Die fünfte Jahreszeit. Anette Hinrichs

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Die fünfte Jahreszeit - Anette Hinrichs

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sollten jetzt lieber gehen«, entgegnete Malin spröde. »Ich möchte nicht riskieren, dass Fricke ohne mich zu Charlotte Leonberger fährt.«

      Die Fahrt nach Strande dauerte fast anderthalb Stunden.

      Fricke wirkte angespannt. Schweigsam saß er am Steuer seines Dienstwagens und lauschte seiner ABBA-CD. Malin nutzte die Zeit, um einige Telefonnotizen durchzugehen, die ihr Tiedemann noch kurz vor der Abfahrt in die Hand gedrückt hatte.

      Zwei waren von ihrer Mutter. Die konnten warten. Eine weitere Nachricht war von Ingrid Larsen. Malin runzelte die Stirn. Was konnte die wollen? Sie griff nach ihrem Handy und wählte die angegebene Nummer. Niemand hob ab.

      »Haben Sie unseren Besuch angekündigt?«, fragte Fricke. Sie hatten mittlerweile die A7 verlassen und fuhren die B503 Richtung Eckernförde.

      »Sie meinen bei der Leonberger? Ja, das habe ich schon vom Präsidium aus gemacht.«

      »Was haben Sie ihr gesagt? Warum wir kommen, meine ich.«

      »Gar nichts. Interessanterweise schien sie nicht im mindesten überrascht über meinen Anruf«, entgegnete Malin und genoss für einen Moment die Aussicht auf den Nordostseekanal.

      Fünfzehn Minuten später parkte Fricke den Dienstwagen vor einem reetgedeckten Haus. Solange ihr Vorgesetzter noch mit seinen Unterlagen kämpfte, schaute sich Malin draußen ein wenig um.

      Das Haus von Charlotte Leonberger stand auf einer kleinen Anhöhe direkt an der Uferpromenade nur wenige Meter vom Strand entfernt. Eine Handvoll Bäume und eine zwei Meter hohe Hecke schützten die Bewohner vor neugierigen Blicken. Die Fassade war rot geklinkert und die vielen Sprossenfenster waren weiß lackiert. Kleine halbrunde Fenster lugten aus dem Reetdach hervor. Die Vorderfront des Gebäudes war von oben bis unten verglast und bildete einen reizvollen Kontrast zum Rest des Hauses.

      Endlich schien Fricke alle nötigen Dinge in seiner abgewetzten Ledertasche verstaut zu haben. Er ging an Malin vorbei und trat mit energischen Schritten durch die Holzpforte. »Jetzt kommen Sie schon, Brodersen. Sie werden heute die Befragung durchführen.«

      Malin zögerte. Und was, wenn sie doch falsch lag? Sie schüttelte den Gedanken ab, trat entschlossen neben Fricke und betätigte die Klingel.

      Die Tür wurde geöffnet und eine ältere Frau mit dunklen Knopfaugen stand vor ihnen. Malin stellte sich und ihren Chef vor.

      Die Frau reichte ihnen die Hand. »Ich bin Alma Leonberger. Charlottes Tante. Sie hat mir schon gesagt, dass Sie kommen. Leider wird sie erst in ein paar Minuten zurück sein. Kommen Sie doch bitte herein.« Sie trat ein Stück beiseite und ließ sie eintreten. »Hier entlang.« Sie wies zum Wohnzimmer.

      Der Raum war komplett in hellen Tönen eingerichtet. Die Farbpalette reichte von weiß über creme bis zu einem Dunkelbeige. Das Eichenparkett war weiß lasiert. Malins Blick flog automatisch zu der verglasten Fensterfront, die eine atemberaubende Aussicht auf die wogende Ostsee bot.

      Alma Leonberger war neben sie getreten. »Am schönsten ist es während der Kieler Woche. Sie können die Windjammerparade direkt hier vom Fenster aus sehen. – Käffchen?«

      Malin und Fricke nickten beinahe gleichzeitig.

      »Die scheint ja auch nicht im mindesten überrascht zu sein, uns hier zu sehen, Brodersen«, flüsterte Fricke seiner Mitarbeiterin zu, nachdem Alma Leonberger aus dem Raum geeilt war. »Sieht aus, als hätten Sie den richtigen Riecher gehabt. Wo bleibt denn nun diese Autorin?«

      Malin zuckte die Achseln und schaute sich um. Im Wohnzimmer gab es nicht ein einziges Bücherregal. Ungewöhnlich für eine Schriftstellerin, dachte sie und beschloss nachzusehen, wo Alma Leonberger geblieben war. Sie wandte sich zur Tür und blieb abrupt stehen.

      Eine Frau in Jeans und heller Seidenbluse lehnte im Türrahmen und beobachtete die beiden Kriminalbeamten. Sie war groß und schlank und hatte langes feuerrotes Haar. Ihre tiefgrünen Augen sahen Malin unverwandt an. Dann glitt ihr Blick weiter zu Fricke, der ihr den Rücken zuwandte und die Bilder auf dem Kaminsims betrachtete. Malin erkannte die Frau mit dem eindrucksvollen Gesicht sofort. Vor ihnen stand Charlotte Leonberger.

      »Schauen Sie mal, Brodersen, dass muss sie sein. Sieht gar nicht aus wie eine Krimiautorin.« Fricke drehte sich zu Malin um und hielt ihr einen silbernen Rahmen hin.

      »Wie muss denn eine Krimiautorin Ihrer Meinung nach aussehen?« Charlotte Leonberger trat auf ihn zu und nahm ihm das Bild aus der Hand.

      Amüsiert bemerkte Malin die leichte Röte, die jetzt das Gesicht ihres Vorgesetzten überzog. Umgehend straffte sich seine ganze Statur, und er strahlte Autorität und Selbstsicherheit aus. »Fricke, Kriminalpolizei Hamburg. Meine Kollegin Brodersen. Ich nehme an, Sie sind die Autorin von diesen abstrusen Krimis.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung.

      Charlotte Leonberger zog ihre linke Augenbraue hoch. Ihr geringschätziger Blick wanderte über Frickes Kleidung. Er trug eine seiner ausgeleierten Cordhosen und eine abgewetzte Wachsjacke. Sein kariertes Hemd hatte sich mal wieder verselbständigt und hing mit einem Zipfel aus der Hose. Sein Haar war vom Küstenwind zerzaust und stand wild vom Kopf ab. Er bemerkte die Musterung und strich sich unwillkürlich über die Haare. Wieder stieg eine leichte Röte in sein Gesicht. Malin musste sich ein Lachen verkneifen. Schöne Frauen brachten ihren Chef leicht aus der Fassung.

      »Ich habe Ihre Bücher gelesen«, entfuhr es Malin.

      Charlotte Leonberger lächelte sie kurz an und wies dann auf die weißen Ledersofas. »Setzen wir uns.«

      »So, da bin ich wieder.« Alma Leonberger kam mit einem großen Tablett herein. »Bitte, greifen Sie zu.« Sie wies auf die Kaffeetassen und eine Schale mit Gebäck.

      Fricke ließ sich nicht zweimal bitten und griff nach den Keksen. »Selbstgebacken? Die sind gut.« Genüsslich kauend lehnte er sich ins Sofa zurück. Alma Leonbergers runzeliges Gesicht strahlte ihn kurz an, bevor sie wieder den Raum verließ.

      »Warum kommen Sie erst jetzt?«, fragte die Krimiautorin an Malin gewandt.

      Die Frage brachte Malin aus dem Konzept. »Sie wissen von den beiden Morden? Warum haben Sie sich dann nicht bei uns gemeldet?«, fragte sie irritiert, während Fricke unbeeindruckt zum zweiten Mal in die Gebäckschale griff.

      »Aber das habe ich doch. Allerdings hat mich Ihr Kieler Kollege nicht gerade besonders ernst genommen. Aber Moment mal, Sie sagten da gerade etwas von zwei Morden? Habe ich das richtig verstanden?«

      »Ja, wir ermitteln in Hamburg zur Zeit in zwei Mordfällen. Wir haben Grund zu der Annahme, dass Sie mit beiden Opfern bekannt waren.«

      »Dann kommen Sie gar nicht wegen der Anrufe?«, fragte Charlotte Leonberger überrascht.

      »Von welchen Anrufen reden Sie da?«, mischte sich Fricke ein.

      »Ich habe zwei anonyme Anrufe erhalten. Beide Male wurden Textstellen aus meinen Krimis zitiert. Beim ersten dachte ich noch an einen Scherz, beim zweiten habe ich die Polizei alarmiert.«

      »Was für Textstellen?«, fragte Malin.

      »Aus meinen ersten beiden Bänden. Frühjahrssterben und Blutiger Sommer. Soll ich Ihnen die Bücher holen?«

      »Nicht nötig, ich habe sie dabei.« Malin zog die Bücher aus der Tasche und reichte sie der Autorin.

      Die

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