Doch sie tat es nicht.

      »Wie man es nimmt.«

      Eine Träne sammelte sich in ihrem Augenwinkel. Sie hing einen Moment in ihren langen Wimpern, ehe sie über ihre Wange rollte und vom Kinn aufs Nachthemd tropfte. Dort hinterließ sie einen dunklen Fleck.

      »Warum tun Sie mir das an? Warum quälen Sie mich damit, dass Sie mir Hoffnung machen? Denken Sie, dadurch wird es leichter für mich?«, fragte Simone bitter.

      Das Lächeln auf Daniels Gesicht wurde breiter.

      »Nun, vielleicht wird es ja leichter für Sie, wenn ich Ihnen sage, dass Aramis seine Zahnoperation gut überstanden hat und lammfromm im Stall steht.«

      Einen Moment lang schien die Zeit im Krankenzimmer stillzustehen. Simone atmete nicht. Sie seufzte nicht und sie lächelte nicht. Sie lag einfach nur reglos da und versuchte zu verstehen, was Dr. Norden ihr eben gesagt hatte.

      »Zahnoperation?«, wiederholte sie nach einer gefühlten Ewigkeit ungläubig und blinzelte endlich in das helle Licht des Nachmittags. Das furchtbare Gewitter hatte sich verzogen und einen reingewaschenen Himmel, saubere, klare Luft zurückgelassen. »Sie meinen, er ist nicht tot?«

      Daniel schüttelte den Kopf.

      »Ich komme gerade vom Gestüt«, erklärte er fast feierlich. Die Szene, deren Zeuge er dort geworden war, hatte ihn zutiefst berührt. Das Bild, wie Heinz Kühn den stolzen, aber müden Araberhengst umarmte und dabei bittere Tränen der Reue vergoss, schluchzte wie ein kleines Kind, würde er so schnell nicht mehr vergessen. »Aramis ist zwar noch etwas schlapp von der Narkose. Dr. Rosenknecht hat ihm eine ordentliche Portion Sedativum verabreicht. Wahrscheinlich hatte er doch mehr Angst, als er zugegeben wollte.« Bei diesem Gedanken musste Daniel schmunzeln. »Aber morgen dürfte der Hengst wieder ganz der Alte sein.«

      Simone begriff immer noch nicht ganz.

      »Aramis wurde nicht eingeschläfert?«, hakte sie vorsichtshalber noch einmal nach.

      »Nein, wirklich nicht. Und so, wie es aussieht, hat er noch ein langes glückliches Pferdeleben vor sich. Dr. Rosenknecht hat die günstige Gelegenheit genutzt und Ihren Liebling von Kopf bis Fuß untersucht. Er ist kerngesund«, versprach Dr. Norden mit Nachdruck. »Jetzt, nachdem der zerstörte Zahn endlich entfernt, das verletzte Zahnfleisch und die entzündete Schleimhaut versorgt sind, fühlt Aramis sich bestimmt wie neugeboren.«

      Fast ärgerlich blinzelte Simone gegen die Tränen an, die ihr in die Augen stiegen. Vergeblich.

      »Ein kaputter Zahn? Warum bin ich denn nicht selbst darauf gekommen?«, schluchzte sie und nahm dankbar das Taschentuch, das Daniel ihr reichte. »Das Maul ist der

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