Mühlviertler Blut. Eva Reichl

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mühlviertler Blut - Eva Reichl страница 4

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Mühlviertler Blut - Eva Reichl

Скачать книгу

pflichtete ihr stumm bei, während sie das Kirchenschiff durchquerten und näher zum Altarraum vorrückten. Vor dem neuromanischen Hochaltar mit erhöhter Mitte im Rundbogenstil lag auf dem Tisch des Herrn eine Leiche – nach der Aussage des Revierinspektors der hiesige Pfarrer. Stern hatte schon allerlei gesehen, auch auf die brutalste Weise dahingemetzelte Menschen, die oftmals zerstückelt worden waren oder die unterschiedlichsten Verwesungsgrade aufwiesen. Aber eine derartige Inszenierung eines Leichnams war ihm, seit er bei der Kriminalpolizei beschäftigt war, nur selten untergekommen.

      Der Mörder hatte den Pfarrer von den Füßen an bis zum Hals mit einem Seil eingewickelt. Stern schoss der Vergleich mit der Beute einer Spinne durch den Kopf, die ihre Opfer mit ihrem seidenen Faden umwickelte und auf diese Weise für später aufbewahrte. Ein absurder Vergleich zwar, der auch aus einem Film wie »Spiderman« oder »Die Mumie« stammen könnte, musste Stern zugeben, dennoch war auch der Pfarrer durch diese Darstellung zu jemandes Beute erklärt worden. Das Priestergewand hatte man der Leiche unter dem Seil um den Leib gewickelt, so als wäre der Mörder bemüht gewesen, den Priester nicht kompromittierend für die Augen Fremder zurückzulassen. Die Augen weit aufgerissen und ebenso den Mund, starrte der Tote ins Leere, dorthin, wo nur noch der Teufel und sein Gefolge zugegen waren. Eingetrocknetes Blut überdeckte Hals und Gesicht. Der Kollar, ansonsten strahlend weiß, war braun und fleckig. Im schwarzen Gewand des Priesters konnte Stern das Blut auf den ersten Blick hin nicht ausmachen, aber er war sich sicher, dass die Spurensicherung eine Menge fände. Die Beine des Priesters hingen auf der rechten Seite des Altars hinunter. Am Boden des Altarraums breitete sich unter dem Haupt eine große Blutlache aus, als hätte man den Priester hier abgelegt, um ihn ausbluten zu lassen. Ein Spritzmuster rund um den Altar ließ den Chefinspektor wissen, dass ihm die Verletzungen am Hals, die wahrscheinlich zum Tod geführt hatten, hier zugefügt worden waren, und die Fesselung dazu gedient hatte, dass sich das Opfer nicht hatte wehren können. Der Fundort war demnach auch der Tatort. Aber das mussten Weber und die Spurensicherung noch bestätigen.

      »Schrecklich, nicht wahr?« Revierinspektor Plattl­bauer riss den Chefinspektor aus dessen stillen Bestandsaufnahme.

      »Das können Sie laut sagen.« Der, der dies von sich gab, war Dominik Weber, der Gerichtsmediziner, der eben durch das Kirchenschiff auf den Altarraum zusteuerte.

      »Grüß dich, Weber«, sagte Stern erfreut, dass er und Grünbrecht vor dem Gerichtsmediziner am Tatort eingelangt waren.

      »Grüß dich, Stern. Hast dich auch hierher in die Abgeschiedenheit getraut?« Dominik Weber wusste um Sterns Abneigung dem Ländlichen gegenüber Bescheid. Der Chefinspektor war ein richtiger Stadtmensch. Einer, dem die Betonbauten einer Stadt wie Linz gerade hoch genug waren. Einer, der die Aussicht lieber vom Linzer Power Tower genoss als von einem Berg. Mord und Totschlag waren nachgewiesen in den Städten viel höher als auf dem Land, demnach war er in Linz viel besser aufgehoben, war Sterns Meinung. Ein Blick auf die auf dem Altar liegende Leiche ließ ihn jedoch wissen, dass die Ländler gerade dabei waren, in dieser Statistik aufzuholen.

      »Musste ja wohl sein«, brummte er und betrachtete die Wundmale am Hals der Leiche. Zwei Einstichlöcher. Kaum zu sehen, wäre nicht die ganze Sauerei rundum. »Weißt du schon, wann er gestorben ist?«

      »Ich bin doch gerade erst gekommen, Stern!«, sagte Weber entrüstet, nahm ein Thermometer und ein Skalpell aus seiner Tasche und rammte ersteres durch einen kleinen Schnitt dem Opfer an jener Stelle in den Rumpf, wo Stern die Leber vermutete.

      Im Kirchenschiff war ein Hüsteln zu hören. Revierinspektor Plattlbauer hatte sich abgewandt und blickte nun in Richtung der Brüstungsorgel, in deren Mitte die Figur der heiligen Cäcilia angebracht war. An seiner Haltung war zu erkennen, dass ihm die Behandlung der Leiche durch den Gerichtsmediziner nicht sonderlich gut bekam.

      Weber zog das Thermometer aus der Leiche und besah sich das Ergebnis.

      »Und? Wann ist er ermordet worden?« Sterns Ungeduld war allen bestens bekannt und auch, dass er und Weber des Öfteren Meinungsverschiedenheiten hatten.

      »So gegen Mitternacht, würde ich meinen. Genaueres kann ich dir erst …«

      »… nach der Obduktion sagen, ich weiß.« Stern brachte Webers Satz mit einem Schuss Zynismus zu Ende.

      »Musst dich halt ein wenig gedulden. Hier ist es doch schön, in Liebenau. Kannst dich ein wenig entspannen oder wandern gehen im Tannermoor«, schlug der Gerichtsmediziner grinsend vor.

      »Grünbrecht will so schnell wie möglich von hier weg«, sagte Stern und redete weiter, bevor seine junge Kollegin dagegen protestieren konnte. »Übrigens, was ist das hier?« Er deutete mit dem Finger auf die zwei Einstichwunden am Hals des Opfers.

      »Sieht wie Bissmale eines Vampirs aus.«

      Weber, Stern und Grünbrecht fuhren herum. Sie starrten den hinter ihnen stehenden Revierinspektor überrascht an. Der hatte bislang alles wortlos mitverfolgt, bis auf die kleine Übelkeitsattacke, als der Gerichtsmediziner dem Opfer das Thermometer in die Leber geschoben hatte.

      »Bitte was?«, hakte Grünbrecht nach.

      »Ein Vampir!«, wiederholte Plattlbauer. »Ganz klar. Das sieht man doch.«

      »So ein Schwachsinn! Sie schauen wohl zu viel fern, Plattlbauer.« Stern schüttelte ob der abstrusen Behauptung des Revierinspektors den Kopf.

      »Oh, das glaube ich nicht«, erwiderte der Angesprochene eingeschnappt, machte am Absatz kehrt und setzte sich in die vorderste Bank im Kirchenschiff, wo sonntags die Kirchenbesucher fromm die Hände falteten. Er aber verschränkte schmollend die Arme vor der Brust und stierte auf die Kripobeamten, die neben der verschnürten Leiche standen und ihr auf den Hals starrten, als stünden dort die Antworten auf all ihre Fragen.

      Die Aussage des Revierinspektors ignorierend unterhielten sich Stern, Grünbrecht und Weber über eine weitaus realistischere Todesursache. »Diese Male könnten von allem Möglichen verursacht worden sein, das circa zwei bis fünf Millimeter dick ist. Nagel, Stricknadel, halt alles, was in etwa diese Stärke aufweist. Die Schwellung zeigt, dass er noch gelebt hat, als man ihm in den Hals gestochen hat. Das umliegende Gewebe hat sofort reagiert. Während der erste Einstich für die Todesursache nicht relevant ist, hat der Täter mit dem zweiten Stich genau die Halsschlagader getroffen. Deshalb die ganze Sauerei hier.« Weber deutete auf den blutbesudelten Boden und den Altar, der durch das Blut wie ein abstraktes Kunstwerk eines österreichischen Künstlers aussah. »Es muss gespritzt haben. Der Mörder hat sicher ebenso eine Menge Blut abbekommen. Wenn das Herz noch pumpt und jemand diese Schleuse hier öffnet …« Weber wies auf den Hals des Opfers, um zu verdeutlichen, wovon er sprach, als im Kirchenschiff ein Würgen und Poltern zu vernehmen war. Der Gerichtsmediziner hielt inne und wandte sich um. Stern und Grünbrecht taten es ihm gleich. Die Inspektoren sahen gerade noch, wie sich Plattl­bauer in der vordersten Sitzbankreihe übergab. Die Kriminalbeamten tauschten vielsagende Blicke aus.

      »Sein erster Mord«, klärte Stern den Gerichtsmediziner auf und ging die zwei Stufen vom Altarraum hinab ins Kirchenschiff zu den Sitzbänken. Dort wartete er, bis der Revierinspektor zum Vorschein kam, sich mit dem Ärmel über den Mund wischte und ihn anschaute, als müsste er sich erneut übergeben. Die Farbe seines Gesichts unterschied sich nicht mehr von dem Weiß der gekalkten Kirchenwände.

      »Na, geht’s wieder?« Stern stellte sich vor Plattlbauer und verdeckte ihm mit seinem fülligen Körper die Sicht auf den ausgebluteten Pfarrer.

      Der Revierinspektor nickte, zögernd, wie Stern vorkam, und vermied es, an ihm vorbeizuschauen. »Das ist nur, weil der so grausig dahergeredet hat«, versuchte er zu erklären.

      »Am

Скачать книгу