Sprachwitze. Robert Sedlaczek
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Karlheinz Hackl und Heinz Marecek feierten große Erfolge mit einer Wiederauflage der legendären Doppelconférencen von Fritz Grünbaum und Karl Farkas aus den 1920er und 1930er Jahren. Sie brachten in dem Programm Was lachen Sie? schräg gereimte Spontangedichte und noch schrägere Schüttelreime.
Leubusch: Was ist der Lieblingswunsch Ihres Sohnes?
Stransky: A braunes Lederjackl.
Leubusch (schüttelt): Heutzutag will jeder Lackl / Schon ein braunes Lederjackl. (Marecek, S. 44)
Nach einer Lernphase gelingt auch Stransky, dargestellt von Karlheinz Hackl, ein guter Schüttelreim …
Stransky: Man verdient, wenn man Arzt in Prein an der Rax is’ /
Ein paar Hunderttausend, rein an der Praxis. (Marecek, S. 45)
… und er kann in der Folge vom Schütteln nicht mehr lassen:
Stransky: Man darf sich ja unter den Pöbel mischen / Aber sollte nie unter die Möbel …
Der bedeutendste Schüttelreimer der Gegenwart, und auch Sammler von Schüttelreimen, ist zweifellos Miguel Herz-Kestranek.
Sein Buch Mir zugeschüttelt, erschienen bei Christian Bandstätter, enthält ein umfangreiches Kapitel, das mit Erotisches überschrieben ist, und ein weiteres mit Mehr Erotisches bis Pornografisches. „Jaaa, ich weiß, der Leser, der nicht ins Inhaltsverzeichnis geschaut und nicht sofort hierher geblättert hat, ist nun eeendlich bei den beiden Kapiteln angelangt, deretwegen solche Bücher in Wahrheit gekauft werden“, schreibt Herz-Kestranek in der Einleitung. Dies wisse er „von einem Buchhändler, der sich auskennt“. Nun gilt aber wirklich die verkaufsfördernde Warnung: „Nix für Kinder!“ Auf Popmusik-CDs steht heute in solchen Fällen: „Parental Advisory. Explicit Content“.
Die Nacht lang spielt der Witzler Karten, / ich muss mit prallem Kitzler warten.
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„Was hast du so a Wut, Fee?“ / „Mir tut heut so die Fut weh!“
Lewinsky sagt: „Dreh’s Licht weg, / wenn ich an deinem Wicht leck’!“
Das sei in den Abhörprotokollen der CIA zu lesen gewesen, ergänzt Herz-Kestranek, in denen die Gespräche zwischen Bill Clinton und Monica Lewinsky aufgezeichnet worden waren.
Eine ganze CD mit Schüttelreimliedern brachte Stefan Slupetzky mit seinem Trio Lepschi unter dem Titel Warz und Schweiß heraus. Die komplexen Geschichten mit vielen Strophen sind zum Teil im Wiener Dialekt gehalten.
Vüü gscheida, ois a Heisl z baun / is, si auf d Nocht ins Beisl z haun, / wäu, wear am ochtn Kriagl ziagt, / gaunz von allaa an Ziagl kriagt …
In diesem Fall muss man wissen, dass im Wienerischen ein halber Liter Bier ein „Krügel“ ist und der Rausch auch „Ziegel“ genannt wird.
In dem Lied Saunamassaker wird nicht dialektal, sondern standardsprachlich geschüttelt.
Am Anfang saßen sie mit blassen Nasen, / die Füße suchten auf dem Boden Halt. / Doch bald schon stöhnten sie mit nassen Blasen, / der Schweiß, er tropfte von den Hoden bald …
Für das Lied Fernsehkoch, das in französisierendem Tonfall vorgetragen wird, rezitiert Slupetzky lange Zutatenlisten. Herausgekommen sind dabei kulinarische Köstlichkeiten wie …
… ein Hirschenkalb, zwei Kirschen halb, / ein Kalberlschwanz, zwei Schwalberl ganz.
Das Menü kulminiert in dem Sinnspruch:
Merke: Ist das Fleischerl bockig, / wird auch meist das Beischerl flockig! / Darum gehört auch das Kalb gehackt, / Gut faschiert ist halb gekackt!
In dem Booklet zur CD erläutert Slupetzky, wie das Erfinden von Schüttelreimen abläuft: „Die Manie des Schüttelreimens lässt den Reimenden fortwährend in die Sumpflöcher des Unkorrekten und Obszönen stürzen … Ohne eine Chance auf Linderung müssen wir jedes Wort so lange schnetzeln und pürieren, bis etwas Schlüpfriges, Brutales oder wenigstens Verschrobenes dabei herauskommt.“
Während bei den Witzen mit sexuellen Themen die Frauen längst die Herrschaft übernommen haben, sind die Schüttelreime noch immer eine Domäne der Männer.
Die Produzenten und Konsumenten von Schüttelreimen diskutieren auch gerne darüber, welcher Schüttelreim der kürzeste ist. Hier einige Kandidaten, die Hans Weigel genannt hat:
Du bist / Buddhist! ◊ Ick war / Vikar ◊ Wo bist / Bovist?
(Weigel, 1963, S. 29)
Dumme Feststellungen werden gespiegelt – No-na-Witze
Jeder kennt sie, sie sind zeitlos. Ganz alte No-Na-Witze habe ich bei Heinrich Eisenbach gefunden. Seine Witzesammlungen erschienen 1905 und 1906. Die Pointe wurde damals noch mit „Nü na“ und mit „Nu na“ eingeleitet:
In einer galizischen Provinzstadt kommt ein Reisender ins Hotel. Wie er das unreine Zimmer sieht, fragt er den Hotelier: „Haben Sie do of die Wänd Wanzen?“ Drauf sagt der Hotelier: „Nü na, e Tizian wer’ ich Ihnen hinhängen.“ (Eisenbach, VII, S. 12)
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In einem Kaffeehaus steht am Anstandsort die Aufschrift: „Juden hinaus!“ Der Kohn schreibt darunter: „Nu na, do wer ma bleiben!“ (Eisenbach, VII, S. 13)
Ein Kennzeichen für die Talmud-Debatte ist laut Salcia Landmann die klärende e-contrario-Frage. Juristen sprechen von einem argumentum e contrario, einem Umkehrschluss oder Gegenschluss, der zur Auslegung von Gesetzen dient. „Hunde ohne Maulkorb haben keinen Zutritt!“ Dies bedeutet, dass Hunde mit Maulkorb mitgenommen werden dürfen. Die No-na-Witze sind laut Landmann eine dem Talmud bereits entfremdete Form würden aber mit gutem Grund als jüdisch empfunden werden. (Landmann, 2010, S. 47)
Außerdem sieht sie einen Zusammenhang mit der phänomenologischen Reduktion Edmund Husserls – sie wird auch eidetische Reduktion genannt. Laut Husserl ist das Bewusstsein immer auf einen Inhalt beziehungsweise ein Objekt gerichtet, wobei unter Objekt auch ein komplexes inneres Erlebnis wie Liebe, Angst etc. verstanden werden kann. Wenn man zum Wesen eines Objekts vordringen will, dann müsse man das Gemeinsame, das Gleichbleibende, das Notwendige erkennen und alles andere ausblenden. Das Gemeinsame der Objekte „Auto“ sind „vier Räder“ und „ein Motor“, nicht Attribute wie „verschmutzt“, „mit Metallic-Lackierung“ oder „teuer“.
Lutz Röhrich bezeichnet die No-na-Witze als typisch wienerisch: „Mit den stehenden Figuren Graf Bobby und Frau Pollak erschöpft sich (…) der Wiener Witz nicht. Es gibt zum Beispiel noch eine andere Kategorie von Wiener Geschichten. Es sind die sogenannten No-na-Witze, in denen die witzige Replik mit einer stereotypen sprachlichen Formel, eben einem wienerisch-raunzigen ‚No-na!‘ eingeleitet wird.“ (Röhrich, S. 248)
Die No-na-Witze sind aber nur insoweit wienerisch, als sie im jüdischen Milieu Wiens besonders kultiviert wurden.
Die Bauart dieser Witze ist immer gleich: Die einleitende Frage oder Feststellung ist unlogisch, unnötig oder sonstwie provoziernd. Eigentlich müsste die Reaktion