Spieglein, Spieglein in der Hand. Thomas Röper

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Spieglein, Spieglein in der Hand - Thomas Röper

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demokratisch gewählte Regierungen gestürzt und Kriege geführt. Daher wird man auf Begeisterung über „US-Hilfe“ in Venezuela wohl lange warten können.

      Aber der Spiegel hat noch Hoffnung, dass es eskaliert:

      „An den Grenzen des Landes wollen sie nun offenbar die Entscheidung erzwingen. Die im Ausland gelagerten Hilfslieferungen sollen ins Land getragen werden – wenn es sein muss, im wörtlichen Sinn.“

      Praktischerweise stehen direkt an der Grenze auf kolumbianischer Seite US-Soldaten bereit, um einzugreifen. Man muss nur irgendwie eine blutige Konfrontation provozieren, damit die USA einen Vorwand haben, einzumarschieren.

      Warum der 23. Februar so wichtig ist, wird im Spiegel jedoch verschwiegen:

      „In den sozialen Medien laufen die Aufrufe, die die Aktion begleiten, unter dem Hashtag „23F“. Der 23. Februar – auf den Tag genau einen Monat, nachdem sich Guaidó bei einer Großkundgebung in der Hauptstadt Caracas zum Übergangspräsidenten erklärte.“

      Tatsächlich ist der 23. Februar aus verfassungsrechtlichen Gründen wichtig, denn der Übergangspräsident muss innerhalb von 30 Tagen Neuwahlen abhalten. Guaidó steht also unter Zeitdruck, denn wenn nach dem 23. Februar immer noch nichts passiert ist, wird im Lande allzu offensichtlich, dass er keinerlei Macht und nur wenig Rückhalt hat. Dass Guaidó allerdings die Verfassung von Anfang an gebrochen hat, kann man in deutschen Medien nie lesen.

      Dann vermittelt der Spiegel den Eindruck, Guaidó habe viel internationale Unterstützung:

      „Seither ist er von mehr als 40 Staaten anerkannt worden, darunter die meisten Länder in der Region ebenso wie die USA und zahlreiche EU-Mitglieder.“

      Jedoch bedeutet die Anerkennung durch 40 Länder, dass 150 Länder ihn nicht anerkannt haben. Wenn man dies nicht ins Verhältnis setzt, klingen die 40 Länder nach vielen Ländern, tatsächlich sind es gerade einmal 20 % der Weltgemeinschaft, die Guaidó unterstützen. Außerdem sind die Länder, die ihn anerkannt haben, allesamt Verbündete der USA, die in Vasallentreue der Linie Washingtons folgen. Kein einziges Land, das nicht mit den USA verbündet ist, hat Guaidó anerkannt. Wohl aber hatten einige US-Verbündete den Mut, die Anerkennung Guaidós zu verweigern.

      Der Spiegel kommt dann zur desolaten Lage Venezuelas und verschweigt dabei völlig die Wirkung der Sanktionen:

      „Venezuela durchlebt seit längerem eine schwere Wirtschafts- und Versorgungskrise. Aus Mangel an Devisen kann das Land – einst das reichste Lateinamerikas – kaum noch Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs einführen. Viele Menschen hungern, bereits besiegt geglaubte Krankheiten breiten sich wieder aus.“

      Auch hier wieder gleich mehrere verwirrende bzw. unwahre Aussagen in drei Sätzen. Zunächst verschweigt der Spiegel, dass an der desolaten Situation die Sanktionen der USA schuld sind, die Venezuela allein seit 2013 ca. 350 Milliarden gekostet haben. 70 Milliarden jährliche Kosten hätten auch Deutschland immense Probleme bereitet. Dass Venezuelas Wirtschaft darunter zusammenbricht, kann niemanden überraschen. Und den Devisenmangel hat ebenfalls der Westen verursacht, denn die USA haben venezolanische Guthaben aus dem Ölverkauf eingefroren, und venezolanisches Gold im Wert von 1,2 Milliarden Dollar wird von London ohne Begründung nicht an Venezuela ausgehändigt. Aber all das liest man im Spiegel nicht.

      Dass Guaidó aufgrund mangelnder Unterstützer schon fast verzweifelt ist, kann man im Spiegel nur zwischen den Zeilen lesen:

      „Zuletzt ging Guaidó dazu über, sich bei Twitter direkt an namentlich genannte befehlende Offiziere zu wenden: ‚Am 23. Februar müssen Sie wählen: Maduro dienen oder dem Vaterland?‘ Verbunden hat der Oppositionsführer den Appell mit der Aufforderung, die Einfuhr der Hilfsgüter zu erlauben.“

      Dann endlich kommt im Spiegel auch die Sicht Maduros, wobei sie jedoch als Behauptungen eines bösen Diktators dargestellt wird:

      „Auch Maduro hat Medikamente und Militär in ein Narrativ verwoben, wenngleich in ein völlig anderes. Der autoritäre Staatschef streitet eine humanitäre Krise im Land ab. Venezuelas Misere sei nicht etwa auf zwanzig Jahre Misswirtschaft unter ihm und seinem Vorgänger Hugo Chávez zurückzuführen, sondern auf einen Wirtschaftskrieg der USA. Die Hilfslieferungen sieht Maduro als trojanisches Pferd: als Vorwand für eine militärische Intervention der Amerikaner.“

      Dass Maduro die Krise im Land abstreitet, ist glatt gelogen. Echte humanitäre Hilfe lässt er ja ins Land, darüber wird in Deutschland aber nicht berichtet. Denn dann müsste man ja berichten, dass ausgerechnet das böse Russland 300 Tonnen Medikamente und medizinisches Gerät geliefert hat. Und auf die von den USA und London eingefrorenen Guthaben in Milliardenhöhe geht der Spiegel gar nicht ein. Er stellt es als eine Behauptung Maduros dar, dass die USA einen Wirtschaftskrieg gegen das Land führen. Und die anderen Sanktionen der USA werden auch nicht erwähnt. Würde der Spiegel in diesem Zusammenhang darüber berichten, könnte der Leser ja merken, dass Maduro durchaus Recht hat.

      Ich habe vor einigen Tagen über die „10 Regeln der Kriegspropaganda“ berichtet. Regel Nr. 8 besagt: „Die Künstler und Intellektuellen unterstützen unsere Sache“. In diese Kategorie gehört, dass die USA an der Grenze von Kolumbien und Venezuela nun ein „Benefiz-Konzert“ organisiert haben. Wobei die USA dabei nicht selbst in Aktion getreten sind – offiziell war es der Milliardär Branson:

      „Dort soll es auch zu einem PR-Kräftemessen kommen. Am Vortag des „23F“ fand in Cúcuta ein Benefizkonzert namens „Venezuela Aid Live“ statt, organisiert vom britischen Milliardär Richard Branson. Das Ziel: 100 Millionen Dollar in 60 Tagen zu sammeln und die Grenze zu öffnen. Tausende waren zu der Bühne nahe der Grenzbrücke Tienditas gepilgert und jubelten Stars wie Luis Fonsi, Juanes und Maluma zu.“

      Maduro war gezwungen, zu reagieren:

      „Maduros Regierung hatte indes ein Gegenkonzert auf der anderen Seite angekündigt. Die Behörden in Cúcuta sehen das eher als Sicherheitsrisiko. Das Anti-Maduro-Konzert fand keine zwei Kilometer von der Grenze entfernt statt.“

      Warum aber Kolumbien ein Konzert auf Venezuelas Boden als Sicherheitsrisiko einstuft, erklärt der Spiegel nicht. Es klingt einfach nur gut: Mansons Konzert ist human, Maduros Konzert ist ein Sicherheitsrisiko. So funktioniert Meinungsmache: Es werden Begriffe im Unterbewusstsein miteinander verknüpft.

      Und am Ende des Spiegel-Artikel liest man, worauf man offensichtlich in der Redaktion hofft:

      „Zu der durch die Blockade aufgeschobenen Konfrontation könnte es doch noch kommen.“

      Der Spiegel kann erneutes Blutvergießen offenbar gar nicht erwarten.

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