Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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Die Abendmesse war vorüber, und der Organist nutzte noch ein wenig die Zeit, um in Übung zu bleiben. Die beiden Verlobten setzten sich in eine Bank und lauschten den Klängen. Wie ein Orkan brausten sie durch das Hohe Kirchenschiff.

      Veronika und Christian bewunderten die Innenausstattung der St. Johannkirche. Rot- und Blau-töne herrschten vor, und unendlich viel Blattgold. Rechts und links der Bänke hatten die Apostel ihre Plätze, und an den Wänden hingen Gemälde verschiedenster Epochen, die Szenen aus dem Leben der Heiligen wiedergaben. Beeindruckend war das große, schmiedeeiserne Kreuz, das über dem Altar hing mit der Figur des Erlösers darauf.

      Die Musik verstummte, und wenig später kam der Organist die Empore herunter. Er verabschiedete sich von den beiden Besuchern mit einem Kopfnicken und ging hinaus.

      Veronika und Christian vermuteten, daß sie die letzten wären und wollten ebenfalls gehen, als Pfarrer Trenker aus der Sakristei trat.

      »Guten Abend«, begrüßte er sie. »Das ist aber schön, daß Sie unsere Kirche besuchen. Ich freue mich immer, wenn Fremde hereinkommen.«

      »Sie ist aber auch ausnehmend schön«, versicherten Veronika und Christian.

      »Haben Sie schon Nachricht von Ihrem Großvater?« erkundigte Sebastian sich.

      »Ich habe heute abend mit dem Professor gesprochen, der Großvater behandelt«, nickte das Madel. »Er hat mir Hoffnungen gemacht, daß er wieder ganz gesund wird. Großvater hat sogar schon nach mir gefragt. Stellen Sie sich das vor, nach Veronika, net nach meiner Mutter.«

      »Wie schön«, freute Sebastian Trenker sich mit den beiden. »Dann wollen wir dankbar sein, daß sich alles so gefügt hat. Ich habe heute übrigens auch eine gute Nachricht erhalten.«

      Er führte sie zu dem Bogengang, unter dem die Madonna ihren Platz hatte, und erzählte, was mit der Statue geschehen war.

      »Gottlob hat man die Einbrecher ausfindig machen und verhaften können«, berichtete er. »Man hat die Madonna und andere sakrale Gegenstände, die aus weiteren Kircheneinbrüchen stammen, bei den Männern gefunden. In einigen Wochen, wenn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beendet sind, bekommen wir unsere Madonna zurück. Natürlich werden wir das mit einem großen Dankgottesdienst feiern.«

      »Das ist wirklich ein guter Tag heute«, meinte Christian. »Und ich habe noch einen Wunsch, Herr Pfarrer.«

      »Nur zu. Äußern Sie ihn.«

      »Sie wissen ja, daß Veronika und ich heiraten wollen, und ich glaube, ich spreche auch im Namen meiner Verlobten, wenn ich Sie bitte, die Trauung vorzunehmen. Wir würden gerne in Ihrer herrlichen Kirche heiraten.«

      Sebastian lächelte erfreut.

      »Das ist ein Wunsch, den ich Ihnen gerne erfüllen will«, sagte er. »Ich weiß schon heute, daß Sie beide ein glückliches Paar sein werden. Der alte Urban hat es für seinen Lebensabend glücklich getroffen.«

      Er reichte ihnen die Hand und verabschiedete sich.

      »In einem Vierteljahr sehen wir uns wieder«, versprachen die beiden.

      *

      Sebastian Trenker hätte jauchzen mögen, so gut ging es ihm. Noch bevor die Sonne aufgegangen war, war er losgezogen. Über steile Hänge und blumenübersäten Wiesen führte sein Weg. Murmeltiere und Marder, Gamsböcke und Wildschafe kreuzten seinen Weg, und der Pfarrer konnte sich gar net satt sehen, an der Vielfalt der göttlichen Schöpfung.

      Auf einer bewaldeten Anhöhe rastete er. In der Thermoskanne war heißer Kaffee, und in einer Dose befanden sich Speck und Käse. Dazu gab es das herrliche Brot, das die Haushälterin selber backt. Sebastian machte es sich am Stamm einer Birke bequem und ließ es sich schmecken. Er war mit sich und der Welt zufrieden. Wieder einmal hatte sich alles zum Guten gefügt, und Kummer und Sorgen waren vergessen.

      Schon bald würde die Madonnenstatue wieder ihren Einzug in die Kirche feiern, und dann stand ja das große Fest an, an dem Urbans Enkeltochter vor den Traualtar trat.

      Auch Kathie und Thomas hatten ihre Hochzeit schon angemeldet, und Sebastian war überzeugt, daß es eine glückliche Ehe werden würde.

      Überhaupt war er mit seinen Schäfchen zufrieden, wenn es auch das eine oder andere schwarze Schaf darunter gab – wie den Brandhuber-Loisl mit seinen Arzneien.

      Dennoch, das Schicksal meinte es gut mit den Leuten von Sankt Johann, dem liebenswerten Dorf in den Bergen, und wenn doch mal etwas schief lief, dann hatten sie ja immer noch ihren Bergpfarrer…

Cover Intrigen um Tobias

      Es war eine laue Vollmondnacht, als eine dunkel gekleidete Gestalt durchs schlafende Sankt Johann schlich. Immer wieder schaute sie sich um und vergewisserte sich, daß ihr niemand folgte.

      Alois Brandhuber, allgemein nur der »Brandhuber-Loisl« genannt, hatte seine Gründe dafür. Wieder einmal war es – nach den Geboten seines geheimnisvollen Zauberbuches – an der Zeit, auf die Suche nach Kräutern, seltenen Pflanzen und Wurzeln zu gehen, die der selbsternannte Wunderheiler des kleinen Bergdorfes

      zur Herstellung seiner Tees, Salben und Tinkturen benötigte. Um die Wirksamkeit dieser Heilmittel zu garantieren, bedurfte es

      bestimmter Faktoren, von denen das gesamte Gelingen abhing. Zum einen mußte es der rechte Zeitpunkt sein – unbedingt Vollmond –, es mußten die richtigen Worte gesprochen werden, um die Pflanzenkräfte zu beschwören, und es durfte niemand dabeisein und die Zauberworte hören, der nicht ein Eingeweihter war. Deshalb schlich Loisl kurz nach Mitternacht los – in der Hand einen Korb aus Weidenruten – wenn er sicher sein konnte, daß die Leute friedlich in ihren Betten lagen und schliefen.

      Der Wunderheiler, wie er sich gerne von seinen Kunden nennen ließ, hatte schon sehnlichst auf diese Nacht gewartet, war sein Vorrat an Salben und Tees seit der letzten Dekade doch beträchtlich geschrumpft. Dies verdankte er weniger seinen dubiosen Künsten, als vielmehr seiner Fähigkeit, den Leuten Krankheiten einzureden, die sie gar nicht hatten, und ihnen dann seine Mittelchen zu verkaufen. Nicht wenige seiner »Patienten« sorgten durch Mundpropaganda für reißenden Absatz. Sehr zum Leidwesen des jungen Dorfarztes Dr. Toni Wiesinger.

      Der sympathische Mediziner hatte größte Mühe, die Leute davon zu überzeugen, daß er ein ›richtiger‹ Arzt war. In Sankt Johann war man der Meinung, wer keine grauen Haare hatte und nicht gebückt ging, konnte kein Arzt sein. So war nämlich das Bild des verstorbenen Arztes, Dr. Bechtinger, gewesen, der mehr als vierzig Jahre in Sankt Johann praktiziert hatte. Vor einem guten halben Jahr war Dr. Bechtinger gestorben, noch bevor er den verdienten Ruhestand antreten konnte, und Dr. Wiesinger hatte die Praxis übernommen. Seitdem kämpfte er um seine Anerkennung gegen Aberglaube und Kurpfuscherei. Ein scheinbar aussichtsloser Kampf, denn immer wieder mußte er erleben, daß die Leute, anstatt zu ihm in die Praxis zu kommen, die armselige Tagelöhnerhütte aufsuchten, in der der Brandhuber-Loisl hauste.

      Immerhin wurde Toni Wiesinger in seinem Kampf von Sebastian Trenker unterstützt. Der Pfarrer der St. Johanniskirche und der junge Dorfarzt waren sich schon beim ersten Augenblick ihres Kennenlernens sympathisch gewesen, und Pfarrer Trenker wurde nicht müde, von der Kanzel herunter gegen die Dummheit der Leute anzureden.

      Doch nickten sie in der Kirche noch beifällig und schüttelten den Kopf über den Leichtsinn

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