Sprachwitze. Robert Sedlaczek

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Sprachwitze - Robert Sedlaczek

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      Pollack ist geadelt worden und seine Frau stellt ihre Buben vor: „Der Älteste, Max von Pollack, das ist mein Sohn Bernhard von Pollack, hier meine Tochter Malvine von Pollack, hier meine Tochter Ernestine von Polack.“ Darauf sagt die kleine Ernestine: „Nu, ich bin nix von Pollack.“ (Eisenbach, V, S. 7)

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      Frau Pollak kommt am Markt und fragt: „Was kosten die Eier?“ Drauf sagt das Marktweib: „3 Stück 10 Kreuzer.“ Drauf die Frau Pollak: „Früher hab’ ich 4 gekriegt. Warum sind die Eier so teier?“ Darauf sagt das Marktweib: „Weil die Hendeln jetzt kane Eier legen, um die Zeit.“ So sagt Frau Pollak: „Und für 10 Kreuzer legen Sie jo Eier?“ (Eisenbach, VIII, S. 7)

      Im Jahr 1905, als Heinrich Eisenbach diese Witze in Umlauf brachte, war Frau Pollack von Parnegg eine rüstige Sechzigjährige. Drei Jahre später diente sie dann einem „geistvollen Humoristen“ sogar als Hauptfigur für eine Burleske, die in ihrer Heimatstadt Prag vom Deutschen Männergesangsverein aufgeführt wurde, wie Georg Gaugusch herausfand. Das Stück Soirée bei Frau von Pollak war die Modernisierung einer Offenbach’schen Operette. (Gaugusch, Bd. 2, S. 2596, Anm. 7)

      In einem am 25. Februar 1927 in der Kleinen Volkszeitung erschienenen Nachruf auf Anton Dennemayer, einen langjährigen Darsteller des Kellners Moritz in dem Jargonstück Die Klabriaspartie, ist die Meinung einer Leserbriefschreiberin zu finden, wonach die Frau-Pollak-von-Parnegg-Witze bereits in den 1890er Jahren aufkamen und „nur die Epigonen“ der Dialoge in der Klabriaspartie waren. Die zeitliche Datierung kann in etwa stimmen, ist aber wahrscheinlich etwas zu früh angesetzt. Leopold Pollack wurde 1894 zum „Freiherr von Parnegg“, was in den Wiener Salons sicher Gesprächsthema war. Aber eine Neureiche passte nicht in das Milieu der Klabriaspartie. Die Pollacks zählten bekanntermaßen zu den angesehensten und reichsten Leuten Wiens. Allenfalls die falsche Interpretation von Lehnwörtern – Spiritus/Spiritist, Klabrias/Klarinett’ etc. – könnte Vorbild für einige Frau-Pollak-von-Parnegg-Witze gewesen sein.

      Ein Beitrag in der humoristischen Zeitschrift Die Muskete vom 11. Jänner 1906 ist im Grenzbereich zwischen Witz und Anekdote angesiedelt – wenn man die heutigen Definitionen dieser zwei Begriffe hernimmt:

      (…) Als sich nach dem Ministerrat endlich die Tür öffnete, blieb der Handelsminister auf der breiten, teppichbelegten Treppe stehen, zündete sich eine Zigarette an und sagte zu seinem Kollegen: „Die Eisenbach-Scherze, die der Justizminister erzählte, waren wirklich gelungen.“ Der Ackerbauminister antwortete: „Die neuen Witze von der Frau Pollack, die der Minister des Inneren zum Besten gab, waren auch famos. Wenn nur der Finanzminister nicht gar so fad wäre! Der verdirbt uns mit seinem Leichenbittergesicht jede Sitzung.

      In dieser Geschichte werden also die „Eisenbach-Scherze“ in einem Atemzug mit den „Frau-Pollack-Witzen“ genannt. Der Autor des Zeitungsbeitrages wird wohl gewusst haben, dass Eisenbach der Erfinder dieser Witze war, er wollte offensichtlich implizit darauf hinweisen.

      In Wien hieß eine koschere Würstelei „Piowati“, und eine koschere Konditorei gehörte einem Herrn „Tonello“. Kommerzienrat Braun zu Herrn Pollak: „Sagen Sie mal, Ihre Gattin erzählt überall, Sie seien eifersüchtig wie Piowati. Was bedeutet das?“ Herr Pollak: „Das ist ganz einfach. Meine Frau meint, eifersüchtig wie Othello. Und um sich ‚Othello‘ zu merken, denkt sie an Tonello. Und Tonello verwechselt sie mit Piowati.“ (Landmann, 1962, S. 202)

      Dass sie sich „Othello“ mithilfe der Mnemotechnik merken will, ist allein schon lachhaft. Hinzu kommt die falsche Anwendung dieses Assoziationsverfahrens, das für Witzeerzähler und Kabarettisten ein beliebtes Thema war. Hugo Wiener lässt sie von einer seiner Figuren, dem Herrn Reis, so erklären: „Ich denke an etwas anderes, und dabei fällt mir das Richtige ein.“ Wir werden später in dem Sketch „Etwas über Botanik“ darauf zurückkommen (siehe S. 163 ff.).

      Dass die Frau-Pollak-von-Parnegg-Witze so erfolgreich waren, hatte auch einen gesellschaftspolitischen Hintergrund. Es ist kein Zufall, dass sie um die Jahrhundertwende aufkamen. Damals waren unter den Juden „die Unterschiede zwischen den Gebildeten und den Neureichen so groß, dass die Spannung sich in Witzen entlud, die teilweise etwas gehässig waren“, schreibt Eike Christian Hirsch in seinem Witzableiter (Hirsch, S. 73–74).

      Genauso gewaltig war auch der Gegensatz zwischen armen und reichen Juden. Über Jahrhunderte war den Juden die Ausübung vieler Berufe sowie der Zutritt zu den Handwerkerzünften untersagt, genauso das Studium an den Universitäten und die Ausübung akademischer Berufe. Deshalb verlegten sie sich auf Geldgeschäfte und auf den Handel. Da sich die meisten Christen bis zum späten Mittelalter an das grundsätzliche Verbot von Zinsgeschäften hielten, wurde das Bankwesen zwangsläufig zu einer jüdischen Domäne. Nicht weniger erfolgreich waren Juden in den letzten Jahrzehnten der Habsburgermonarchie im Bereich der Baumwollspinnerei und Weberei. Einige von ihnen schafften es, innerhalb kurzer Zeit ein Firmenimperium aus dem Boden zu stampfen, begünstigt durch überaus firmenfreundliche Steuergesetze. So war der Onkel von Franz Jolesch – bekannt durch Torbergs Anekdotensammlung – nicht „eine Art Prinzengemahl“, der „ohne die Tante (in dem Buch) gar nicht vorgekommen wäre“. (Tante Jolesch, S. 17) Julius Jolesch war ein zielstrebiger Industrieller, der in Iglau einen erfolgreichen Familienbetrieb aufbaute und später bei dem Großindustriellen Isidor Mautner als Geschäftsführer anheuerte – genau genommen sogar zu dessen rechter Hand wurde.

      Bei einem Gedicht von Armin Berg, das dieser in seinen Auftritten vortrug und auch in einem Heftchen publizierte, konnte man an Julius Jolesch, Isidor Mautner oder Leopold Pollak denken.

      Mit einer Hose kam Herr Kohn / Nach Wien – jetzt hat er ä Million. / Oft hab’ ich drüber nachgedacht / Was der mit so viel Hosen macht. (Berg, Trommel-Verse, Vers Nr. 21)

      Neben dem Doppelsinn von „Million“ – zunächst auf den Geldreichtum Kohns bezogen, dann als Hinweis auf den gigantischen Umsatz des Unternehmens – soll die Schlusszeile wohl implizieren: Was macht dieser Industrielle mit so viel Geld?

      In einer älteren Version, einem Kindermundwitz, geht es nicht um Hosen, sondern um Hemden.

      „Siehst du, mein Kindleben, was Fleiß tut! Gottlieb Berger ist mit einem Hemd hierhergekommen und jetzt hat er eine Million.“ – „Mame, mei’ Neschome (= Seele), was soll er mit e Million Hemden.“ (Reitzer, Rebbach, S. 8)

      Am anderen Ende der sozialen Leiter gab es viele arme Juden, die ums Überleben kämpften. Manche waren mit hohen Erwartungen aus dem Osten des Habsburgerreiches nach Wien gezogen, fanden sich jedoch in der Reichshaupt- und Residenzstadt nicht zurecht. Sie schlugen sich als Hausierer, Gelegenheitsarbeiter, Schnorrer und Zechpreller durchs Leben – oder spielten als Theaterfiguren im Café Spitzer Klabrias.

      Zum Verständnis des folgenden Witzes muss man wissen, dass nü so viel wie „na und“ bedeutet.

      Frau Pollak: Baron, Sie machen sich keine Vorstellung, was wir haben gegeben gestern für ein Menu (gesprochen mit u) …

      Baron Schönfeld (höflich korrigierend): …nü!

      Frau Pollak: Wie haißt „nü“? Zuerst gab es Kaviar und Austern, dann Spargel und Hummer, dann Ente mit Orange, zuletzt Fürst-Pückler-Eis … Also ich sage Ihnen, ein Menu (wieder gesprochen mit u)!

      Der Baron: …nü!

      Frau Pollak: „Nü“?! Ist Ihnen das noch nicht genug? (Landmann, 1972, S. 171)

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      Frau von Pollak verbringt Weihnachten auf dem Semmering. Als sie eines Abends mit einem Bekannten eine Partie Schnapsen spielt, gesellt sich ein Kiebitz hinzu,

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