Die großen Western 181. Joe Juhnke
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Читать онлайн книгу Die großen Western 181 - Joe Juhnke страница 4
Die Sonne kroch schüchtern über die Berge und schien ins Tal, als Doc Edwards endlich das Besteck beiseitelegte und einen festen Verband um O’Neils Brust schlang. Schweiß stand auf seiner Stirn, und die Anstrengungen hatten ihn geschwächt. Harvey, der ihm assistierte, saß mit grünblauem Gesicht im Sessel und schlürfte hastig den starken Kaffee, den Mrs. Edwards ihm gereicht hatte.
Ihm war hundeübel.
Edwards lächelte ihn an.
»Sie können nach Hause gehen, Harvey. Haben sich tapfer gehalten.« Der Mann schluckte.
»Wird – wird er durchkommen?«
»Das liegt an Sheriff O’Neil selbst. Er kann schon einiges vertragen. Wenn es das Herz durchsteht, dürfte er in einigen Monaten wieder Banditen jagen.«
Der Sprecher schob Slim mit sanfter Gewalt aus dem Haus und verschloß die Tür.
Noch einmal trat er ins Krankenzimmer.
O’Neil lag reglos auf weißem Leinen. Sein Gesicht wirkte schmal und verhärmt. Hin und wieder zuckten die blassen Lippen. Seine Brust hob und senkte sich unter unregelmäßigen Atemzügen.
Mrs. Edwards stand an der Tür. In ihrem Blick lag eine offene Frage.
Zweifelnd hob der Doc die Schultern.
»Allzu groß sind meine Hoffnungen nicht, Kathleen. Aber ich habe mein Bestes getan.«
*
Captain Hodgeman, Kommandant von Fort Pottawatomie, zwirbelte den eisgrauen Schnurrbart. Auf seiner hohen Stirn standen zwei steile Falten, in den adlergrauen klugen Augen lag ein nachdenklicher Blick.
Er war ein alter Haudegen, der schon unter Custer gekämpft hatte.
»Flint!« rief er ins Nebenzimmer, »holen Sie mir Lieutenant Mitchel!«
Er stand auf und wanderte unruhig durch sein Office.
Eine große, stattliche Erscheinung. Straff in Bewegung und Gang. Ein typischer Soldat.
Cloud Mitchel kam nach etwa zehn Minuten. Flint hatte ihn aus dem Quartier geholt.
»Sir?« Er stand stramm an der Tür.
Nachdenklich wandte sich der Captain um. Sein Blick glitt wohlwollend über den jungen Mann, denn Cloud war nicht nur ein guter Offizier, sondern auch sein angehender Schwiegersohn.
Endlich deutete der Commander auf einen Sessel.
»Setz dich, ich möchte mit dir sprechen.«
Cloud Mitchel schien über den Ernst in der Stimme ein wenig beunruhigt. Dennoch nahm er Platz.
Auch Captain Hodgeman setzte sich in einen Sessel.
»Hast du es schon gehört?«
Stummes Achselzucken. Ein fragender Blick aus Mitchels braunen Augen.
»Vorgestern war in Clay Center der Teufel los, Cloud.« Umständlich zündete der Sprecher ein Zigarillo an und legte das Zündholz in den Ascher. »Frank und Allan Youngers haben ihre Brüder aus dem Jail geholt. In der Nacht vor ihrer Hinrichtung.«
Cloud Mitchel biß sich auf die Lippen.
»Das war zu erwarten. Ich verstehe nicht, daß Sheriff O’Neil sich darauf nicht eingerichtet hat.«
»O’Neil wurde schwer verletzt. An seinem Durchkommen bestehen Zweifel.«
»Bedauerlich.« Um Clouds Mund glitt mattes Lächeln. »Aber war das der Grund, weshalb Sie mich rufen ließen?«
Hodgeman nickte ernst. »Ich mache mir Gedanken. Gedanken in zweifacher Richtung, denn es besteht durchaus die Möglichkeit, daß ich nicht nur einen guten Offizier verliere, sondern auch meinen Schwiegersohn.«
Mitchel lachte. »Sie machen sich Sorgen, Sir, daß die Youngers nach Pottawatomie kommen werden?«
»Mit der Möglichkeit ist zu rechnen. Man erzählt, die Youngers seien sehr rachsüchtig. Kid Youngers hat während der Verhandlung geschworen, dich zu töten.«
»Nicht nur mich, sondern auch die anderen. Mr. Lincoln zum Beispiel. Sie müßten einige hundert Meilen reiten, um ihn zu erwischen. Doug Nash lebt in Texas. Der Mensch spricht viele Dinge aus, wenn er zornig ist. Ich persönlich halte nichts von diesem Geschwätz. Vermutlich wird die Bande möglichst schnell Kansas verlassen, um irgendwo unterzutauchen.«
»Hoffen wir es, Junge«, antwortete Hodgeman in väterlichem Ton. »Dennoch möchte ich dich bitten, deine täglichen Ausflüge ein wenig einzuschränken. Zumindest solltest du dich nicht allzu weit vom Fort entfernen. Wir wollen das Schicksal nicht unbedingt herausfordern.«
Mitchell schüttelte verächtlich den Kopf. »Ich fürchte dieses Verbrechergesindel nicht.«
»Laß dir meine Worte wenigstens durch den Kopf gehen«, sagte der Captain zum Abschied.
Cloud Mitchel verließ das Zimmer.
Draußen stand er im Schatten des Hauses und blickte gedankenverloren zu den hohen Barrikaden, die das Fort umschlossen und von der Ortschaft trennten.
Er war ein Soldat und alles andere als ein Feigling.
Aber vielleicht hatte der Alte recht. Er würde künftig seine Ausflüge mit Ann zum Big Blue Creek unterlassen. Eine Woche etwa – oder zwei. Es gab auch in der Nähe des Forts ein paar nette Plätze, wo man allein sein konnte.
Ann erzählte er nichts von der Geschichte. Und auch Captain Hodgeman schwieg darüber. Der Captain wußte es einzurichten, daß Lieutenant Mitchel fast ständig mit einer Abteilung unterwegs war.
Seiner Tochter erklärte er, daß im Reservat Unruhen herrschten und verstärkte Patrouillenritte erforderlich waren.
*
Die Youngers-Brüder fanden nach anstrengender Hetzjagd Unterschlupf in einer feuchten Höhle am Big Blue Peak.
In den nächsten Tagen wagten sie sich kaum aus dem Bau. Nur wenn Verpflegung und Tabakvorräte zu Ende gingen, ritt einer von ihnen bei Anbruch der Nacht nach Garison Cross, einer Ansiedlung hinter den Bergen.
Eine Woche blieben sie in der Erdhöhle.
Kids und Landys Absichten stießen zunächst auf ernsthaften Widerstand des ältesten Bruders Frank.
»Was ihr vorhabt, ist doch Unsinn«, sagte er mehrmals, als Landy seinen Plan offenbarte. »Wenn wir den Lieutenant umlegen, haben wir die ganze Kavallerieabteilung auf den Fersen. Außerdem bin ich der Ansicht, daß wir unsere Eisen nur dort gebrauchen sollten, wo was zu holen ist.«
»Richtig«, erwiderte Landy hitzig. »Bei Mitchel ist nichts zu holen, denn es ist nicht anzunehmen, daß er seine gesamte Barschaft mit herumschleppt. Mir geht es ums Prinzip. Und was die Kavallerieabteilung betrifft, werden wir längst über die Grenze reiten, wenn