Mami Jubiläum 9 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Mami Jubiläum 9 – Familienroman - Patricia Vandenberg страница 4
»Führ dich nicht so auf. Du wärest doch nicht der erste Mann, der mal bei einer anderen Frau schläft«, sagte sie.
»Hör auf, dazu habe ich keinen Grund und danach auch kein Verlangen, und solch Getue kann ich schon gar nicht leiden. Ich will nach Hause. Ich verstehe nicht – aber das ist jetzt egal. Ich will meine Frau nicht verlieren, hörst du?«
»Du redest ja laut genug. Geh doch, ich halte dich nicht«, sagte sie.
Allmächtiger, wie soll ich das nur Angela erklären, ging es ihm durch den Sinn. Dann griff er nach seinem Frack und zog ihn über. Lächerlich nahm sich dieser Aufzug im Morgengrauen aus. Schließlich war nicht Faschingszeit, sondern September.
Er griff an den Hals. Die Frackschleife hatte er noch um, sie war nur aufgebunden. Er kniff die Augen zusammen und starrte auf Elke herunter, die ihm den Rücken zuwandte.
»Das hast du fein eingefädelt«, sagte er zornig. »Jetzt durchschaue ich dich. Aber eins lass dir gesagt sein: Ich kenne mich. Wenn ich nur einen Schluck Alkohol zu viel getrunken habe, schlafe ich tief und fest, und dann würde mich die schönste Frau der Welt nicht munter bekommen, nicht mal meine Frau.«
»Sag nur, dass sie schön ist«, zischte Elke wütend.
»Für mich ist sie schön, und am Morgen sieht sie frisch und munter aus und nicht wie ein Clown. Ein Gutes hat es vielleicht. Ich weiß jetzt wieder, was ich an meiner Frau habe.«
»Hoffentlich«, sagte Elke höhnisch.
Wolfgang wankte zum Telefon. Irgendwie kam ihm jetzt doch eine Erinnerung. Sein Wagen war nicht angesprungen und Elke hatte ein Taxi rufen wollen. Hatte sie das wirklich getan? Es war kein Taxi gekommen, und dann musste er plötzlich eingeschlafen sein. Er trank selten Wein, aber bei besonderen Gelegenheiten kam er nicht umhin, und es war immer das Gleiche, während die andern fröhlicher wurden, schlief er ein. Angela hatte dann ihre liebe Not mit ihm.
Er wollte darüber mit Elke nicht debattieren. Er hatte jetzt andere Sorgen.
Endlich fand er im Telefonbuch die Nummer vom Taxistand. Seine Hand zitterte, als er sie wählte. Wenn sie heute Probe hätten, würde er schön versagen, ging es ihm flüchtig durch den Sinn, aber das, was ihm nun bevorstand, war weit schlimmer als ein Versagen auf der Probe. Er ahnte noch nicht, wie schlimm es für ihn sein würde.
Er ging schwankend ins Freie, ohne noch ein Wort an Elke zu richten. Das Taxi kam. Der Chauffeur zwinkerte anzüglich.
»War wohl mal wieder eine Party?«, fragte er unverblümt.
»Kommen Sie öfter hierher?«, fragte Wolfgang gedankenlos.
»Kann man wohl sagen. Bin ja immer der Erste am Stand. Na, ich will nichts gesagt haben. Wohin möchte der Herr?«
Wolfgang nannte die Adresse und blickte dabei auf die Uhr am Armaturenbrett. Wenn er Glück hatte, würde er wenigstens ungesehen ins Haus gelangen. Unentwegt überlegte er, was er Angela sagen sollte, um dann zwanzig Minuten später herauszufinden, dass er keine Erklärung mehr zu geben brauchte. Die Wohnung war leer. Angela und Babsi waren nicht da. Er war wie gelähmt. Dann sah er den Zettel auf dem Tisch.
Bin mit Babsi zu meinem Vater gefahren. Du wirst von meinem Anwalt hören. Amüsiere Dich gut mit Deiner Elke.
Nicht mal ihren Namen hatte sie daruntergesetzt. Es war nicht ein Schlag, es waren tausend Schläge, die diese Worte ihm versetzten. Und es dauerte lange, bis er fähig war, sich auszukleiden, und sich unter die Dusche zu stellen, damit sein Kopf endlich wieder klar würde.
Von Angelas Anwalt würde er hören! Herrgott, sie konnte doch nicht einfach die Scheidung einreichen. Sie konnte ihm doch nicht das Kind wegnehmen!
Dieses fatale Missverständnis musste schnellstens aus dem Wege geräumt werden. Sobald sein Wagen wieder in Ordnung war, würde er ihr nachfahren. Er musste es. Übermorgen begann die Tournee durch die Schweiz und Italien.
Er hatte sich rasiert und angekleidet. Er verspürte einen wahnsinnigen Durst, war aber nicht fähig, sich selbst ein paar Tassen Kaffee aufzubrühen.
Er lief bis zum Taxistand und ließ sich ein Stück in die Stadt fahren. Dort ging er erst in ein kleines Café, denn trotz allen Kummers hatte er Hunger. Vor dem Konzert aß er nie, und Elke hatte ihm nichts angeboten. Daheim hatte bestimmt das Essen gewartet, das er nach so anstrengenden Stunden mochte. Kaltes Roastbeef, Schinkentoast, Käse.
Jetzt trank er einen ziemlich dünnen Kaffee, aber der löschte wenigstens den Durst. Er aß ein Brötchen, aber das quoll ihm im Munde, weil er unentwegt an Angela denken musste. Wann waren sie denn nur schon weggefahren? Es war doch kaum später als sechs Uhr gewesen, als er heimkam. Hatte Babsi denn nicht nach ihm gefragt? Was mochte Angela ihr gesagt haben. Und was würde nun sein Schwiegervater sagen?
Vor Eberhard Jäger hatte Wolfgang Respekt, allerdings im guten Sinne des Wortes. Er schätzte den klugen, besonnenen Mann überaus, aber er wusste auch, dass er sich gegen ihn stellen würde, wenn er seine Tochter ungerecht behandelt wusste.
Es kam darauf an, was Angela ihrem Vater sagen würde, aber insgeheim hatte Wolfgang die Hoffnung, dass Eberhard Jäger ihn noch eher anhören würde als Angela, die sich in hochgradiger Erregung befunden haben musste. Das konnte er ihren Schriftzügen entnehmen, die sonst so klar waren wie sie selbst.
Hoffentlich fuhr sie wenigstens vorsichtig. Die Vorstellung, dass ihr und dem Kind noch etwas Böses geschehen könnte, raubte ihm den Atem.
Er sprang auf und warf einen Geldschein auf den Tisch. Die Bedienung lief ihm mit dem Wechselgeld nach. Achtlos steckte er es dann in die Tasche, nahm sich wieder ein Taxi und ließ sich zu Elkes Haus bringen. Die Jalousien waren noch herabgelassen. Sein Wagen stand dort, wo er ihn abgestellt hatte. Wieso war er nicht angesprungen, fragte er sich wieder.
Er kramte in seiner Tasche nach dem Schlüsselbund. Er schloss den Wagen immer ab, aber diesmal musste er es vergessen haben. Nun, wegfahren konnte ihn sowieso niemand, darüber brauchte er sich keine Gedanken zu machen. Aber er setzte sich doch ans Steuer und steckte den Zündschlüssel ein. Er drehte ihn um, und der Wagen sprang auf Anhieb an.
Das gibt es doch nicht, dachte er verblüfft, ich war doch ganz nüchtern, bevor ich das Haus betreten habe. Aber dann hatte er getrunken, und dieser Wein musste ihm höllisch ins Blut gegangen sein. Wußte Elke von dieser Wirkung? Natürlich musste sie es wissen. Jetzt war er erst recht in der richtigen zornigen Stimmung, ihr gegenüberzutreten und ihr die Meinung zu sagen.
Er läutete. Sie öffnete selbst in einem verführerischen Negligé und mit rosig überhauchtem Gesicht.
»Ich wusste doch, dass du wiederkommen würdest, mein Lieber«, säuselte sie.
Er dachte an das verschmierte Gesicht von heute Morgen, und ihm wurde fast übel vor Ekel.
»Ich muss schließlich meinen Wagen holen, und dann habe ich dir noch einiges zu sagen, Elke«, stieß er hervor. »Angela ist mit Babsi zu ihrem Vater gefahren.«
In ihren Augen leuchtete es triumphierend, aber sie senkte schnell die Lider und setzte eine bekümmerte Miene auf.
»Das verstehe ich nicht«, sagte sie. »Wie kann sie nur so unüberlegt sein? Komm herein, lass uns darüber reden, Wolf.