Die fünf Sprachen der Liebe Gottes. Gary Chapman
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Bei diesem Anlass scheint Marta jedoch die Versorgung wichtiger gewesen zu sein als die Beziehung. Sie stellte das „angemessene Verhalten“ über die Person Jesu. Sie tat, was in ihrer Natur lag – übte praktische Hilfe –, doch sie war nicht mit dem Herzen bei Jesus. Genauso können Menschen, deren Liebessprache Anerkennung ist, leere religiöse Formeln sprechen, ohne dabei wirklich an Gott zu denken. Alle wahrhaftige Liebe, alles Vertrauen zu Gott strömt aus einem Herzen, das ihn ehren will.
Georg Müller
Auch aus späterer Zeit erfahren wir immer wieder von Menschen, deren Liebessprache die gemeinsame Zeit war und die ihre Liebe zu Gott zeigten, indem sie außergewöhnlich viel Zeit mit Beten, Lesen der Bibel, christlicher Meditation und ungeteilter Aufmerksamkeit für Gott verbrachten. Georg Müller war einer von ihnen. Er wurde 1805 geboren. Mit zwanzig stellte er sich ganz in den Dienst Gottes. Zu der Zeit war er Theologiestudent an der Universität Halle und lernte dort fünf Sprachen, Latein, Griechisch, Hebräisch, Französisch und Englisch.
Bald ging er nach England. Von Beginn seines Dienstes an weigerte sich Müller, Lohn für seine Arbeit anzunehmen oder um Spenden für die Aufgaben und Einrichtungen zu bitten, die er ins Leben rief. Er verließ sich ganz auf Gott und auf die Kraft des Gebets, um versorgt zu werden. Sein Dienst umfasste das Verteilen von Bibeln und anderer christlicher Literatur, die Einrichtung christlicher Tagesschulen für die Armen und vor allem die Gründung von Waisenhäusern, in denen 1875 schließlich über zweitausend englische Kinder beherbergt, ernährt und unterrichtet wurden. Mit diesen Waisenhäusern verfolgte er zwei Ziele, die er so formulierte:
„Sicher wollte ich aus ganzem Herzen von Gott gebraucht werden, um diese armen Kinder, die beide Eltern verloren hatten, leiblich zu versorgen und ihnen auch in anderer Hinsicht mit Gottes Hilfe in diesem Leben Gutes zu tun. Ich sehnte mich vor allem danach, von Gott dazu gebraucht zu werden, die lieben Waisen in der Furcht Gottes zu unterweisen. Doch es war und ist immer noch das oberste und wichtigste Ziel der Arbeit, dass Gott dadurch geehrt werde, dass die Waisen unter meiner Obhut all das bekommen, was sie brauchen, und zwar nur durch Gebet und Glauben, ohne dass ich oder meine Mitarbeiter jemand anders darum bitten – damit sichtbar werde, dass Gott immer noch treu ist und immer noch Gebete erhört“24.
Schon bevor Müller Waisenhäuser gründete, war sein Lebensstil von ausgedehnten Zeiten mit Gott geprägt. Das geht aus den folgenden Tagebuchauszügen hervor:
•18. Juli 1832: „Heute verbrachte ich den ganzen Morgen in der Sakristei, um Stille zu haben. Wegen meiner vielfältigen Verpflichtungen ist dies schon seit einiger Zeit der einzige Weg, Zeit fürs Gebet, das Lesen der Bibel und das Nachsinnen darüber zu finden.“
•19. Juli 1832: „Ich war von halb zehn bis ein Uhr in der Sakristei. Hatte tiefe Gemeinschaft mit dem Herrn. Der Herr sei gelobt, der mir in den Sinn gab, die Sakristei als Rückzugsort zu nutzen!“
•25. Juni 1834: „Die letzten drei Tage hatte ich wenig echte Gemeinschaft mit Gott, war deshalb geistlich sehr schwach und habe mehrere Male gemerkt, dass ich gereizt bin.“
•26. Juni 1834: „Durch die Gnade Gottes hatte ich die Kraft, früh aufzustehen, und vor dem Frühstück verbrachte ich fast zwei Stunden im Gebet. Ich fühle mich heute Morgen deshalb viel wohler.“
•29. September 1835: „Gestern Abend, als ich mich von meiner Familie zurückzog, hatte ich den Wunsch, mich sofort zur Ruhe zu legen, denn ich hatte zuvor eine kurze Zeit gebetet, und weil ich mich körperlich schwach fühlte, verführte mich die Kälte der Nacht dazu, das Gebet zu beenden. Doch der Herr half mir in der Tat, auf meine Knie zu fallen, und sobald ich angefangen hatte zu beten, leuchtete er in meine Seele und schenkte mir eine so tiefe Gebetszeit, wie ich sie schon seit Wochen nicht mehr erlebt hatte. In seiner Gnade belebte er wieder sein Werk, das er in meinem Herzen begonnen hatte. Ich genoss diese Nähe Gottes und die Innigkeit des Gebets für über eine Stunde, denn meine Seele hatte sich viele Wochen schon danach gesehnt. … Ganz und gar glücklich ging ich ins Bett und wachte an diesem Morgen in großem Frieden auf, stand früher auf als sonst und hatte wieder, über eine Stunde, tiefe Gemeinschaft mit dem Herrn vor dem Frühstück. Möge er in seiner Barmherzigkeit seinem unwürdigsten Kind diese Herzenshaltung bewahren!“25
Für Georg Müller stand die gemeinsame Zeit mit Gott im Zentrum seines Lebens. Gerade dann spürte er ganz tief die Gegenwart und den Frieden Gottes. Ohne diese gemeinsame Zeit empfand er eine Distanz zwischen sich und Gott. Er warnte seine Mitgläubigen, dass „gerade die Arbeit für den Herrn oft eine Versuchung sein kann, uns von der Gemeinschaft mit ihm abzuhalten, die doch so wesentlich für das Heil unserer Seelen ist“26. Nachdem er drei Monate krank gewesen war und seinen Dienst nicht ausüben konnte, schrieb er am 14. Januar 1838: „Ich habe heute mehrere Stunden im Gebet verbracht und auf meinen Knien gelesen und zwei Stunden über Psalm 63 gebetet. Gott hat meine Seele heute reich gesegnet. Was meinen Gesundheitszustand angeht, ist meine Seele nun soweit, dass ich mich über den Willen Gottes freue“27. Müllers gemeinsame Zeit mit Gott war eindeutig kein Ritual, sondern tief und persönlich. Sie wirkte sich auf sein ganzes Leben aus und bildete das Herzstück seiner Beziehung zu Gott.
Am 7. Mai 1841 schrieb er: „Jetzt sah ich, dass das Wichtigste, das ich zu tun hatte, war, mich dem Lesen des Wortes Gottes und der Meditation darüber hinzugeben. So würde mein Herz getröstet, ermutigt, gewarnt, zurechtgewiesen, gelehrt werden, so dass durch das Wort Gottes, während der Meditation, mein Herz in eine vorläufige Gemeinschaft mit dem Herrn gebracht werde“28. Es war diese „vorläufige Gemeinschaft mit dem Herrn“, die Müller zu seinem Dienst befähigte.
Im Rückblick auf Müllers Leben vor über hundert Jahren loben viele Menschen ihn vor allem für seine Arbeit unter den Waisen und für die Gründung von Schulen für die Armen Englands. Heutige Christen sind begeistert, dass er diese Arbeit ohne Spendenaufrufe bewältigte, wo heute doch die meisten gemeinnützigen Vereine davon Gebrauch machen. Für Müller erwuchs dies alles jedoch einfach aus seiner gemeinsamen Zeit mit Gott. Gemeinschaft mit Gott zu haben war in seinen Augen weitaus wichtiger, als sich um die Armen zu kümmern. „Ich glaube fest daran“, schrieb er einmal, „dass keiner erwarten sollte, dass etwas Gutes aus seiner Arbeit in Wort und Lehre entspringen kann, wenn er sich nicht ganz dem Gebet und dem Nachsinnen über Gottes Wort hingibt“29.
Auch wenn sein Leben von praktischer Hilfe und Worten der Ermutigung für andere geprägt war, war Müllers Liebessprache die gemeinsame Zeit. Sie half ihm, seine Liebesbeziehung zu Gott zu vertiefen.
Gemeinsame Zeit mit Gott schenkt Perspektiven und Energie
Vielen Menschen damals wie heute erscheinen solche ausgedehnten Zeiten der Gemeinschaft mit Gott unverständlich. Manche sagten, dass Müller ein „Superheiliger“ war, davon getrieben, Gott zu gefallen. Andere versuchten, seinen Lebensstil durch die Gesellschaft, in der er lebte, zu erklären. Vor hundertfünfundsiebzig Jahren war das Leben einfacher. Man lebte in einem langsameren Rhythmus. Es gab mehr Zeit für Stille und Gebet.
Auch wenn das sicher stimmt – Müller war einer der am meisten beschäftigten Männer seiner Zeit. Stellen Sie sich vor, wie viel Zeit es kostete, zahlreiche Waisenhäuser an verschiedenen Orten und viele Schulen für arme Stadtkinder zu verwalten! Müllers Zeit wurde genauso stark in Anspruch genommen wie die eines heutigen Managers. Es scheint mir einleuchtender, dass Müller die Liebe Gottes am tiefsten spürte, wenn er gemeinsame Zeit mit Gott verbrachte. Von dort bezog Müller nicht nur seine Perspektiven und Ziele, sondern auch seine Kraft. Gerade in diesen Zeiten der Stille konzentrierte er sich darauf, auf die Stimme Gottes in der Bibel zu hören, und dadurch gewann er die Energie, den Dienst, zu dem er berufen war, weiterzuführen.
Wenn die Liebessprache