Nur den Tapferen. Морган Райс
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Doch das waren sie gewesen, und es gab keine Möglichkeit, es ungeschehen zu machen.
„Mutter!“ rief Royce. „Vater!“
Er wagte es trotz des Schreckens, der ihn umgab, zu hoffen. Ein paar der Dorfeinwohner mussten es doch geschafft haben, sich in Sicherheit zu bringen. Plündernde Soldaten nahmen es für gewöhnlich nicht so genau, und so konnten einige Menschen stets entkommen, war es nicht so?
Royce erblickte einen weiteren Berg aus Leichen auf dem Boden. Diese sahen anders aus, denn keiner der Körper wies irgendwelche Schwertwunden auf. Sie sahen so aus als wären sie einfach... gestorben, mit bloßen Händen erwürgt vielleicht, doch schon auf der Roten Insel hatte er gelernt, welch schwieriges Unterfangen das war. Royce war das gerade egal, denn auch wenn er diese Menschen gekannt hatte, waren sie nicht die, die er versuchte, zu finden. Sie waren nicht seine Eltern.
„Mutter!“ rief Royce abermals. „Vater!“
Er wusste, dass Soldaten ihn so vielleicht hören konnten, wenn sie noch hier waren, doch das war ihm egal. Ein Teil von ihm hätte es sogar gutgeheißen, wenn sie noch hier gewesen wären, denn so hätte er die Gelegenheit bekommen, sie zu töten und Rache zu nehmen.
„Seid ihr da?“ rief Royce, und eine Gestalt, ganz ausgemergelt und von Asche bedeckt, stolperte aus einem der Gebäude. Royces Herzschlag setzte für den Bruchteil einer Sekunde aus, denn er dachte, dass seine Mutter ihn vielleicht gehört hatte, doch dann verstand er, dass es nicht sie war. Er erkannte in der Gestalt die Alte Lori wieder, die die Kinder immer mit ihren Schauermärchen erschreckt hatte und die manchmal behauptet hatte, seherische Fähigkeiten zu besitzen.
„Deine Eltern sind tot, Junge“, sagte sie, und in diesem Moment schien die Welt für Royce zusammenzubrechen. Die Zeit schien stillzustehen, gefangen in dem Moment zwischen zwei Herzschlägen.
„Das darf nicht wahr sein“, sagte Royce und schüttelte ungläubig den Kopf, denn er wollte nicht glauben, dass dies die Wahrheit war. „Das darf nicht sein.“
„Sie sind tot.“ Lori ließ sich vor den Überresten einer kleinen Mauer nieder. „So tot wie auch ich es bald sein werde.“
Als sie das ausgesprochen hatte, sah Royce das Blut auf ihrem grobgewebten Kleid, das Loch in ihrer Seite, im das ein Schwert gefahren war.
„Lass mich dir helfen“, sagte er, und trotz des frischen Schmerzes, der in ihm aufstieg nach dem, was sie ihm über seine Eltern gesagt hatte, lief er auf sie zu. Sich auf sie zu konzentrieren, erschien ihm der einzige Weg, den Schmerz in diesem Moment nicht zu spüren.
„Fass mich bloß nicht an!“ sagte sie und deutete mit dem Finger auf ihn. „Glaubst du, dass ich die Dunkelheit, die sich wie ein Umhang um dich legt, nicht sehen kann? Glaubst du, ich sehe nicht, wie Tod und Zerstörung alles heimsuchen, was du berührst?“
„Aber du stirbst“, sagte Royce in einem Versuch, sie doch noch zu überzeugen.
Die Alte Lori zuckte die Schultern. „Alles stirbt... nun, fast alles“, sagte sie. „Auch du wirst irgendwann sterben, auch wenn du davor die Welt auf den Kopf stellen wirst. Wie viele Menschen werden noch für deine Träume sterben müssen?“
„Ich will nicht, dass irgendjemand stirbt“, sagte Royce.
„Und doch werden sie es“, erwiderte die alte Frau. „Deine Eltern sind gestorben.“
Frische Wut ergriff von Royce Besitz. „Die Soldaten. Ich werde – “
„Nicht die Soldaten, nicht im Fall deiner Eltern. Es scheint, als würde nicht nur ich die Gefahr sehen, die dir folgt, Junge. Ein Mann ist hierher gekommen, und ich habe den Tod an ihm so stark gespürt, dass ich mich vor ihm versteckt habe. Er tötete mühelos einige starke Männer, und als er in dein Haus ging...“
Royce konnte sich den Rest denken. Er verstand in diesem Moment etwas anderes, und die ganze furchtbare Wahrheit traf ihn wie ein Schlag.
„Ich habe ihn gesehen. Ich habe ihn auf dem Weg gesehen“, sagte Royce. Seine Hand umklammerte sein Schwert. „Ich hätte es mit ihm aufnehmen sollen. Ich hätte ihn an Ort und Stelle töten sollen.“
„Ich habe gesehen, was er getan hat“, sagte die Alte Lori. „Er hätte dich so sicher umgebracht, wie du uns just durch deine Geburt umgebracht hast. Ich werde dir einen Rat geben, Junge. Lauf. Lauf dorthin, wo niemand ist. Zeig niemandem jemals wieder dein Gesicht. Versteck dich wie ich mich einst versteckte bevor ich zu dem wurde, was ich heute bin.“
„Nach all dem?“ fragte Royce, und die Wut ergriff ihn abermals. Er spürte jetzt, wie heiße Tränen ihm über die Wangen liefen, und er wusste nicht, ob sie dem Kummer oder der Wut oder etwas anderem galten. „Du denkst, dass ich nach all dem hier weglaufe?“
Die alte Frau schloss ihre Augen und seufzte. „Nein, nein, das glaube ich nicht. Ich sehe... ich sehe, wie sich das gesamte Land bewegt, ein König sich erhebt, ein König stürzt. Ich kann Tod sehen und noch mehr Tod, nur weil du niemand anderes sein kannst als du selbst.“
„Lass mich dir helfen“, sagte Royce noch einmal. Er streckte seine Hand aus, um die Wunde in Loris Seite zusammenzudrücken. Etwas flackerte auf. Es glich dem unangenehmen Gefühl von Wolle, die man in die falsche Richtung strich. Lori keuchte.
„Was hast du getan?“ fragte sie. „Geh, Junge. Geh! Überlass eine alte Frau ihrem Tod. Ich bin zu müde. Jeder Schritt deines Weges wird noch voll von Toten sein.“
Dann schwieg sie und für einen Moment dachte Royce, dass sie sich vielleicht ein wenig ausruhen wollte, doch dafür war sie zu still geworden. Das Dorf um ihn war wieder totenstill. In dieser Stille erhob sich Royce wieder. Er hatte keine Ahnung, was er jetzt tun sollte.
Dann fiel es ihm ein, und er machte sich auf den Weg zu den Überresten seines elterlichen Zuhauses.
KAPITEL VIER
Raymond stöhnte bei jedem Ruck des Karrens, der ihn und seine Brüder zur Stätte ihrer Hinrichtung bringen sollte. Er konnte fühlen, wie jedes Rütteln und Schütteln des Wagens die Blutergüsse, die seinen Körper bedeckten, erschütterten. Er konnte das Rasseln seiner Ketten hören, die gegen das Holz des Wagens geworfen wurden.
Er konnte seine Angst spüren, auch wenn diese irgendwo jenseits des Schmerzes zu liegen schien; der Wächter hatte ihn so sehr geschlagen, dass sich sein Körper wie ein zerbrochenes Etwas mit scharfen Kanten anfühlte. Er hatte Mühe, sich im Angesicht des Todes auf irgendetwas zu konzentrieren.
Die Angst, die er jetzt spürte, galt hauptsächlich seinen Brüdern.
„Wie lange noch, was glaubst du?“ fragte Garet. Raymonds jüngstem Bruder war es gelungen, sich in dem Karren aufzusetzen, und so konnte Raymond die Blutergüsse in seinem Gesicht sehen.
Lofen brauchte mehr Zeit, sich aufzusetzen. Er war nach der Zeit im Kerker ganz ausgemergelt. „Wie lange es auch dauern mag, es wird nicht lang genug