Mühlviertler Blut. Eva Reichl

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Mühlviertler Blut - Eva Reichl

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sie über Gefühle reden will, soll sie zu einem Psychiater gehen. Wir haben einen Mord aufzuklären.«

      Die Tür ging auf und der nächste Zeuge marschierte herein, streckte dem Chefinspektor die Hand entgegen und tippte sich an Grünbrecht gewandt als Gruß an den Hut. Er trug eine Lederhose, ein rot-weiß kariertes Hemd und brachte mindestens 30 Kilo zu viel auf die Waage, die meisten davon vorne an seinem Bauch. Dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – war er eine stattliche Erscheinung. Selbstbewusst setzte er sich auf den Stuhl, der unter seinem Gewicht ächzte, was jeder im Raum aber ignorierte.

      »Ihr Name?«, fragte Stern.

      »Siegfried Bauer.«

      »Herr Bauer, was können Sie uns über den Pfarrer sagen?«

      »Ja mei, recht viel net«, antwortete der Mann und steckte beide Daumen in den Bund der Lederhose. Die Hände ruhten dabei auf seinem Bauch wie bei einer Schwangeren.

      »Aber Sie sind doch extra hergekommen, um auszusagen?« Stern war verwirrt.

      »Ja, schon.« Der Mann hingegen war die Ruhe selbst. Sein Blick wanderte zwischen Stern und Grünbrecht hin und her, und es schien, als wartete er auf etwas.

      »Und … was bedeutet dann dieses recht viel nicht?« Nun begann dieses Aus-der-Nase-Ziehen, wenn es denn überhaupt etwas aus der Nase zu ziehen gab. Außerdem knurrte Sterns Magen. Die Geduld des Chefinspektors wurde hart auf die Probe gestellt.

      »Ja mei, er war halt unser Pfarrer«, sagte der Zeuge gelassen.

      »Aber wissen Sie auch, warum er sterben hat müssen, Ihr Herr Pfarrer? Haben Sie irgendeinen Hinweis für uns?«

      »Ja mei, keine Ahnung. Dafür seid’s doch ihr da, oder? Das ist ganz klar Aufgabe der Polizei!«

      Stern stieß hörbar die Luft aus. Er musste sich zusammenreißen, um dem vor ihm sitzenden Mann nicht gehörig die Meinung zu sagen. Er befürchtete jedoch, dass der erst die Vorhut war und draußen vor der Tür noch viel Schlimmeres auf ihn wartete.

      »Und warum sind Sie dann zur Vernehmung gekommen?«, fragte nun Grünbrecht, da sie spürte, dass Stern einen Augenblick benötigte, um sich zu sammeln.

      »Ja, mei. Ich wollt mir das halt mal so ansehen, wie ihr das so macht. Sonst kennt man das ja nur aus dem Fernsehen, von den vielen Krimis. Und das mal live zu sehen, ist halt doch ganz etwas anderes.«

      »Danke, der Nächste bitte!«, komplimentierte Stern den Mann hinaus. Siegfried Bauer erhob sich, straffte seine Lederhose mit einem gezielten Griff unter die Hosenträger und schlurfte aus dem Pfarrsaal. Stern starrte ihm verärgert hinterher und einer kleinen, alten Frau mit grünem Kopftuch entgegen.

      »Rosa Hintersteiner«, stellte die sich vor.

      »Sehr schön, Frau Hintersteiner. Was können Sie uns über den Pfarrer alles erzählen?«

      »Pst!«, machte die Frau.

      Stern war verblüfft. Schon wieder. »Was meinen Sie mit Pst?«, fragte er.

      Die Frau lockte ihn mit ihrem knöchrigen Zeigefinger näher zu kommen wie einst die Hexe aus Hänsel und Gretel. Stern beschlich ein mulmiges Gefühl. Er fürchtete zwar nicht, in einen Käfig gesperrt zu werden, schließlich war er derjenige, der andere wegsperrte, aber das Verhalten der Frau war dennoch ein wenig unheimlich. Er beugte sich nach vorne, um zu verstehen, was die Frau gleich sagen würde, und auch Grünbrecht trat näher an den Tisch heran.

      »Ich kann doch nicht in Gegenwart unseres Herrn schlecht über unseren Herrn Pfarrer reden«, flüsterte die Frau nahe Sterns Ohr. Anschließend deutete sie hinter Stern und Grünbrechts Rücken, wo an der Wand ein Kruzifix hing.

      »Aber … aber das ist doch nur …« Der Chefinspektor brach ab, überlegte kurz und änderte die Taktik. »Sollen wir es abnehmen?«

      Die Frau nickte, sagte aber kein Wort.

      Grünbrecht ging zur Wand, nahm das Kreuz ab und legte es in die Kammer seitwärts des Pfarrsaals. Bestimmt kamen sie so schneller an ihr Ziel, dachte Stern und auch, dass es keinen Sinn machte, über Dinge wie Aberglaube zu diskutieren. Anschließend war die Frau tatsächlich bereit zu reden, und Stern und Grünbrecht waren überrascht, was sie zu hören bekamen.

      »Also, der Herr Pfarrer ist ein ganz Schlimmer!«, begann Rosa Hintersteiner zu berichten. »Der hält sich selber nicht an die Zehn Gebote, obwohl predigen tut er sie jeden Sonntag, und das ganz eindringlich! Zehn Ave-Maria hab ich jedes Mal beten müssen, wenn ich zu ihm beichten gegangen bin. Und selber? Pah!« Die Frau verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die verdeutlichte, was sie von dem Priester hielt.

      »Von welchem der Zehn Gebote reden wir denn hier, Frau Hintersteiner?«, fragte Stern neugierig. Endlich schienen sie auf eine Spur gestoßen zu sein.

      »Von allen, Herr Hauptkommissar! Von allen!«

      »Chefinspektor«, korrigierte Stern die aufgebrachte Rosa Hintersteiner. »Kommissare gibt es nur in Deutschland. In Österreich sagen wir Inspektoren.«

      »Das ist mir wurscht, Herr Hauptkommissar. Ich nenne Sie, wie S’ wollen, meinetwillen auch Inspektor. Viel wichtiger ist, dass Sie endlich etwas gegen den Pfarrer unternehmen. Verhaften S’ ihn! Das ist nämlich ganz ein Schlimmer, wissen S’!«

      Stern zog die Augenbrauen hoch und überlegte, ob er die Frau tatsächlich richtig verstanden hatte. Sie verlangte doch allen Ernstes, dass er einen Toten verhaften solle!

      »Aber der Pfarrer ist doch tot«, erwiderte er, während seine Verwirrung den Höhepunkt erreichte und jene der alten Frau sich in erkennbare Erleichterung verwandelte.

      »Tot ist er, sagen S’? Na dann ist’s ja gut. Jetzt hat er sich vor unserem Herrn zu verantworten.« Rosa Hintersteiner stand auf und wandte sich zum Gehen.

      »Warten Sie! Was hat er denn so Schlimmes angestellt, der Herr Pfarrer, dass wir ihn hätten verhaften müssen?«, fragte Stern rasch.

      »Über Tote soll man nicht schlecht reden, Wissen S’ denn gar nichts?«, erwiderte die alte Dame und sah den Chefinspektor tadelnd an. Der war zu überrascht, als dass er darauf etwas hätte sagen können. Etwas Ordentliches und kein Fluchen. Bis er sich allerdings wieder gefangen hatte, war Rosa Hintersteiner zur Tür hinaus.

      »Was war das denn eben?«, fragte Grünbrecht.

      Stern schüttelte den Kopf. »Wenn das so weitergeht, können Sie mich am Ende der Vernehmungen in ein Irrenhaus bringen.«

      »Dann sind wir mal gespannt, wer als Nächstes kommt.« Die Gruppeninspektorin holte einen Stuhl aus der Abstellkammer und setzte sich damit neben ihren Chef. Anscheinend dachte sie, dass er seelischen Beistand benötigte. Na gut, das tat er auch. Irgendwie. Er wusste nur noch nicht, ob seine Kollegin die Richtige dafür war.

      Der nächste Auskunftswillige war der örtliche Bäcker. Er überraschte die Kriminalbeamten nicht nur mit mitgebrachten frischen Semmeln, welche er ihnen zu Beginn feierlich überreichte und deren Duft Stern sofort in die Nase kroch, dass sich der Speichel in seinem Mund nur so ansammelte, sondern auch mit einem Gerücht: »Man hört ja, dass ein Vampir der Täter g’wesen sein soll.«

      »Ein Vampir?«, wiederholte Grünbrecht eine Spur zu laut und lachte, um zu verdeutlichen, wie absurd

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