Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher страница 134

Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

Скачать книгу

      »Eine Wurstsemmel könnt’ ich dir anbieten, oder eine Hühnersuppe. Aber die müßt ich erst auftauen.«

      »Ich nehm’ die Semmel«, meinte Nikki. »Am liebsten mit Leberwurst.«

      »Die eß’ ich auch am liebsten«, sagte Sandra und eilte in die Küche. »Noch einen Kakao dazu?«

      »Ja«, rief das Madel und legte unterdessen das Spiel zusammen.

      Wenig später saßen sie im Schein der langsam untergehenden Sonne und verzehrten ihr Abendbrot. Sandra schaute verträumt auf die Kleine, die ihre Semmel mit sichtlichem Vergnügen aß. Sie hatte sich immer ein Kind gewünscht, ein Madel, so wie Nikki, dem der Schalk aus den Augen blitzte. Aber dazu war es nicht gekommen. Ihre Ausbildung zur Antiquitätenhändlerin hatte ihr keine Zeit gelassen, den richtigen Mann kennenzulernen. Und jetzt war sie so sehr in ihren Beruf eingespannt, daß sie froh war, wenn sie Wochenende hatte, da sie die Feierabende nutzte, um die Buchführung auf den neuesten Stand zu bringen.

      Ja, wenn sie es recht bedachte, dann war die Liebe in ihrem Leben bisher zu kurz gekommen, dabei waren Mann und Kind doch das, was sie sich wünschte. Aber mit Anfang dreißig war es ja auch noch nicht zu spät dafür.

      Und jetzt setzte ihr das Schicksal dieses Kind praktisch in den Garten. Sollte es vielleicht ein Wink sein? Nikki lebte in einem Waisenhaus, in dem sie sich offensichtlich nicht wohl fühlte. Was wäre, wenn sie die Kleine zu sich nahm? Natürlich würde sie dann beruflich kürzer treten müssen, schließlich wollte so ein Kind auch betreut werden. Aber das würde sich schon finden.

      Je länger sie Nikki anschaute, um so mehr freundete sie sich mit diesem Gedanken an. Gut, wahrscheinlich würde sie für’s erste wieder zurück ins Heim müssen. Doch wenn ihr in Aussicht gestellt würde, in absehbarer Zeit für immer bei Sandra zu bleiben, konnte das ihr die Rückkehr ein wenig leichter machen. Sandra dachte an eine frühere Klassenkameradin, die jetzt als Rechtsanwältin in der Kreisstadt praktizierte. Gleich am Montag wollte sie die Anwältin aufsuchen und sich beraten lassen.

      Nikki hatte ihre Semmel verdrückt und den Kakao ausgetrunken. Jetzt gähnte sie müde.

      »Ich geh’ schnell nach oben ins Bad und laß’ dir Wasser für ein Bad ein«, sagte Sandra. »Dann kannst’ schnell ins Bett gehen. Es dauert nur ein paar Minuten.«

      Oben ließ sie warmes Wasser in die Wanne laufen, gab etwas Badeschaum dazu und legte zwei Handtücher zurecht. Fünf Minuten später ging sie an die Treppe.

      »Das Bad ist fertig, Nikki. Kannst kommen«, rief sie hinunter.

      Unten rührte sich nichts.

      »Nikki!« rief sie noch einmal.

      Das Kind gab keine Antwort. Stirnrunzelnd ging Sandra nach unten und durchquerte das Wohnzimmer.

      »Nikki…?«

      Ratlos stand die junge Frau in der Terrassentür. Der Sessel, in dem das Kind gesessen hatte, war leer. Sandra schaute sich um. Nirgendwo war etwas von der Kleinen zu sehen. Sie ging hinunter in den Garten und rief immer wieder nach dem Mädchen, doch es kam keine Antwort. Schließlich suchte sie Haus und Garten systematisch ab, doch Nikki war unauffindbar.

      Ratlos setzte Sandra sich schließlich in einen Sessel. Es gab nur eine Erklärung – Nikki war wieder fortgelaufen. Aber warum?

      Ein trauriger Zug stahl sich in das schöne Gesicht der jungen Frau. Sie hatte die Kleine in der kurzen Zeit ihres Kennenlernens so lieb gewonnen, daß sie bereit gewesen war, Nikki aus dem Waisenhaus zu holen und für immer bei sich aufzunehmen. Sie konnte nicht fassen, daß dieser schöne Traum so plötzlich wieder vorbei sein sollte.

      Und sie vermißte den kleinen Dreckspatz schrecklich.

      *

      Conny Beerlach zügelte den Hengst und stieg ab. Sie führte Fender in den Stall und rieb ihn mit Stroh trocken, nachdem sie ihn abgesattelt hatte. Dann füllte sie die Tröge in der Box mit Wasser und Hafer und schaute zu, wie Fender sich daran gütlich tat.

      Die angehende Pferdewirtin machte ihre Ausbildung auf dem Reiterhof Vilsharder, einem ehemaligen Bauernhof, der von seinem jetzigen Besitzer, Michael Vilsharder, nach und nach zu einem ›Ferienhotel auf dem Lande‹ umgebaut worden war. Neben anderen Attraktivitäten, die ein Bauernhof für einen Städter zu bieten hatte, waren die Reiterferien ein besonderes Angebot. Vierzig Tiere standen zur Verfügung, wer wollte, konnte sogar sein eigenes Pferd mitbringen und unterstellen. Für diesen Fall gab es eine Reihe von Gastboxen.

      Der fünfzigjährige Vilsharder hatte schon vor Jahren den Trend erkannt, Ferien auf dem Bauernhof wurden immer beliebter. Zwar wurde noch einiges an Land- und Viehwirtschaft betrieben, doch das eigentliche Geschäft war der Hotelbetrieb. Dabei standen die Pferde unter der Obhut von Florian Vilsharder, der auf Anraten des Vaters gleich nach der Schule eine Ausbildung zum Pferdewirt absolvierte. Inzwischen durfte er selber ausbilden. Conny Beerlach war zur Zeit als einziger Lehrling auf dem Hof.

      Sie hatte den Hengst nur mäßig bewegt. Eine Entzündung am rechten vorderen Sprunggelenk, war noch rechtzeitig erkannt worden. Mit Salbe und einem festen Verband hoffte der Tierarzt, die Entzündung stoppen zu können. Conny kümmerte sich seitdem besonders intensiv um Fender. Zwar war sie schon von Kindheit an eine Pferdenärrin, die alle Tiere auf dem Hof liebte, doch der fuchsrote Hengst hatte es ihr besonders angetan.

      Und Fender schien diese Liebe zu erwidern. Wenn Conny morgens in den Stall kam, begrüßte er sie mit einem freudigen Schnauben und scharrte ungeduldig mit den Hufen, weil er wußte, daß es gleich hinausgehen würde. Im wilden Galopp fegten sie durch das Tal, die Almwiesen hinauf, und erst in den höheren Lagen wurde es langsamer. Aber Conny spürte förmlich, wieviel Freude der Hengst daran hatte. Im Moment jedoch mußten sie auf diese ungestümen Ausritte verzichten. Nur im leichten Gang ging es über den Hof auf die angrenzende Weide, auf der die anderen Pferde standen, sofern sie nicht an Reiter vermietet waren.

      »Na, wie geht’s unserem Sorgenkind?« erkundigte sich Florian Vilsharder, der eben in den Stall gekommen war.

      »Ich glaub’ schon viel besser«, sagte Conny. »Wir sind jeden Tag ein bissel länger draußen.«

      »Gut so«, nickte Florian und schaute auf die Uhr. »Dann mach mal Schluß für heute. Du hast in den letzten Tagen sowieso zuviel gerackert. Ich wett’, da ist jemand anderer zu kurz gekommen.«

      Er zwinkerte ihr zu, und Conny spürte, wie sie errötete. Mit diesem Jemand war Rob gemeint, Connys neuer Freund Robert Wilke.

      Auf der Kirmes in Engelsbach hatten sie sich kennengelernt. Rob hatte das Madel auf seinem Motorrad zurück zum Vilsharderhof gebracht, nachdem sie ausgiebig Karussell gefahren waren und Bratwurst und Zuckerwatte gegessen hatten. Zum Schluß hatte Rob dem Madel ein riesiges Lebkuchenherz gekauft. Darauf stand mit Zuckerguß geschrieben: Für immer dein.

      Als er Conny dann an der Einfahrt zum Reiterhof absetzte, war es ganz selbstverständlich, daß sie sich wiedersehen würden, und das Madel erlebte zum ersten Mal in seinem jungen Leben die große Liebe.

      Tatsächlich war Rob Wilke Fender gegenüber im Nachteil – zumindest in den letzten Tagen, das hatte Florian Vilsharder ganz

      richtig erkannt. Die Sorge um den Hengst ließ Conny alles andere um sich herum vergessen. Wenn man nicht aufgepaßt hätte, würde das Madel wahrscheinlich noch im Stall übernachtet haben, um dem geliebten

Скачать книгу