Die Forsyte Saga. John Galsworthy

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Die Forsyte Saga - John Galsworthy Forsyte

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Sommer über diesen Ausblick. Um sie herum flog Distelwolle, wie durch die Heiterkeit des Äthers verzückt, und über dem Korn tanzte die Hitze. Und über all dem schwebte ein sanftes, unmerkliches Summen, wie das Gemurmel ausgelassener Minuten, die ein Fest zwischen Himmel und Erde feierten.

      Soames schaute. Unwillkürlich ließ etwas seine Brust anschwellen. Hier zu leben, mit Blick auf all das, es seinen Freunden zeigen zu können, es zu besitzen! Seine Wangen erröteten. Die Wärme, das Strahlen, das Leuchten erfüllten seine Sinne, wie einst vor vielen Jahren Irenes Schönheit seine Sinne erfüllt und ihn sie begehren lassen hatte. Er blickte verstohlen zu Bosinney, dessen Augen, die Augen des, wie der Kutscher ihn nannte, »halbzahmen Leoparden«, die Landschaft regelrecht aufzusaugen schienen. Das Sonnenlicht hatte seine kantig hervorstehenden Gesichtszüge eingefangen, die höckerartigen Wangenknochen, die Spitze seines Kinns, den Augenbrauenbogen, und Soames betrachtete dieses raue, enthusiastische, unbekümmerte Gesicht mit einem unguten Gefühl.

      Ein langer, sanfter Windzug blies über das Korn und wehte ihnen warme Luft ins Gesicht.

      »Ich könnte Ihnen hier ein echtes Schmuckstück von Haus hinbauen«, brach Bosinney schließlich das Schweigen.

      »Sicher«, erwiderte Soames trocken. »Sie müssen es ja auch nicht bezahlen.«

      »Für um die achttausend könnte ich Ihnen einen Palast bauen.«

      Soames war sehr blass geworden – er rang innerlich mit sich. Er senkte den Blick und sagte stur: »Ich kann es mir nicht leisten.«

      Und langsam ging er wieder mit seinem huschenden Gang voran, zurück zum ersten Grundstück.

      Sie verbrachten dort einige Zeit und gingen die Details des geplanten Hauses durch, dann kehrte Soames zurück zum Cottage des Grundstücksagenten.

      Nach etwa einer halben Stunde kam er wieder heraus und machte sich zusammen mit Bosinney auf den Weg zum Bahnhof.

      »Nun«, sagte er und öffnete dabei kaum seinen Mund, »ich habe mich jetzt letztlich doch für Ihr Grundstück entschieden.«

      Und dann schwieg er wieder und überlegte verwirrt, wie es sein konnte, dass die Meinung dieses Kerls, den er aus reiner Gewohnheit verachtete, über seine eigene Entscheidung gesiegt hatte.

      Wie die tausend anderen Aufgeklärten seiner Klasse und Generation in dieser großen Stadt London, die nicht länger etwas von roten Samtstühlen hielten und wussten, dass Gruppenplastiken aus modernem italienischem Marmor hoffnungslos altmodisch waren, wohnte Soames Forsyte in einem Haus, das alles bot, was so ein Haus bieten konnte. Es hatte einen Kupfertürklopfer von außergewöhnlichem Design, Fenster, die umgeändert worden waren, sodass sie sich nach außen öffnen ließen, hängende Blumenkästen mit Fuchsien und auf der Rückseite (eine Besonderheit des Hauses) einen kleinen mit jadegrünen Platten gefliesten und rosa Hortensien in pfauenblauen Kübeln umrandeten Hof. Hier, unter einem pergamentfarbenen japanischen Sonnenschutz, der die komplette Seite überdachte, konnten Besucher vor neugierigen Blicken abgeschirmt Tee trinken und nach Belieben Soames neueste kleine Silberkästchen inspizieren.

      Bei der Inneneinrichtung wurde bevorzugt auf den Stil des ­ersten britischen Empires und William Morris gesetzt. Für seine Größe hatte man in dem Haus gut Platz. Es gab zahllose Ecken, die etwas von Vogelnestern hatten und in denen kleine silberne Dinge wie Eier untergebracht waren.

      In dieser allgemeinen Perfektion lagen zwei Arten des anspruchsvollen Geschmacks im Zwist. Es lebten hier eine Dame, die selbst auf einer einsamen Insel geschmackvoll gewohnt hätte, und ein Herr, dessen guter Geschmack gewissermaßen eine Investition war, die der Besitzer, entsprechend den Gesetzen des Wettbewerbs, kultivierte. Aufgrund dieses wettbewerbsbedingten guten Geschmacks hatte Soames zu seinen Marlborough-Zeiten im Sommer als erster Junge weiße Westen getragen und im Winter Cord-Westen. Er war auch der Grund, warum es niemals passieren würde, dass er sich in der Öffentlichkeit mit schlechtsitzender Krawatte zeigte, und warum er seine Lacklederschuhe putzte, bevor sich bei der Schulfeier ein zahlreiches Publikum versammelte, um seiner Rezitation von Molière zu lauschen.

      Über Soames hatte sich, wie auch über viele andere Londoner, eine Makellosigkeit wie eine zweite Haut gelegt. Unvorstellbar, dass bei ihm einmal ein Haar nicht an der richtigen Stelle sitzen, die Krawatte auch nur einen Millimeter verrutschen oder sein Kragen nicht glatt und glänzend sein könnte! Um nichts in der Welt würde er auf sein Bad verzichten – zu baden war Mode, und wie sehr er doch jeden verachtete, der keine Bäder nahm!

      Doch bei Irene konnte man sich vorstellen, dass sie wie eine Nymphe in einem nahegelegenen Fluss badete, aus Freude an der Erfrischung und dem Anblick ihres blassen Körpers.

      In diesem das ganze Haus beherrschenden Konflikt hatte die Frau verloren. Wie in dem Kampf zwischen Sachsen und Kelten, der innerhalb der Nation noch immer andauerte, war dem beeindruck­bareren und beeinflussbareren Charakter ein konventioneller Überbau aufgezwungen worden.

      Und so ähnelte das Haus nun sehr den hunderten anderen Häusern mit den gleichen hohen Ambitionen. Es war nun »dieses ganz bezaubernde Häuschen von Soames Forsyte, sehr außergewöhnlich, meine Liebe – wirklich elegant«.

      Statt Soames Forsyte könnte man auch James Peabody, Thomas Atkins oder Emmanuel Spagnoletti oder im Grunde den Namen ­eines jeden Engländers der gehobenen Mittelschicht in London, der Anspruch auf Geschmack erhob, einsetzen. Die Einrichtung mag sich zwar vielleicht etwas unterscheiden, doch mit dem Satz liegt man immer richtig.

      Am Abend des 8. August, eine Woche nach dem kleinen Ausflug nach Robin Hill, saßen Soames und Irene im Esszimmer dieses Hauses – »sehr außergewöhnlich, meine Liebe – wirklich elegant« - und aßen zu Abend. Ein warmes Essen an Sonntagabenden war eine kleine besondere Erlesenheit dieses und vieler anderer Häuser. Soames hatte schon zu Beginn ihrer Ehe folgende Regel festgelegt: »Die Angestellten müssen uns sonntags ein heißes Abendessen servieren – sie haben doch nichts anderes zu tun, als Ziehharmonika zu spielen.«

      Es hatte keinen Aufstand wegen dieser Vorschrift gegeben. Denn – und für Soames schien das recht bedauerlich ‒ die Angestellten waren Irene treu ergeben, die, ungeachtet aller gesicherten Tradi­tionen, deren Recht auf ihren Anteil an den Schwächen der Menschheit anzuerkennen schien.

      Das glückliche Paar saß sich an ihrem schönen Rosenholztisch, auf den keine Tischdecke aufgelegt war, eine besondere Erlesenheit, nicht gegenüber, sondern übers Eck und hatte bisher noch kein Wort gewechselt.

      Soames redete beim Abendessen gerne über das Geschäft oder über jüngst getätigte Käufe, und solange er redete, beunruhigte ihn Irenes Schweigen nicht weiter. An diesem Abend war es ihm unmöglich gewesen, zu reden. Er hatte den Entschluss, zu bauen, die ganze Woche über mit sich herumgetragen und nun wollte er es ihr sagen.

      Er ärgerte sich zutiefst, dass er wegen dieser Eröffnung nervös war; sie hatte kein Recht, ihm dieses Gefühl zu geben – eine Ehefrau und ihr Mann waren schließlich eins. Sie hatte ihn nicht einmal angesehen, seit sie sich gesetzt hatte, und er fragte sich, woran sie nur die ganze Zeit dachte. Es war hart, wenn ein Mann so viel arbeitete wie er, um Geld für sie zu verdienen – ja, und noch dazu mit schmerzendem Herzen -, dass sie dann dasaß und so schaute, als ob die Wände des Zimmers immer näher rücken würden. Das konnte einen wirklich dazu bringen, aufzustehen und den Tisch zu verlassen.

      Das Licht der rosa beschirmten Lampe fiel auf ihren Hals und ihre Arme. Soames mochte es, wenn sie zum Abendessen ein tief ausgeschnittenes Kleid trug, es gab ihm ein unbeschreibliches Gefühl der Überlegenheit gegenüber den meisten seiner Bekannten, deren Frauen

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