Mühlviertler Blut. Eva Reichl

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Mühlviertler Blut - Eva Reichl

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anschließend gestresst weiterhetzen würden, wie es in der Stadt oftmals der Fall war, da man noch rasch dieses und jenes zu erledigen hatte. Die Menschen hier nahmen sich Zeit, um miteinander zu plaudern, auch wenn sie nur den neuesten Tratsch verbreiteten. Desgleichen rollten die Autos gemächlich durch den Ort, als käme niemand zu spät zur Arbeit. Keiner hupte, keine Reifen quietschten. Alle waren freundlich und grüßten einander. Nicht so wie in der Stadt, wo jeder den Kopf wie eine Galapagos-Schildkröte einzog, um vorzugaukeln, man hätte den jeweils anderen nicht gesehen. Manch einer wechselte sogar die Straßenseite, um sicherzugehen, dass auch der andere einen nicht bemerkte. Nicht aber so in Liebenau. Das hier war ein gemütlicher Ort, und die Liebenauer waren scheinbar gemütliche Leute.

      »Kommen Sie nun?«, riss Grünbrecht Stern aus seinen Beobachtungen. Er war stehen geblieben, ohne dass es ihm aufgefallen war. Grünbrecht hingegen legte wie gewohnt die typische Umtriebigkeit eines Kriminalbeamten an den Tag, dachte er und ließ den Rest der Frühstückssemmel in seinem Mund verschwinden. Dann folgte er seiner Kollegin.

      »Guten Morgen, Herr Chefinspektor!« Dieser freundliche Gruß wurde ihm von einem ihm unbekannten Mann mit Hut und Trachtenhemd mitten auf der Straße entgegengebracht. Auch das war am Land anders. In der Stadt käme niemand auf die Idee, einen völlig fremden Menschen, der einem auf der Linzer Landstraße, Linz’ größter Einkaufsmeile, zufällig über den Weg lief, zu grüßen.

      Stern erwiderte den Gruß, was der Mann zum Anlass nahm, ihm auch noch seine von der Arbeit raue Hand entgegenzustrecken und zu fragen, ob es denn schon etwas Neues im Fall des ermordeten Priesters gäbe. Stern ließ sich seine Überraschung nicht anmerken.

      »Nein, aber die Ermittlungen haben ja gerade erst begonnen«, antwortete er zurückhaltend. »Darf ich fragen, wer Sie sind?«

      »Natürlich, entschuldigen Sie. Ich bin der Ecklbauer. Mir gehört eine Landwirtschaft in Liebenau, gleich dort hinten.« Der Mann deutete Richtung Süden.

      »In welcher Beziehung standen Sie zum Pfarrer?«

      »Ich bin in die Kirch g’angen, wenn S’ das meinen.«

      »Näher kannten Sie den Pfarrer nicht?«

      »Bei der Taufe unserer Kinder – da ist er natürlich auch dabei g’wesen.«

      »Wann ist das gewesen?« Stern zog seinen Notizblock heraus, um die Fakten aufzuschreiben, die er erwartete, gleich zu hören.

      »Vor zehn und zwölf Jahren.«

      Stern starrte den Mann einen Augenblick an. »Ist das alles?«

      Der Mann nickte. Stern steckte den Block unbeschrieben weg.

      »Nach der Kirche am Sonntag, da hört man so einiges. Da reden die Leut miteinander. Fragen S’ mal den Fleischer! Der kann Ihnen vielleicht weiterhelfen.« Der Mann tippte sich zum Abschied an die Hutkrempe und schlenderte weiter.

      »Der Fleischer … hm.« Stern zog seinen Notizblock erneut aus der Tasche und schrieb Fleischer darauf, damit dort zumindest irgendetwas stand. Und Ecklbauer schrieb er auch. Ein übrigens sonderbarer Mann, der ihn angesprochen hatte, um einen anderen Spieler auf dem Brett zu positionieren. Aber wahrscheinlich war auch das, wie das ganze andere Zeug, das die Liebenauer bis jetzt zu Protokoll gegeben hatten, für den Fall bedeutungslos.

      Stern blickte dem Ecklbauer hinterher und ging dann weiter zum Pfarramt, wo Grünbrecht vor der Tür auf ihn wartete. Gemeinsam betraten sie den provisorischen Vernehmungsraum, wo Revierinspektor Plattlbauer hinter dem Schreibtisch Platz genommen hatte und aufsprang, als er die Kriminalbeamten eintreten sah. Vor dem Tisch auf einem Stuhl saß die Pfarrersköchin. Sie präsentierte sich heute in einem weiteren schrillen Outfit. Ihre Beine steckten in einer giftgrünen Hose, darüber schlapperte eine mindestens um drei Nummern zu große lilafarbene Weste. Darunter trug sie ein rotes T-Shirt mit einer schwarzen Katze auf der Brust. Die Frau passte so überhaupt nicht in diese ländliche Gegend, dachte Stern, und sie passte auch nicht in sein Bild einer Pfarrersköchin. In der Stadt, da fände sie schon ihresgleichen. Aber hier in Liebenau erregte sie bestimmt mehr Aufsehen, als so manchem lieb sein dürfte.

      »Guten Morgen«, sagte der Chefinspektor und nahm auf dem Stuhl Platz, auf dem zuvor der Revierinspektor gesessen hatte. Die Sitzfläche war sogar noch warm, fiel ihm auf, und er warf dem ländlichen Kollegen einen maßregelnden Blick zu. Der stellte sich sogleich neben Grünbrecht, als wollte er salutieren, und verschränkte im Rücken die Hände.

      »Frau Bachmeier«, begann Stern mit der Befragung. »Sie sind ja die Pfarrersköchin.«

      »Ich war die Pfarrersköchin«, stellte Herta Bachmeier richtig. »Wie es aussieht, bin ich jetzt nur noch Köchin.« Ein gequältes Lächeln umrahmte ihre leuchtend rot geschminkten Lippen.

      »Sie haben mir bei unserem ersten Treffen nicht alles gesagt«, kam Stern gleich zur Sache.

      »Wahrscheinlich haben Sie mir nicht die richtigen Fragen gestellt«, konterte die Frau. Ihre stark mit schwarzem Kajal umrandeten Augen blickten Stern herausfordernd an. Anscheinend wirkte seine ansonsten bei Otto Normalverbraucher oftmals Angst einflößende Erscheinung bei ihr nicht. Stern nahm sich vor, diese Frau genauer zu durchleuchten. Hatte sie ihn bei ihrem ersten Zusammentreffen noch glauben lassen, dass sie die naive Köchin des Pfarrers wäre, so hatte die Stammtischrunde behauptet, dass sie alles wüsste, was es in Liebenau zu wissen gab. Demnach standen die Chancen gut, dass sie auch die Geheimnisse ihres Chefs kannte. Und unter diesem schrillen Outfit könnte ja durchaus eine Mörderin stecken, fand Stern, dem ohnehin alles von der Norm Abweichende suspekt war.

      »Dann stelle ich heute hoffentlich die richtigen Fragen«, sagte er schroff.

      »Was wollen S’ denn wissen?«, fragte die Bachmeier kokett. Sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

      »Alles, was erwähnenswert ist. Aber vor allem, ob Ihnen jemand einfällt, der dem Pfarrer das angetan haben könnte.«

      Herta Bachmeier blickte auf ihre knallrot lackierten Fingernägel und schien zu überlegen, was sie den Inspektoren anvertrauen wollte.

      »Hören Sie, wir werden hier nicht eher rausgehen, bevor Sie nicht meine Fragen beantwortet haben«, stellte Stern klar. »Hatte der Pfarrer irgendwelche Feinde?«

      »Also, wenn Sie mich fragen, sollten Sie im Wirtshaus nach dem Täter suchen.«

      »Beim Brücklwirt?« Stern war über diese Antwort überrascht. Ein interessanter Schlagabtausch zwischen der Stammtischrunde und der Pfarrersköchin schien sich anzubahnen.

      »Ja, beim Brücklwirt.«

      »Warum?«

      »Alle Mannsbilder gehen doch ins Wirtshaus, so auch der Pfarrer. Und seit einem halben Jahr ist er sogar mehr, als für ihn gut gewesen ist, dorthin gegangen, mindestens jeden zweiten Tag, manches Mal sogar jeden Tag.« Auf der Stirn der Pfarrersköchin bildeten sich missbilligende Falten.

      »Was hat er dort gemacht? Hat er sich mit jemandem getroffen?«

      Die Frau überlegte kurz, bevor sie antwortete: »Warum geht man denn in ein Wirtshaus? Natürlich, um sich mit jemandem zu treffen. Sich bloß ansaufen könnte man daheim auch.«

      »Ich hab gemeint, ob der Pfarrer sich mit jemand Bestimmtem getroffen hat?«, führte Stern näher aus.

      »Das weiß ich doch nicht! Ich hab ihn nicht g’fragt.«

      »Aber

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