Mühlviertler Blut. Eva Reichl

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Mühlviertler Blut - Eva Reichl

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um den Täter so rasch wie möglich zu finden. Wer sachdienliche Hinweise hat, möge sich bitte bei mir melden. Wir werden …« Weiter kam Stern nicht. In einem aufwallenden Getöse aus Rufen und Geschrei gingen seine letzten Worte völlig unter. Plötzlich hatte jeder etwas zur Aufklärung des Falls beizutragen. Die Menschen schrien durcheinander und wussten Dinge, die mit dem Fall zu tun hatten – oder auch nicht. Stern war nicht in der Lage, wichtige Informationen von unwichtigen zu trennen. Er verstand lediglich Wortfetzen und konnte nicht herausfiltern, wer nun als Zeuge vernommen werden sollte und wer bloß Tratsch verbreitete. Na, das kann ja heiter werden, dachte er und verfluchte den Mörder, der sich ausgerechnet das tiefste Mühlviertel zum Töten ausgesucht hatte.

      »Wir brauchen einen Vernehmungsraum! Wo können wir uns einquartieren, Plattlbauer?«, fauchte er missgelaunt.

      »Bestimmt im Pfarramt«, fiel dem Revierinspektor auf Anhieb ein. »Ich bin mir sicher, dass der Pfarrer nichts mehr dagegen hat.« Plattlbauer grinste und suchte im Gesicht des Chefinspektors nach einer Reaktion, die unweigerlich diesem Scherz folgen müsste, doch die blieb aus. Schlimmer noch! Stern zog missbilligend die Augenbrauen hoch, machte am Absatz kehrt und verschwand in der schwatzenden Menge. Jedoch tauchte er von dort nach nur wenigen Augenblicken wieder auf, bahnte sich mittels Ellbogentechnik den Weg zurück und fragte: »Wo ist das Pfarramt?«

      »Dort lang!« Plattlbauer deutete in die entgegengesetzte Richtung.

      Ohne ein weiteres Wort zu sagen, marschierte der Chefinspektor an Plattlbauer und Grünbrecht vorbei, alles und jeden verfluchend, und ohne zu bemerken, dass ihm eine Schlange Auskunftswilliger wie bei einer Bierzeltpolonaise folgte.

      2. Kapitel

      Vor dem Pfarramt holten Gruppeninspektorin Mara Grünbrecht und Revierinspektor Josef Plattlbauer den Chefinspektor endlich ein. Plattlbauer öffnete die Tür und hielt sie für die Kriminalbeamten auf. Stern schritt wortlos an ihm vorüber, doch Grünbrecht bedankte sich bei ihm mit einem Lächeln, worauf Plattlbauers Gesichtszüge sich freudig erhellten. Um davon abzulenken, wies er die Liebenauer, die ihnen bis hierher gefolgt waren, um eine Aussage zu machen, an, sie mögen doch bitte draußen warten, bis man sie riefe, und schob anschließend aus einer Abstellkammer einen Tisch und zwei Stühle in den Pfarrsaal. Das alles platzierte er in der Mitte im vorderen Bereich und sagte, als er sein Werk begutachtete: »Das muss als Provisorium für die Vernehmungen reichen.« Dabei schielte er zu Grünbrecht hinüber, deren dunkelbraune Locken im Nacken wie junge Kitze hin und her hüpften. Als ihre haselnussbraunen Augen sich mit den seinen trafen, wandte er den Blick ab und rückte noch einmal die Stühle zurecht, was aber völlig überflüssig war.

      »Gut, Plattlbauer. Jetzt bringen Sie mir Papier und einen Stift, denn ein Aufnahmegerät wird es ja wohl nicht geben …«, unterbrach Stern, ohne es mitzubekommen, das Balzverhalten des ländlichen Kollegen, und setzte sich an den Tisch.

      »Nein, aber auf der Dienststelle in Weitersfelden haben wir eines. Soll ich es herbringen lassen?«

      »Ja, machen Sie das! Und dann bitten Sie einen nach dem anderen zu uns herein«, wies Stern ihn weiter an.

      Während Plattlbauer der Anweisung Folge leistete, lehnte sich Grünbrecht hinter ihrem Chef nahe dem Fenster an die Wand und murmelte, als die erste Zeugin eintrat: »Jetzt bin ich aber gespannt.«

      »Mein Name ist Herta Bachmeier. Ich bin … ich war die Pfarrersköchin«, stellte sich die etwa 1,50 Meter große Frau den Kriminalbeamten vor, die allein durch ihre Erscheinung Sterns Bild von bei der Kirche beschäftigten Personen gehörig durcheinanderwirbelte. Ihre kurzen, rot gefärbten Haare standen wirr vom Kopf ab und bildeten einen starken Kontrast zu ihrem blassen Teint. Ihr grell pink geschminkter Mund biss sich mit dem Orange ihres T-Shirts. Der Rest steckte in einem Jeansrock und rosa geblümten Leggings. Über dem Ganzen trug die Pfarrersköchin eine rote ärmellose Weste mit schwarzen Fransen am Saum. Der Chefinspektor hatte bislang gedacht, Pfarrersköchinnen wären graue alte Jungfern, gekleidet in schwarzen Röcken und beigen Blusen. Dass er mit diesem Vorurteil gewaltig irrte, zeugte die vor ihm sitzende, ungefähr 35 Lenze zählende Frau, die alles andere als langweilig zu sein schien. Zumindest nicht, was ihre Kleidung anbelangte.

      »Frau Bachmeier, können Sie sich vorstellen, warum der Pfarrer, also Ihr Chef, ermordet worden ist?«, fragte Stern bemüht, sein Erstaunen wegen des schillernden Aussehens seines Gegenübers nicht durchscheinen zu lassen.

      »Nicht im Geringsten. Der Pfarrer ist …« Die Frau brach ab und räusperte sich. »Er war ein herzensguter Mensch. Er hat keiner Fliege etwas zuleide getan, in seinem ganzen Leben nicht. So ein lieber Mensch, wissen S’? Wenn alle so wären, wie unser Herr Pfarrer es g’wesen ist, dann wäre die Welt eine viel bessere. Und glauben S’ mir, die hat das auch dringend nötig bei dem, was man so alles im Fernsehen sieht!« Herta Bachmeier schüttelte den Kopf.

      »Ja, ja, das Fernsehen. Man soll aber nicht alles glauben, was man im Fernsehen sieht, Frau … äh.«

      »Bachmeier. Herta Bachmeier.«

      »Ja, Frau Bachmeier. Kommen wir zurück zum Pfarrer: Hat er Feinde gehabt?«, versuchte Stern, etwas für den Fall Relevantes aus der Frau herauszubekommen, und fand, dass die Farbkombination Rosa mit Orange und Rot sogar seinen für Mode äußerst unausgeprägten Sinn störte.

      »Nein, Herr Inspektor, er hat gewiss keine Feinde gehabt. Ich hab Ihnen doch schon gesagt, dass er ein ganz lieber Mann gewesen ist. So einer hat keine Feinde.«

      Für Stern war die Sache klar: Entweder wollte die Frau nichts Schlechtes über ihren toten Chef sagen, oder sie empfand den Dahingeschiedenen als tatsächlich so, wie sie behauptete. Um sich ein Urteil über den Priester bilden zu können, war es aber zu früh. Schließlich standen sie noch ganz am Anfang mit ihren Vernehmungen.

      »Gibt es sonst etwas, das Sie uns über den Pfarrer erzählen möchten?«, mischte sich Grünbrecht ein. Die dick mit Kajal umrandeten Augen der Pfarrersköchin wanderten in ihre Richtung und blieben an ihr haften.

      »Ich hatte da so ein Gefühl …«, begann sie zu erzählen und tippte sich dabei auf die Brust. Schon allein, wie sie es sagte, verkrampfte sich Sterns Magen. Er hasste Gefühle in Mordfällen, er brauchte Fakten, Fakten und nochmals Fakten.

      »Ein Gefühl?«, wiederholte er argwöhnisch.

      »Ja, als hätte ich es gespürt, dass etwas Schlimmes passieren wird.«

      »Spüren Sie so etwas denn öfter?«, hakte Grünbrecht nach, worauf ihr Stern einen finsteren Blick zuwarf. Die Gruppeninspektorin wusste, was ihr Chef von Äußerungen über Gefühle hielt, und wollte schneller sein als er, bevor er die Vernehmung abbräche und die Zeugin hinausschicken konnte.

      »Nun ja …« Die Frau suchte offenbar nach den richtigen Worten. »Ach, vergessen Sie’s!«, sagte sie dann und stand auf.

      »Aber bleiben Sie doch …«

      »Danke, Frau Bachmeier«, fiel Stern Grünbrecht ins Wort. »Und wenn Sie rausgehen, schicken Sie uns bitte den Nächsten herein.« Stern war erleichtert, dass ihm die Gefühlsduselei der Frau erspart blieb.

      »Also ich hätte schon gern gewusst, was sie uns zu sagen versucht hat«, meinte Grünbrecht, als die Frau den Pfarrsaal verlassen hatte.

      »Sie haben doch gehört, dass sie selber gesagt hat, dass wir es vergessen sollen. Sie wollte halt nicht mehr darüber reden, warum auch immer.«

      »Weil Sie gleich so abwehrend reagiert haben«, warf Grünbrecht ihrem Chef vor.

      »Hab

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