Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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du eigentlich, daß du wunderschöne Augen hast?«

      Christel erschauerte unwillkürlich. Langsam zeichnete sein Finger die Konturen ihres Gesichts nach, und seine Augen schienen auf den Grund ihrer Seele zu blicken. Sie ließ es geschehen, daß er sie in die Arme nahm, und sein suchender Mund fand ihre Lippen.

      Christel löste sich aus seinen Armen. Sie lächelte.

      »Ich muß gehen.«

      »Sehen wir uns wieder?« fragte er hoffnungsvoll.

      »Wenn du willst…«

      »Ob ich will?« rief Tobias aus. »Madel, ich bin bis über beide Ohren in dich verliebt. Natürlich will ich dich wiedersehen. Morgen, übermorgen – jeden Tag, den der Herrgott werden läßt!«

      Er hielt inne und schaute sie fragend an.

      »Magst’ mich auch? Vielleicht ein bissl’?«

      Christel nickte glücklich.

      »Ja, Tobias, und net nur ein bissel, sondern sehr.«

      Er küßte sie noch einmal, und für Sekunden war die Welt um sie herum versunken.

      Daher bemerkten sie auch nicht die Gestalt, die in einiger Entfernung hinter einem Baum stand und den kleinen roten Wagen beobachtete.

      Ein paar Meter weiter stand ein anderes Auto, das dem der Christel und Tobias vom Lechnerhof gefolgt war. Lore Inzinger kochte vor Wut, als sie Tobias den ganzen Abend mit dem anderen Madel tanzen sah, und als er dann die andere dann auch noch nach Hause brachte, da war der Kessel kurz vorm explodieren. Tobias war ihr Freund, seit mehr als einem Jahr! Gut, sie hatte, wie schon so oft, einen Streit vom Zaun gebrochen und ihn wieder einmal zum Teufel gejagt. Aber das war doch nicht ernst gemeint, und Tobias wußte das! Sich gleich an eine andere heranzumachen – wart’ Bursche, so haben wir net gewettet.

      So leicht wirst’ mich net los, dachte Lore. Du wirst noch an mich denken – ihr beide werdet an mich denken. Die Flausen werd’ ich euch austreiben!

      Wütend stieg sie in ihren Wagen und brauste davon. Die beiden jungen Menschen, die sich gerade erst gefunden hatten, ahnten nichts von der dunklen Wolke, die da auf sie zuschwebte.

      *

      Das beständige Klopfen an die Tür seiner Dienststelle riß Max Trenker aus tiefstem Schlummer. Um ihn herum drehte sich alles, und sein Schädel dröhnte, als marschiere eine ganze Armee darin.

      Verschlafen zog er seine Uniform an und eilte zur Tür.

      »Was gibt’s denn? rief er und drehte den Schlüssel um. Draußen stand Dr. Wiesinger. Er sah ziemlich wütend aus.

      »Herr Doktor, ist was passiert?«

      »Das kann man wohl sagen«, schnaubte Toni. »Ich möchte eine Anzeige erstatten.«

      Max gähnte und sah auf die Uhr, während er Toni Wiesinger eintreten ließ. Schon halb acht. Wäre der Arzt nicht gekommen, dann hätte er glatt seinen Dienst verschlafen!

      Mühsam versuchte der Polizeibeamte sich zu erinnern, was am Vortag geschehen war, und langsam fiel es ihm auch wieder ein – die Geburtstagsfeier bei Maria Leitner…

      »So, eine Anzeige wollen Sie erstatten«, wiederholte er die Worte des Arztes. »Gegen wen denn, und warum?«

      Sie waren mittlerweile im Dienstzimmer angekommen, und Max bot den Stuhl vor seinem Schreibtisch an, während er sich auf seinen dahinter setzte.

      »Gegen Alois Brandhuber«, sagte Toni erregt. »Wegen Kurpfuscherei und Schlarlatanerie.«

      Max sah den Beamten nichtverstehend an.

      »Was ist denn vorgefallen?« fragte er.

      Dr. Wiesinger schilderte, wie er den selbsternannten Wunderheiler verfolgt und beobachtet hatte.

      »In der Nacht zu gestern, sagen Sie?«

      Max Trenker zuckte die Schulter. Zwar hatte er ein Blatt Papier in die Schreibmaschine eingespannt, um das Protokoll aufzunehmen, aber noch kein Wort geschrieben.

      »Also wissen S’, Herr Doktor, ich glaub’ net, daß wir weit damit kommen«, sagte er und riß das Papier wieder aus der Maschine. »Es gibt kein Gesetz, das dem Brandhuber-Loisl verbietet, nachts Kräuter zu sammeln, egal ob bei Mondschein oder Regen.«

      Er hob beide Hände, als der Arzt protestierend den Mund öffnete.

      »Ich weiß, die Sache mit dem Lärchner-Bauern.«

      Ignaz Lärchner, ein Bauer aus Sankt Johann, wäre beinahe an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben, weil seine Frau mehr an die Künste des Brandhuber-Loisl geglaubt hatte, als an die des Mediziners Toni Wiesinger. Erst das Eingreifen des Pfarrers hatte das Schlimmste verhüten können.

      »Aber sehen Sie, Herr Doktor, der Lärchner ist wieder gesund, und er selber müßte Anzeige gegen den Loisl erstatten, wegen Körperverletzung, oder was weiß ich – dann gäbe es vielleicht einen Staatsanwalt, der sich damit befaßt. Aber so – Blumenpflücken im Mondenschein und Beschwörungsformeln – das mag zwar verrückt sein, verboten ist’s aber net.«

      Toni Wiesinger atmete tief durch. Er hatte beinahe geahnt, daß er mit seinem Vorhaben, den Brandhuber anzuzeigen, keinen Erfolg haben würde. Aber, nachdem er in der Nacht wieder nach Hause gegangen war, hatte er kein Auge mehr zugebracht, und den ganzen Sonntag über hatte er sich so geärgert, daß er sich endlich Luft machen mußte. Doch im Grunde wußte er, daß der Polizist recht hatte.

      »Ich seh’s ein«, nickte er resigniert und stand auf. »Aber die Leut’ soll’n sich net wundern, wenn sie wie die Fliegen wegsterben, weil sie sich solch dubiosen Künsten anvertrauen.«

      Auf dem Weg in seine Praxis schaute er in der Kirche vorbei. Betrübt erzählte er Pfarrer Trenker von seinen Erlebnissen mit dem alten Kauz. Sebastian konnte auch nicht mehr tun, als verständnislos mit dem Kopf schütteln.

      »Des Menschen Dummheit ist oft grenzenlos«, sagte er tröstend und lud den Arzt für den Abend auf ein Glas Wein ein.

      Toni Wiesinger sagte freudig zu und verabschiedete sich.

      *

      Nachdem der Arzt gegangen war, steckte Max Trenker seinen Kopf erst einmal unter den Wasserhahn. Schnaufend und prustend ließ er sich das kalte Wasser darüber laufen.

      Der Tag fängt ja gut an, dachte er, wenn man wegen solch einer Lappalie aus dem Bett geholt wird. Das einzig Gute daran war, daß er so seinen Dienst nicht verschlafen hatte. Vielleicht hätte es sogar niemand bemerkt, Max arbeitete in der Dienststelle alleine, doch war es in den beinahe fünfzehn Dienstjahren, die Max nun schon Polizeibeamter war, noch nie vorgekommen, daß er zu spät kam.

      Wäre ja auch noch schöner, wenn so ein bißchen feiern einen von seinen Pflichten abhalten könnte!

      Das Telefon klingelte. Max trocknete sich das Haar mit einem Tuch ab und nahm gleichzeitig den Hörer ab.

      »Polizeidienststelle Sankt Johann, Maximilian Trenker

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