Krieg und Frieden. Лев Толстой
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»Ist Schlittenbahn?« fragte er den Verwalter Alpatytsch, der ihm bis zum Haus das Geleit gab; es war ein ehrwürdig aussehender alter Mann, der im Gesicht und Benehmen mit seinem Herrn eine gewisse Ähnlichkeit hatte.
»Es liegt tiefer Schnee, Euer Durchlaucht. Ich habe schon in der Allee fegen lassen.«
Der Fürst trat mit gesenktem Kopf auf die Stufen vor der Haustür. »Gott sei Dank!« dachte der Verwalter. »Das Unwetter ist vorbeigezogen!«
»Es war schwer durchzukommen, Euer Durchlaucht«, fügte der Verwalter noch hinzu. »Und da wir gehört hatten, Euer Durchlaucht, daß Euer Durchlaucht Besuch von einem Minister erhalten ...«
Der Fürst drehte sich zum Verwalter um und starrte ihn mit finsteren Augen an.
»Was? Von einem Minister? Von was für einem Minister? Wer hat fegen lassen?« rief er mit seiner scharfen, harten Stimme. »Für die Prinzessin, meine Tochter, habt ihr den Weg nicht zurechtgemacht, aber für einen Minister tut ihr's! Ich weiß nichts von Ministern!«
»Euer Durchlaucht, ich dachte ...«
»Du dachtest«, schrie der Fürst, indem er die Worte immer hastiger und polternder hervorstieß. »Du dachtest ... Schurken! Halunken ...! Ich werde dich denken lehren!« Er hob seinen Stock in die Höhe, holte damit gegen Alpatytsch aus und hätte ihn geschlagen, wenn der Verwalter nicht unwillkürlich dem Schlag ausgewichen wäre. »Du hast gedacht ... Ihr Halunken ...«, schrie er hastig.
Alpatytsch näherte sich zwar, selbst erschrocken darüber, daß er die Dreistigkeit gehabt hatte, dem Schlag auszuweichen, dem Fürsten sofort wieder und senkte gehorsam vor ihm seinen kahlen Kopf; aber trotzdem, oder vielleicht auch gerade deswegen, erhob der Fürst, der fortwährend schrie: »Halunken ...! Schüttet den Weg wieder zu!« den Stock nicht zum zweitenmal, sondern lief ins Haus und in sein Zimmer.
Vor dem Mittagessen standen die Prinzessin und Mademoiselle Bourienne, welche wußten, daß der Fürst übelgelaunt war, im Eßzimmer und warteten auf ihn: Mademoiselle Bourienne mit einem strahlenden Gesicht, das besagte: »Ich weiß von nichts und bin ganz so wie immer«, Prinzessin Marja dagegen blaß, mit ängstlicher Miene und niedergeschlagenen Augen. Am meisten litt Prinzessin Marja darunter, daß sie zwar wußte, es sei in solchen Fällen zweckmäßig, sich so zu benehmen wie Mademoiselle Bourienne, sich aber doch außerstande fühlte, es zu tun. Sie sagte sich: »Tue ich, als ob ich es gar nicht merkte, so wird er denken, daß ich keine Anteilnahme für ihn besitze; und benehme ich mich selbst verdrossen und mißgestimmt, dann wird er, wie schon öfters, sagen, ich sei eine Kopfhängerin.«
Der Fürst erblickte beim Eintreten das ängstliche Gesicht seiner Tochter und schnob.
»Dummheit! Albernheit!« murmelte er vor sich hin.
»Und die andre ist gar nicht da! Der haben sie schon etwas geklatscht«, dachte er mit Bezug auf die kleine Fürstin, die nicht im Eßzimmer anwesend war.
»Wo ist die Fürstin?« fragte er. »Versteckt sie sich?«
»Sie fühlt sich nicht ganz wohl«, erwiderte Mademoiselle Bourienne, heiter lächelnd, »und möchte deswegen auf ihrem Zimmer bleiben. Das ist ja in ihrer Lage sehr begreiflich.«
»Hm, hm! Kch, kch!« brummte und räusperte sich der Fürst und setzte sich dann an den Tisch.
Sein Teller kam ihm nicht ganz sauber vor; er wies auf einen Fleck und schleuderte den Teller fort. Tichon fing ihn behende auf und reichte ihn dem Büfettdiener.
Die kleine Fürstin fühlte sich nicht unwohl; aber sie hatte vor dem alten Fürsten eine so unüberwindliche Angst, daß sie auf die Nachricht hin, er sei übler Laune, sich dafür entschieden hatte, ihr Zimmer nicht zu verlassen.
»Ich fürchte für das Kind«, hatte sie zu Mademoiselle Bourienne gesagt. »Wenn ich erschrecke, kann ja das Kind Gott weiß was für Schaden nehmen.«
Überhaupt wurde die kleine Fürstin in Lysyje-Gory ein Gefühl der Furcht und der Abneigung dem alten Fürsten gegenüber keinen Augenblick los; der Abneigung wurde sie sich allerdings nicht recht bewußt, weil die Furcht dermaßen überwog, daß sie die Abneigung nicht so deutlich empfinden konnte. Seinerseits hatte der Fürst gleichfalls eine Abneigung gegen sie, die aber von einem Gefühl der Geringschätzung in den Hintergrund gedrängt wurde. Die Fürstin hatte, nachdem sie die Bewohner von Lysyje-Gory näher kennengelernt hatte, besonderes Gefallen an Mademoiselle Bourienne gefunden; sie hatte sie am Tag viel um sich, bat sie, nachts mit ihr zusammen zu schlafen, und redete mit ihr häufig über ihren Schwiegervater, wobei sie aus ihrem ungünstigen Urteil kein Hehl machte.
»Wir werden ja Besuch bekommen, Fürst«, sagte Mademoiselle Bourienne, während sie mit ihren rosigen Fingern die weiße Serviette auseinanderfaltete. »Seine Exzellenz Fürst Kuragin mit seinem Sohn, wenn ich recht unterrichtet bin?« sagte sie in fragendem Ton.
»Hm ... diese Exzellenz ist ein dummer Junge ... ich habe ihn noch auf die Schule gebracht«, erwiderte der Fürst in gereiztem Ton. »Und was sein Sohn hier soll, das begreife ich nicht. Die Fürstin Lisaweta1 Karlowna und Prinzessin Marja mögen das vielleicht wissen; ich für meine Person weiß nicht, wozu er seinen Sohn mitbringt. Ich habe kein Verlangen nach ihm.« Er blickte seine Tochter an, die rot geworden war. »Ist dir nicht wohl? Vielleicht aus Furcht vor diesem Minister, wie den Menschen dieser Tölpel, der Alpatytsch, heute nannte?«
»Nein, lieber Vater, mir ist ganz wohl.«
Wenn auch Mademoiselle Bourienne bei der Wahl des ersten Gesprächsthemas arg fehlgegriffen hatte, so verstummte sie darum doch nicht, sondern plauderte über die Treibhäuser, über die Schönheit einer neuen Blume, die soeben aufgeblüht war, und der Fürst war nach der Suppe etwas sanfter geworden.
Nach dem Essen ging er zu seiner Schwiegertochter. Die kleine Fürstin saß an einem Tischchen und plauderte mit dem Stubenmädchen Mascha. Als sie ihren Schwiegervater erblickte, wurde sie blaß.
Die kleine Fürstin hatte sich in ihrem Äußern sehr verändert und war jetzt eher häßlich zu nennen als schön. Die Wangen waren schlaff geworden, die Oberlippe hatte sich hinaufgehoben, die Augen hatten sich nach unten gezogen.
»Ich fühle mich so müde und schwer«, antwortete sie auf die Frage des Fürsten nach ihrem Befinden.
»Hast du einen Wunsch?«
»Nein, danke, lieber Vater.«
»Nun, schön, schön.«
Er ging wieder hinaus; als er in das Geschäftszimmer kam, stand dort Alpatytsch mit gesenktem Kopf.
»Ist der Weg wieder zugeschaufelt?«
»Jawohl, Euer Durchlaucht; verzeihen Sie mir, ich bitte Sie inständig ... Ich habe nur aus Dummheit ...«
Der Fürst unterbrach ihn und lachte in seiner unnatürlichen Weise.
»Nun,