Nur keine Panik. Wolfram Pirchner
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Burn-out ist ein hochaktuelles Thema, trotzdem gibt es bis heute keine einheitliche Definition. Die meisten Fachleute sind sich darüber einig, dass Burn-out ein Prozess ist, der schleichend beginnt und sich immer mehr zuspitzt. Burn-out wirkt sich auf kognitive, emotionale und energetische (körperliche) Prozesse aus. Die Symptome betreffen Gedanken, Gefühle und Gesundheit. Die kognitive, die emotionale und die energetische Ebene sind in meinem Kontext auch genau jene, mit denen ich mich in meiner Arbeit als Lebensberater und Mentalcoach beschäftige. Dabei setze ich gezielt auf die Engpässe und Probleme meiner Kunden zugeschnittene mentale Techniken ein.
Psychische Erkrankungen verursachen wie bereits erwähnt in Österreich jährlich 7 Milliarden Euro volkswirtschaftlichen Schaden. Es sind die hohen und oft zu hohen persönlichen Ansprüche in den verschiedenen Lebensbereichen, die häufig zu einem Burn-out führen. Was passiert, wenn Stresshormone ausgeschüttet werden? Dann wird das Großhirn blockiert. Zwischen unserem Stammhirn und dem Großhirn entsteht eine Blockade. Dadurch kommt der Betroffene in einen Zustand des Reagierens, nicht des Agierens. Der deutsch-amerikanische klinische Psychologe und Psychoanalytiker Herbert J. Freudenberger hat zwölf Phasen im Verlauf des Burn-out-Syndroms identifiziert und aufgelistet. Allerdings sind die Stadien in der Praxis nicht so klar voneinander abzugrenzen und vermischen beziehungsweise überlagern sich. Phasen können übersprungen werden, man kann sich auch in mehreren Stadien gleichzeitig befinden. Eine Weiterentwicklung bedeutet im Zusammenhang mit Burn-out immer eine Verschlimmerung der Symptome.
1. Phase: Der Zwang, sich zu beweisen
Dieses Stadium ist am schwierigsten zu erkennen. Der Wunsch, erfolgreich zu sein, ist an und für sich ein positiver. Bekommt dieser Wunsch jedoch zu viel an Gewicht (Verbissenheit), so wird er zum Zwang (übertriebene Erwartungen an sich selbst). Es handelt sich um den Wechsel vom Wunsch, etwas zu leisten, hin zum Zwang, sich beweisen zu müssen. Das ist eventuell der gefährliche Einstieg in ein Burn-out.
2. Phase: Verstärkter Einsatz
Dieser entsteht meist aus der Angst, die Kontrolle zu verlieren. Sorgfalt und Engagement werden zu Perfektionismus und damit zwanghaft. Daraus entsteht auch die Unfähigkeit zu delegieren. Das schlechte Gewissen, das übertriebene Verantwortungsgefühl und die vermeintliche, gefühlte Dringlichkeit, alle Aufgaben selbst erledigen zu müssen, erhöhen den Druck auf sich selbst.
3. Phase: Subtile Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse
Früher hatte der Betroffene noch die Arbeit im Griff, jetzt hat die Arbeit ihn voll im Griff. Kleine alltägliche Pflichten und Freuden werden als lästig und störend empfunden. Pausen werden als überflüssig erlebt, Ernährung wird nebensächlich, der Körper vernachlässigt. Die eigenen Bedürfnisse werden zurückgestellt. Die Sensibilität sich selbst gegenüber wird geringer, erste Erschöpfungsgefühle, Fehlleistungen und Vergesslichkeit treten auf.
4. Phase: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
Der Betroffene bemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt, dass er »leiser treten« müsste, stellt aber seine Bedürfnisse immer wieder hinter die Anforderungen zurück. Heimlichkeiten und Rückzug beginnen, um zu verbergen, wie es dem Betroffenen wirklich geht. Oft ist in dieser Stufe ein beginnendes Suchtverhalten zu beobachten. Damit meint Freudenberger zum Beispiel Ersatzbefriedigungen wie Essen, Rauchen, Shopping etc. Auch körperliche Einbrüche werden in dieser Phase registriert, bis hin zur chronischen Erschöpfung.
5. Phase: Umdeuten von Werten
Es kommt zu einer emotionalen Desorientiertheit, weiters zu einem gestörten Zeitbegriff. Der Druck und die Belastung sind so hoch, dass Vergangenheit und Zukunft ausgeblendet werden müssen. Es zählt nur die Gegenwart. Dadurch geht die Einschätzungsfähigkeit verloren, ebenso die Relativität der Ereignisse. Wichtiges und Unwichtiges werden nicht mehr getrennt. Soziale Kompetenzen, zwischenmenschliche Beziehungen verlieren an Wert. Auch emotionale Werte werden in den Hintergrund gedrängt. Das »Sich-der-Situation-Stellen« kommt nicht mehr infrage. Eine zunehmende Verhärtung und ein übertriebenes Kontrollbedürfnis sind festzustellen.
6. Phase: Verstärkte Verleugnung auftretender Probleme
Die Verleugnung wird hier (unbewusst) als Schutzmechanismus eingesetzt. Die Verleugnungsspirale wird enger. Verleugnen verschleiert den Burn-out-Prozess. Zynismus, Bitterkeit, Intoleranz, die subtile Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse verstärken sich, der Betroffene isoliert sich zunehmend von seiner Umwelt.
7. Phase: Rückzug
Gefühle von Hoffnungslosigkeit und Orientierungslosigkeit, Desillusionierung, Verlust der emotionalen Intensität, Rückzug von sich selbst und der Welt dominieren. Rückzug wird zur Strategie, die Isolation des Betroffenen nimmt zu. Die Anwendung »falscher Therapien« wird beobachtet (Alkohol, Medikamentenmissbrauch etc.).
8. Phase: Beobachtbare Verhaltensänderung
Es kommt zu noch mehr Rückzug – jede Zuwendung wird als Angriff gefühlt. Abschottung steht auf der Tagesordnung und die Änderung des Verhaltens ist für die gesamte Umwelt auffällig. Die Unterscheidungsfähigkeit ist gestört, was Unterstützung, Aufmerksamkeit und Nähe angeht, Ausreden und Ausflüchte dominieren.
9. Phase: Depersonalisation
Der Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit wird registriert. Damit geht auch der letzte Rest des Erkennens der eigenen Bedürfnisse verloren. Das wiederum führt zu einer tiefen Selbstverneinung, die sich auf die eigene Person und den eigenen Körper bezieht. Die Entfremdung erreicht die Grundfesten der Persönlichkeit. Absoluter Kontaktverlust, Erleben eines lediglich mechanischen »Funktionierens« und das Nichtwahrnehmen von fremden Bedürfnissen treten auf.
10. Phase: Innere Leere
Häufig entstehen hier schwere Phobien und Panikattacken. Das Gefühl der inneren Leere ist kaum zu ertragen. Die Betroffenen fühlen sich ausgehöhlt, nutzlos, ausgezehrt, erledigt. Es gibt immer noch den schwachen Wunsch, irgendwie aufzutanken, oft wird dafür zu Drogen und Aufputschmitteln gegriffen, und der suchtartige Zwang nach Ersatzbefriedigungen gehört zum täglichen Leben.
11. Phase: Depression
Nun ist dem Menschen einfach alles egal. Das Leben wird SINN-los. Oft sind die einzigen wahrnehmbaren Gefühle Verzweiflung und Erschöpfung. Motivation und Initiative sind am Nullpunkt angelangt. Ein sehr starkes Symptom ist hier der Wunsch nach Dauerschlaf. Auch erste Suizidgedanken entstehen.