Strategie als Beruf. Maximilian Terhalle

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Strategie als Beruf - Maximilian Terhalle страница 18

Автор:
Серия:
Издательство:
Strategie als Beruf - Maximilian Terhalle

Скачать книгу

Essenz solcher Verteidigungspolitik sein sollte. Über die Frage, wie welche Prioritäten entsprechend zu wählen waren, sprach er allerdings nicht.

      Handlungsspielräume – Im Westen

      nichts Neues? Eine strategische Vision

      transatlantischer Macht

      Einleitung

      Der Westen steht vor zwei strategischen Herausforderungen: sich selbst und autoritären Großmächten. Für letztere ist Spaltung ein altbewährtes Mittel ihrer Politik.1 Der Westen kann die Wucht dieser Spaltungsbemühungen freilich noch verstärken, indem er für interne Probleme Lösungen wählt, die seinen Zusammenhalt schwächen. Die Idee strategischer Autonomie mitsamt einer europäischen Armee, wie sie gegenwärtig recht freihändig von der deutschen und französischen Führung feilgeboten wird, ist solch eine reflexhafte Lösung (Macron und Merkel, zit. n. de la Baume und Herzenhorn 2018).2 Dass die Vormacht des Westens solchen unbedachten Lösungen durch ihr Auftreten Vorschub leistet, ist eine (nicht zuletzt historische) Tatsache. Und dass angesichts Amerikas relativem Desinteresse an Europa für einige die Implikation lauten wird, die Nähe zu Russland zu suchen, ist nicht unwahrscheinlich (Schake 2018; Schulz 2010, S. 359).

      Es ist deshalb dringend notwendig, wesentlich intensiver über die Natur der innerwestlichen, strategischen Herausforderungen nachzudenken. Denn die deutsche Regierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel umgeht bisher tunlichst den Komplex the Donald, getrieben von der Furcht, innenpolitisch für politische Nähe zur US-Regierung kritisiert zu werden. Es gleicht dabei der Quadratur des (transatlantischen) Kreises, den Versuch zu unternehmen, den 500-Kilo-Gorilla im Zimmer zu übersehen. Ohne strategisch ausgerichtete Analyserahmen grenzt dies gleichsam an Arbeitsverweigerung und verleitet zu den genannten unbedachten Lösungen. Zu lange, so scheint es, hat sich bei vielen die Annahme erhalten, amerikanische Außenpolitik könne ohne den US-Präsidenten gedacht und analysiert werden. Das Bias, das in dem Glauben besteht, dass die sogenannten Erwachsenen im Raum, mithin die Generäle John F. Kelly, Herbert R. McMaster sowie James N. Mattis, Donald Trump zähmen könnten, ist durch die Entlassung von allen drei längst als erstaunlich naiv enttarnt worden (Terhalle 2017). Im Grunde zeigt ja auch der höchst undeutsche Verlass auf politische Militärs, wie wenig Energie der obamaverträumte Regierungsapparat darauf verwendet hat, Amerikas politische Führung seit 2017 ernst zu nehmen und sie nicht nur als Moment des erhofften schnellen Übergangs zu betrachten. Vor allem aber hat es Europa versäumt, Trumps Amerika als strategische Aufgabe zu betrachten.

      Es ist in diesem Zusammenhang eine der bemerkenswertesten Nuancen deutscher Debattenkultur, dass der Doyen strategischen Denkens, Henry Kissinger, hierzulande jederzeit eine zentrale Rolle bei staatlichen Anlässen oder high-level Vortragsveranstaltungen einzunehmen vermag, die Kategorien seines Denkens der letzten 60 Jahre aber weitestgehend unverstanden geblieben sind.3 Dabei ist er es 2018 (erneut) gewesen, der mit kaltem Blick für machtpolitische Ungleichgewichte aufgezeigt hat, was die Konsequenz wäre, würde sich Europa tatsächlich ohne Amerika neu definieren wollen: Angesichts Chinas und Russlands, die ihren politischen, ökonomischen und militärischen Machtanspruch auf Westeuropa unmittelbar und mit ungezügeltem Nachdruck geltend machen würden, verkäme Europa zum „appendage of Eurasia“4 (Kissinger, zit. n. Financial Times 2018). An diesem Punkt ist der Kontinent noch nicht; auch hat Kissinger keinen wesentlichen Einfluss auf Trump. Aber der ehemalige US-Außenminister hat damit bereits das Dunkel ausgeleuchtet, das sich aus unbedacht formulierten Lösungen und dem ihnen vorausgegangenen Mangel an Auseinandersetzung mit dem Thema Amerika unter Trump ergibt.5

      Dabei hätte Kissinger gleichsam erleichternd hinzufügen können, dass Amerika Europa aus vier Gründen strategisch braucht. Als weltweit operierende Seemacht müssen die USA den Atlantik als freien Bewegungsraum nutzen können, was den Zugang zu alliierten Gegenküsten erfordert. Weiterhin bedarf es zumal Ramstein als zentrale Machtprojektionsbasis für militärische Zwecke im Mittleren Osten und darüber hinaus. Auch hat Amerikas Wirtschaft circa 600 Mrd. US-$ an Investitionen in Europa angelegt, die kein US-Präsident vernachlässigen kann (und wird). Und zuletzt sieht auch Trump die USA als Teil der freien Welt; unabhängig von seinem unkonventionellen Verständnis von Demokratie und Rechtsstaat

Скачать книгу