Sprachwitze. Robert Sedlaczek

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Sprachwitze - Robert Sedlaczek

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Dialog werde ich später zurückkommen (siehe S. 116), genauso auf den folgenden Witz, der von einem regionalen Sprachunterschied handelt (siehe S. 283 f.).

      In Tirol. Ein Förster führt Urlauber aus dem hohen Norden durch den Wald. „Sagen Sie mal, Herr Förster, wie nennen Sie denn die Blaubeeren da?“ – „Schwarzbeeren.“ – „Die sind aber doch rot!“ – „Ja, weil s’ noch grün san.“

      Sprachwitze und Wortspiele existieren in so gut wie allen Kulturen. Den Begriff calembour(g) im Französischen habe ich bereits erwähnt, im Englischen wird ein Wortspiel pun genannt. In den Theaterstücken und Sonetten von William Shakespeare finden sich viele puns, es sollen mehr als dreitausend sein. Hier ein oft zitiertes Beispiel aus Richard III.:

      Now is the winter of our discontent made glorious summer by this son/sun of York.

      Richard, der hier von sich spricht, ist ein Sohn des Hauses York. Shakespeare verwendet das Wortspiel zwischen den gleichklingenden Wörtern son (= Sohn) und sun (= Sonne), um einen Gegensatz zwischen Winter und Sommer herzustellen.

      Vor allem die intelligenten Figuren in den Shakespeare’schen Stücken sind regelrechte punster:

      Auf einem Friedhof fragt Hamlet einen Arbeiter, für wen er gerade ein Grab gräbt. Der Arbeiter, der in dem Grab steht, sagt: „Mine, Sir.“ Darauf Hamlet: „I think it be thine indeed, for thou liest in it.“

      Hamlet nimmt die Neckerei des Friedhofsarbeiters auf und beschuldigt ihn, dass er lüge – wobei „liegen“ und „lügen“ im Englischen gleich klingen.

      Von Shakespeare stammt auch ein Satz, der gerne fälschlich als Hinweis verstanden wird, dass unsere heutigen Witze kurz sein müssen. Es sagt nämlich der Schwätzer Polonius in Shakespeares Hamlet (II. Akt, 2. Szene):

      Weil Kürze dann des Witzes Seele ist, / Weitschweifigkeit der Leib und äußre Zierat, / Fass’ ich mich kurz.

      Puns waren nicht immer und nicht bei allen so beliebt. Für den Schriftsteller Samuel Johnson, Herausgeber einer epochalen Shakespeare-Ausgabe, stellten sie „the lowest form of humor“ dar. Die gegensätzlichen Beurteilungen reichen bis in die Gegenwart. So war beispielsweise Alfred Hitchcock ein begeisterter Anhänger von Wortspielen: „Puns are the highest form of literature.“ Andere haben ihm heftig widersprochen.

      Friedrich Schiller lässt in Wallensteins Lager (8. Auftritt) den Kapuziner, der Abraham a Sancta Clara nachgebildet ist, in Klangwitzen und Wortspielen schwelgen.

      Lässt sich nennen den Wallenstein, / Ja freilich ist er uns allen ein Stein / Des Anstoßes und Ärgernisses. / Kümmert sich mehr um den Krug als den Krieg, / Wetzt lieber den Schnabel als den Sabel, / Frisst den Ochsen lieber als den Oxenstirn’ / Der Rheinstrom ist geworden zu einem Peinstrom / Die Klöster sind ausgenommene Nester / Die Bistümer sind verwandelt in Wüsttümer, / Die Abteien und die Stifter / Sind nun Raubteien und Diebesklüfter / Und all die gesegneten deutschen Länder / Sind verkehrt worden in Elender.

      Heinrich Böll legt in Die verlorene Ehre der Katharina Blum seiner Hauptfigur am Ende der Erzählung folgenden Satz in den Mund:

      Dieser Kerl wollte bumsen – und ich dachte: Gut, jetzt bumst’s.

      Dann fällt der sexuell aufdringliche Zeitungsschreiberling tödlich getroffen zu Boden. Böll hat also in die Schlüsselszene seiner Erzählung einen Sprachwitz eingebaut. Einige Kritiker meinten, ein derartiges Wortspiel wäre eines angesehenen Schriftstellers nicht würdig gewesen.

      Wortspiele polarisieren, und sie sind so alt wie die Sprache selbst. Belege aus der Antike stammen aus Mesopotamien, aus Ägypten und aus China. Auch in den Hieroglyphen der Mayas sind Wortspiele zu finden.

      Den ältesten belegten Witz verdanken wir der sumerischen Kultur Mesopotamiens. Er datiert aus der Zeit von etwa 1900 bis 1600 v. Chr., könnte aber bereits 2300 v. Chr. erzählt worden sein.

      Was ist seit Urzeiten noch nie geschehen? – Eine junge Frau, die auf dem Schoß ihres Mannes nicht furzt.

      Der zweitälteste Witz ist auf einer ägyptischen Papyrusrolle verzeichnet, diese wird mit 1600 v. Chr. datiert.

      Wie kannst du einen gelangweilten Pharao aufheitern? – Du schickst ein Boot mit jungen Frauen, die nichts weiter als Fischernetze am Leib tragen, den Nil stromabwärts und drängst den Pharao, fischen zu gehen.

      Der drittälteste Witz stammt aus der Zeit 1200 v. Chr., er wurde in Adab, Mesopotamien, aufgezeichnet. Der Ort liegt heute im Irak.

      Drei Ochsentreiber streiten darüber, wem ein neugeborenes Kalb gehört. Der König soll schlichten, er bittet eine Priesterin um Hilfe. Diese will auch die Ehefrauen der drei Männer in die Entscheidung einbeziehen …

      Der Text ist leider nicht vollständig lesbar, die Pointe kann nur erraten werden, sie dürfte obszön gewesen sein. Paul McDonald, Professsor für kreatives Schreiben an der Universität Wolverhampton, der 2008 die zehn ältesten Witze für einen TV-Sender eruiert hat, konstatiert: „Allen gemeinsam ist ihr Bruch mit Tabus und eine gewisse Rebellion.“

      Die älteste erhaltene Witzesammlung ist der Philogelos (Lachfreund), die darin enthaltenen Witze, 265 an der Zahl, sind in griechischer Sprache verfasst. Als Autoren werden zwei ansonst unbekannte Griechen namens Hierokles und Philagrios genannt. Die Zusammenstellung wird wohl erst nach der römischen Kaiserzeit abgeschlossen worden sein, weil die Tausendjahrfeier Roms im Jahr 248 n. Chr. erwähnt wird. Andere Witzsammlungen aus der Antike werden in diversen Quellen erwähnt, sind aber nicht erhalten.

      Der Philogelos ist thematisch gegliedert. Es gibt Witze über unfähige Wahrsager und dümmliche Gelehrte, über Säufer, Witzbolde, Frauenhasser und Menschen mit starkem Mundgeruch. Einige Witze sind obszön, andere frauenfeindlich. Witze über Homosexualität sind in der Sammlung nicht enthalten, obwohl Geschlechtsverkehr unter Männern üblich war.

      In zahlreichen Witzen ist die Hauptfigur eine dumme Person: ein Abderit, Kymenier oder Sidonier. Die Einwohner der griechischen Städte Abdera und Kymene sowie der hellenisierten ehemaligen Phönizierstadt Sidon waren die Ostfriesen der Antike. Oft wird der Dumme auch als Scholastikos bezeichnet, das entspricht nach dem heutigen Verständnis am ehesten einem zerstreuten Professor. Aber einen Scholastikos hat es in so gut wie jedem Beruf gegeben, und er konnte jung oder alt sein. „Er ist der Typ des Erz-Dummkopfs, des pedantischen, gar nicht unsympathischen ‚Denkers‘, der mit messerscharfer Logik schlussfolgert – nur eben völlig falsch, weil er in seiner Zerstreutheit, Beflissenheit oder vermeintlichen Geistesschärfe von allem Gebrauch macht, nur nicht vom gesunden Menschenverstand.“ (Weeber, S. 46)

      Die dümmlichen Hauptfiguren im Philogelos sind austauschbar. Ein Witz, der als Abderiten-Witz gebracht wird, kommt später als Scholastikos-Witz noch einmal daher oder umgekehrt.

      Kommt ein Mann zu einem Scholastikos und sagt: „Der Sklave, den du mir verkauft hast, ist gestorben.“ – „Bei den Göttern“, antwortet der, „solange er bei mir war, hat er nichts dergleichen getan.“ (Nr. 18)

      ◊

      Ein Mann hänselt einen Witzbold: „Ich habe deine Frau umsonst gehabt.“ Darauf der Witzbold: „Es ist meine eheliche Pflicht, dieses Übel zu ertragen. Aber du? Wer zwingt dich?“ (Nr. 263)

      ◊

      Ein junger Mann sagt zu seiner Frau: „Herrin, was tun wir? Wollen wir essen oder haben wir Sex?“. Darauf die Frau: „Wie du willst. Brot ist keins da.“ (Nr. 244)

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