Mörderische Eifel. Andreas J. Schulte
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»Warum denn das?«
»Er hat aus einer Privatsammlung zwei sogenannte Kugelschnepper als Leihgabe bekommen, die sollen ausgestellt werden.«
»Ach so, ich verstehe. Wir können uns keinen Versicherungsfall im Rahmen eines großen Festes mitten in der Eifel leisten, womöglich noch mit Unbeteiligten als Opfer.« Jetzt wurde Sven Drohmke auch klar, warum er mit seinem Kollegen Weller unterwegs in die Eifel war.
»Du sagst es. Und wir sollten sehen, dass wir ankommen, bevor der Trubel losgeht«, bestätigte Carsten, gab wieder Gas und ignorierte das leise Stöhnen, das vom Beifahrersitz kam.
Dieter Feldkirch schaute sich zufrieden um. Das hier war seine Welt. Auf dem Hof standen zwei Sattelschlepper und drei Kastenwagen. Alles war verladen und abfahrbereit: Tribünen, zwei Tavernen, eine Wildschweinbraterei, die sogenannte Schatzkammer, Verkaufsbuden, Zelte für die Turnierkämpfer. Er würde nicht zulassen, dass etwas schief ging. Manderscheid würde sein Durchbruch sein. Die MS&T würde in den kommenden Jahren den Markt für Mittelalter-Events aufmischen, da konnten die anderen alle einpacken. Was ihm noch fehlte, war das nötige Startkapital, aber auch dafür hatte er eine Lösung gefunden. Ein Dieter Feldkirch fand immer eine Lösung, und als Dieter von Greifenklau würde er in die Annalen der Mittelaltermärkte eingehen, so viel stand fest.
»He Chef, sollen wir jetzt los?«, rief einer der Fahrer. Dieter schaute sich ein letztes Mal prüfend auf dem Hof um, dann nickte er und winkte zustimmend, bevor er selber in sein großes Wohnmobil einstieg. Zahllose Ritterfans lagerten ja gern in Zelten, aber so weit ging seine Begeisterung nicht. Auf dem Turnierplatz versicherte er jedem, wie sehr er ein authentisches Ambiente schätzte, aber nach Feierabend wollte er sein kaltes Bier, einen scharfen Porno zum Entspannen und sein geliebtes Wasserbett.
Er hatte schon Oktoberfeste im Ruhrgebiet, Damen-Schlammcatchen in Ostdeutschland und Schlagerfestivals an der Ostsee organisiert, aber mit Mittelalter war das große Geld zu holen. Und das würde er sich nicht entgehen lassen.
Als Carsten endlich bremste und den Motor ausstellte, sprach Sven ein stummes Dankgebet und nahm sich fest vor, darauf zu bestehen, bei der Rückfahrt am Steuer zu sitzen.
Carsten schien von der Erleichterung und der grünlichen Gesichtsfarbe seines Kollegen nichts zu bemerken. Er stieg aus und schaute sich um. »Na, das ist aber doch wirklich eine hübsche Gegend. Kein Wunder, dass der Feldkirch hier sein Mittelalterspektakel aufziehen will.«
Vor ihnen lag eine große Wiese, und im Hintergrund erhoben sich die Überreste von gleich zwei Burgen.
»Das da hinten ist die Oberburg«, Sven deutete auf eine höher gelegene Ruine samt Bergfried, »die gehörte dem Kurfürsten in Trier, und da drüben die tiefer liegende Ruine und die ganzen Mauern, die du da siehst, das ist die Niederburg der Grafen zu Manderscheid. War nicht immer so friedlich hier, die haben sich ganz schön oft in die Haare gekriegt, und getrennt werden die Burgen ja nur von der Lieser, die dort fließt.«
»Mensch Sven, ich wusste ja gar nicht, dass du dich so für Geschichte interessierst«, staunte Carsten.
Sven zuckte mit den Schultern. »Nee, ich habe nur mit meinen Eltern hier in der Eifel früher Urlaub gemacht, und vor unserer Abfahrt habe ich gegoogelt, was es noch gibt. Als 14-Jährigem gefallen dir natürlich die Burgen. Im Heimatmuseum gibt es sogar ein Großmodell von ihnen, das fand ich spannender als die ausgestellte Eifeler Bauernküche. Mein Vater ist Oberstudienrat – Erdkunde und Chemie. Der interessierte sich nur für die Vulkane und die Geologie. Wir haben Stunden im Maarmuseum verbracht, das war damals ganz neu. Ich glaube, das versteinerte Urpferdchen hätte mein Vater am liebsten mit nach Hause genommen. Ich hab gelesen, dass es jetzt sogar eine private Stein- und Fossiliensammlung gibt. Da hättest du meinen alten Herrn wahrscheinlich mit Gewalt raustragen müssen.«
Carsten sah den gequälten Gesichtsausdruck seines Kollegen und fing an zu lachen. »Schau mal, es hat dir nicht geschadet, und es ist sogar noch was Anständiges aus dir geworden. Ich war mit meiner Frau und der Kleinen nur einmal für ein Wochenende hier. Und meine beiden Damen wollten nichts anderes sehen als das Puppenmuseum in Laufeld.«
Jetzt musste auch Sven lachen. »Na gut, du hast gewonnen, mein Lieber. Und was machen wir jetzt?«
»Jetzt sehen wir zu, dass wir zwei Zimmer bekommen, und dann statten wir Dieter Feldkirch einen Besuch ab.« Carsten deutete mit der Hand auf zwei Sattelschlepper, die von Gabelstaplern abgeladen wurden. »Ich vermute mal, die bauen gerade auf, da wird der Chef bestimmt nicht weit sein.«
Dieter Feldkirch kniff misstrauisch die Augen zusammen. »Soso, und Sie beide sind also von der Versicherung?« Er musterte die beiden Männer. Sie waren gut einen Kopf größer als er, wirkten durchtrainiert, entspannt und locker, so als wüssten sie genau, dass sie mit jeder Situation fertig würden. Solche Männer kannte er, die durfte man nicht unterschätzen.
Carsten Weller nickte und deutete auf die Visitenkarten, die er und Sven gerade eben erst überreicht hatten. »Ganz genau, Herr Feldkirch.«
»Sie können natürlich gern bei der Zentrale anrufen und nachfragen«, ergänzte Sven. Er beobachtete, wie es in dem Gesicht des Veranstalters arbeitete. Mit seinem grauen Spitzbart und dem hageren Gesicht könnte Feldkirch gut den Mephisto auf einer Bühne geben, dachte Sven.
»Nein, nein«, winkte Feldkirch ab, »ich … also, ich meine das ist das erste Mal, dass ein Versicherungsvertreter vor Ort auftaucht.«
»Herr Feldkirch, wir sind nicht im Verkauf. Wir gehören zu den Ermittlern. Glauben Sie mir, wir haben nichts mit Neuverträgen zu tun. Wir kommen bei einem auftretenden Versicherungsfall ins Spiel oder wie jetzt, wenn ein Vertrag mit einer größeren Summe abgeschlossen wurde. Da überzeugen wir uns gern selber davon, dass alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.« Carsten lächelte, aber Sven war der drohende Unterton in der Stimme seines Kollegen nicht entgangen. Ihrem Gegenüber offenbar auch nicht, denn Dieter Feldkirch zuckte kurz zusammen, bevor er wieder lächelte. »Natürlich, das kann ich gut verstehen. Kommen Sie doch bitte mit, dann zeige ich Ihnen alles.«
Während um sie herum zahllose Helfer Verkaufsstände zusammenschraubten und Zelte errichteten, lief Feldkirch zielstrebig auf ein bereits aufgebautes Holzgebäude zu.
Das Ganze sah aus wie eine kleine Kapelle mit schmalen Bogenfenstern, in denen Butzenscheiben eingesetzt waren.
»Darf ich vorstellen: unser Glanzstück. Die Schatzkammer, hier präsentiere ich bei jedem Event kleine Kostbarkeiten. Zuerst sollte alles wie der Teil einer Burg aussehen, aber ich wollte mich nicht nur mit einem ›Teil‹ zufrieden geben. Deshalb die Burgkapelle, übrigens ein eigener Entwurf. Zuerst wird aus Stahlplatten der Innenraum zusammengeschraubt, dann kommt die Holzverkleidung außen und innen davor. Alles soll ja authentisch wirken.« Feldkirch zwinkerte den beiden Ermittlern verschwörerisch zu. »Hinter den Butzenscheiben ist Panzerglas, die Tür hier«, Feldkirch schlug mit der flachen Hand gegen eine Eichentür, die mit Eisennägeln und breiten schmiedeeisernen Bändern versehen war, »hat ebenfalls einen Stahlkern, das Eichenholz ist nur vier Millimeter stark. Hier gibt es eine elektronische Schließanlage, Bewegungsmelder und einen Feueralarm.«
Als sie eintraten, staunten Carsten und Sven über den Innenraum. Es roch sogar nach altem Holz, sie wären nie auf die Idee