Die fünf Sprachen der Liebe Gottes. Gary Chapman
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Leider geriet ich im Studium in die falsche Gesellschaft, und es dauerte nicht lange, bis ich mich öfter auf Partys als in Hörsälen aufhielt. Eines Abends gegen Ende meines ersten Studienjahres war ich auf einer Party, auf der ich zu viel Alkohol trank. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fand ich mich auf einer Wiese wieder und hatte keine Ahnung, wie ich dort gelandet war. Ich setzte mich auf, rieb mir die Augen und hörte den Gesang der Vögel. Und plötzlich vernahm ich ganz deutlich die Worte meines alten Pastors: ‚Auch wenn dich alle verlassen, wird Gott dich lieben. In Gottes Augen ist jeder Mensch etwas Besonderes.‘
Ich musste weinen. Ich wusste, dass diese Worte wahr waren und dass ich den falschen Weg eingeschlagen hatte. Ich weinte lange, und dann sagte ich zu Gott: ‚Vergib mir, dass ich mich wie jemand verhalten habe, der nichts Besonderes ist. Denn in deinen Augen bin ich etwas Besonderes. Vergib mir, dass ich mich von deiner Liebe entfernt habe. Wenn du mir vergibst und in mein Leben kommst, will ich etwas Besonderes für dich sein.‘
Mir fiel es wie Schuppen von den Augen“, fuhr Reuben fort. „Ich spürte, dass ich nach einer langen Reise nach Hause gekommen war. Ich wusste, dass Gott mir vergeben hatte und dass ich anderen von seiner Liebe erzählen sollte. An diesem Morgen auf der Wiese wurde ich erlöst und zum Predigen berufen.
An jenem Wochenende fuhr ich nach Hause und erzählte meiner Mutter, was passiert war. Da rief sie laut: ,Gott, du bist wunderbar!‘ Man hörte es im ganzen Haus. ,Du hast meinen Jungen gerettet!‘ Sie rief den Pastor an und erzählte ihm, was geschehen war. Er lud mich ein, es der Gemeinde im Sonntagsgottesdienst zu erzählen. Also erzählte ich am darauffolgenden Sonntag davon, was Gott in meinem Leben getan hatte und dass ich vorhatte, ihm zu folgen und Pastor zu werden. Seitdem bin ich an seiner Seite geblieben. Als Student predigte ich immer, wenn sich eine Gelegenheit dazu bot. Als ich dann ans Theologische Seminar wechselte, berief mich eine kleine Gemeinde zu ihrem Pastor. So betreute ich diese Gemeinde während meines Studiums.“
„Predigen Sie gerne?“, fragte ich ihn.
„Ich würde das Predigen dem Essen vorziehen, und Ihnen ist ja wohl klar, wie gerne Prediger essen“, sagte er mit einem Lächeln. „Wenn ich predige, habe ich das Gefühl, dass ich das tue, wozu ich geschaffen wurde. Es ist meine Art, Gott dafür zu danken, was er für mich getan hat. Ich fühle mich Gott am nächsten, wenn ich predige.“
Worte der Anerkennung
Was Reuben mir an jenem Nachmittag erzählte, gab den Anstoß zu diesem Buch. Ganz eindeutig war Reubens Liebessprache die Anerkennung oder Ermutigung. Er drückte von sich aus Anerkennung für seine Frau aus. Später erfuhr ich, dass auch seine Beziehungen zu anderen Menschen von anerkennenden, ermutigenden Worten geprägt waren. In seiner Ehe hatte er sich nicht immer von Patsy geliebt gefühlt, weil sie ihn oft kritisierte, dass er ihr nicht im Haushalt half. Als sie ihre gegenseitigen Liebessprachen gelernt hatten, begann Patsy, Reuben zu loben, und er fing an, ihr praktisch zu helfen. Das Klima in ihrer Ehe wurde dadurch wesentlich besser.
Was für unsere Beziehungen zu Menschen gilt, gilt auch für unsere Beziehung zu Gott. Es waren bestätigende Worte, durch die Gott den ziellosen Studenten in seinem zweiten Semester erreichte. Reuben erinnerte sich an die Worte seines Pastors: „Auch wenn dich alle verlassen, wird Gott dich lieb haben. In Gottes Augen ist jeder Mensch etwas Besonderes.“ Er empfand diese Worte als Gottes Worte. Sie berührten ihn tief. Er wusste in seinem Herzen, dass Gott ihn liebte und in Beziehung zu ihm treten wollte. Als er dann „nach Hause gekommen war, zu Gott“, war sein größter Wunsch, seine Liebe zu Gott auszudrücken. In seinen Augen konnte das mit Lob und Bestätigung am besten gelingen. Er würde andere von der Liebe Gottes überzeugen, durch die Kraft der Predigt.
Manchen Menschen – sogar einigen Pastoren – fällt es schwer, öffentlich zu reden. Reuben nicht, denn es ist seine Muttersprache der Liebe. Deshalb fühlt er sich Gott am nächsten, wenn er predigt. Predigen ist seine Art, Gott danke zu sagen.
Reuben weiß, dass es noch andere Wege gibt, Gottes Liebe zu erwidern. Er lehrt seine Gemeinde, dass wir Gott genauso durch Geschenke unsere Liebe ausdrücken können (zum Beispiel durch Spenden und den Einsatz unserer Zeit und unseres Könnens), oder durch praktische Hilfe. Oder durch die Einübung in Stille und Gebet, wo wir gemeinsame Zeit mit Gott verbringen. Reuben zeigt, dass wir Gott berühren, wenn wir uns anderen Menschen zuwenden. Doch für ihn selbst sind das Lob Gottes und die Ermutigung anderer Menschen der natürlichste Weg, Gottes Liebe zu erwidern.
War Reubens Gotteserfahrung eine Ausnahme? Ganz und gar nicht. Die Bibel gibt uns viele Beispiele dafür, wie Gott die Liebessprache spricht, die wir unter Menschen Anerkennung, Bestätigung oder Ermutigung nennen. Tatsächlich wird ja die Bibel oft das „Wort Gottes“ genannt. Die alttestamentlichen Propheten beginnen häufig mit Worten wie: „Das Wort des Herrn kam zu Jeremia …“ Das Neue Testament formuliert es so: „Denn die ganze Heilige Schrift ist von Gott eingegeben. Sie soll uns unterweisen; sie hilft uns, unsere Schuld einzusehen, wieder auf den richtigen Weg zu kommen und so zu leben, wie es Gott gefällt.“ Und wieder: „Doch vergesst nicht: Kein Mensch kann jemals die prophetischen Worte der Heiligen Schrift aus eigenem Wissen deuten. Denn niemals haben sich die Propheten selbst ausgedacht, was sie verkündeten. Immer trieb sie der Heilige Geist dazu, das auszusprechen, was Gott ihnen eingab“4.
Gottes Wort und der Wert des Menschen
Die Erschaffung des Menschen
Alle Worte Gottes bestätigen den Wert des Menschen. Der Nihilismus sagt, dass der Mensch wertlos ist und sein Leben keinen Sinn hat. Das ist nicht die Aussage der Bibel. Dort lesen wir im ersten Kapitel: „Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau“5. Was immer diese Verse sonst noch bedeuten: Hier wird der Mensch über die Tiere gestellt, und es wird ihm die Fähigkeit gegeben, eine Beziehung zu Gott einzugehen.
Das Neue Testament bestätigt den Wert des Menschen. Der Verfasser des Hebräerbriefes sagt (und zitiert dabei aus einem Psalm), dass Gott den Menschen „eine kleine Zeit niedriger sein (ließ) als die Engel“ und ihn „mit Preis und Ehre“ gekrönt hat6.
Das höchste Ziel des Menschen
Alle konkreten Gebote Gottes sowohl im Alten als auch im Neuen Testament bestätigen den Wert des Menschen. Sie entspringen der Liebe Gottes und zeigen dem Menschen sein höchstes Ziel – in einer Liebesbeziehung zu Gott zu leben. Manche Menschen wehren sich gegen die Gebote Gottes und betrachten sie als einengend, doch das ist nicht die Sichtweise von Menschen, die Gott kennen. Sie glauben, dass Gottes Gebote sie vor den Dingen bewahren, die sie zerstören würden. Sie glauben auch, dass Gottes Ermahnungen ihnen dabei helfen, das Leben in seiner Fülle zu erleben. Sie erkennen die Worte des Propheten Jesaja an: „So spricht der Herr, dein Erlöser, der Heilige Israels: Ich bin der Herr, dein Gott, der dich lehrt, was dir hilft, und dich leitet auf dem Wege, den du gehst. O dass du auf meine Gebote gemerkt hättest, so würde dein Friede sein wie ein Wasserstrom und deine Gerechtigkeit wie Meereswellen“7.
Der Gott der Bibel zeichnet sich aus als ein Gott, der spricht. Seine Worte bestätigen den Wert des Menschen und dienen dazu, eine Beziehung zu uns aufzubauen.
Gottes Mut machende Worte
Wenn Sie in der Bibel lesen, erfahren Sie, wie Gott den Menschen Mut macht:
•„Fürchte dich nicht, ich bin bei dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich