Tödliche Klamm. Mia C. Brunner
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Читать онлайн книгу Tödliche Klamm - Mia C. Brunner страница 6
Dann sah sie entschuldigend zu den drei Männern hinüber. »Ich bin manchmal etwas neben der Spur«, erklärte sie lachend. »Aber heute geht es mir gut.«
»Das freut mich sehr, Liebes.« Dr. Wiedemann geleitete seine Frau die restlichen Stufen hinunter, indem er ihre Hand in seine Armbeuge legte. »Und was kann ich für Sie tun? Sie haben mir mit dem Polizeiwagen in meiner Auffahrt einen ganz schönen Schrecken eingejagt.«
Die vier Männer nahmen im Wohnzimmer Platz. Florian bemerkte, wie Dr. Wiedemann immer wieder durch die große Terrassentür in den imposanten Garten schaute und seine Frau beobachtete, die dick eingepackt in einen teuren Pelzmantel neben dem kleinen Gartenteich stand und in die Ferne blickte. Sein Gesichtsausdruck wechselte zwischen Sorge und Unzufriedenheit. Es wirkte fast so, als würde ihm nicht gefallen, dass seine Frau dort draußen alleine herumlief.
Der Blick auf die Alpen war atemberaubend. Die Sicht war klar, der Himmel hellblau und die Sonne schien. In der Ferne ragte der Grünten empor. Eine weiße Schneehaube zierte seinen Gipfel. Vor Mai würde der Schnee auf den höher gelegenen Berggipfeln auf gar keinen Fall schmelzen. In manchen Jahren waren die Spitzen der Allgäuer Berge nur für zwei Monate im Jahr schneefrei.
»Und Sie sagen, jemand hat gestern Abend die Alarmanlage deaktiviert?«, wandte Herr Wiedemann sich jetzt an den Chef der Sicherheitsfirma. Er hatte sie vor drei Jahren beauftragt, seine Villa zu sichern, nachdem Einbrecher versucht hatten, ins Haus zu gelangen. Seitdem Richter Security das Anwesen elektronisch überwachte, war nichts dergleichen mehr vorgefallen.
»Nicht nur das, Herr Dr. Wiedemann«, erklärte Alexander Richter seinem Auftraggeber. »Jetzt, da Sie mir erneut bestätigt haben, dass Sie drei Tage nicht im Hause waren, kommt mir auch die Tatsache komisch vor, dass ihr Wagen gestern Abend das Grundstück verlassen hat und erst nach guten zwei Stunden zurück in die Garage fuhr.«
»Der Mercedes meiner Gattin?«, fragte Wiedemann dazwischen und suchte durch das Fenster erneut nach seiner Frau im Garten. Sie war bereits an der hinteren Grundstücksgrenze.
»Sie meinen also, Ihre Frau hätte das Haus für zwei Stunden verlassen und vergessen, die Alarmanlage zu aktivieren?«, mischte sich jetzt Florian ein, während Berthold der Haushälterin half, die Kaffeetassen von dem Tablett auf dem Glastisch anzurichten und Kaffee einzuschenken.
»Nein, das meine ich nicht«, brummte Dr. Wiedemann etwas unhöflich, lächelte dann entschuldigend und griff nach der Porzellantasse mit dem dampfend heißen Getränk. »Meine Frau ist krank, wie Sie sicher schon bemerkt haben. Seit Wochen hat sie ihr Schlafzimmer nicht verlassen. Deshalb war ich ja so erschrocken, als ich sie eben auf der Treppe gesehen habe.« Er nippte an der Tasse, entschied dann, dass der Kaffee noch viel zu heiß war, und stellte die Tasse zurück auf den Unterteller.
»Darf ich fragen, an welcher Krankheit ihre Gattin leidet?«, brachte sich jetzt Berthold ins Gespräch ein und fing sich einen ärgerlichen Blick vom Doktor ein.
»Meine Frau leidet unter schweren Depressionen und Angstzuständen.«
»Und behandeln Sie sie selbst?«, fragte Berthold und zog unmerklich den Kopf ein, so als fürchtete er eine wütende Schimpftirade von Dr. Wiedemann. Doch als er Florians anerkennendes Lächeln sah, fühlte er sich etwas sicherer. »Sie sind doch Arzt.«
Dr. Wiedemann sah den jungen Beamten beinahe verächtlich an. »Ich bin Allgemeinmediziner, kein Psychologe«, erklärte er leicht ungehalten. »Doch meine Frau ist seit drei Jahren bei einem befreundeten Psychotherapeuten in Behandlung. Und er spricht vor allem die medizinische Unterstützung durch Medikamente mit mir ab, also ja, auch ich versuche, meiner Frau zu helfen. Aber was hat das mit der kaputten Alarmanlage zu tun?«
»Die Anlage ist nicht kaputt, sondern wurde manuell für einen kurzen Zeitraum deaktiviert. Das ist ein Unterschied«, verteidigte Alexander Richter sich und seine Firma. »Wie es unsere Art ist, möchten wir für Ihre absolute Sicherheit sorgen. Und gestern Abend hat ein Außenstehender an Ihrer Anlage gespielt, wenn es Ihre Frau und Ihre Haushälterin nicht waren. Scheinbar hatte diese Person auch einen Schlüssel.«
»Sie haben doch Luise und meine Frau befragt«, polterte Dr. Wiedemann zurück. »Die beiden waren es nicht. Die Medikamente meiner Frau lassen ja auch gar nicht zu, dass sie sicher Auto fährt. Der Wagen wurde von ihr seit Monaten nicht bewegt.« Er stand auf und trat ans Fenster, hob die Hand und winkte seiner Frau, die bereits wieder auf dem Rückweg war und in Richtung Villa ging. Sie winkte ihrem Mann zurück.
»Suchen Sie einfach die Person, die angeblich hier im Haus war und die mit dem Wagen gefahren ist, aber tun Sie mir den Gefallen und halten Sie meine Frau da raus. Ihr Zustand lässt es nicht zu, dass sie sich ängstigt. Wir haben lange daran gearbeitet, dass sie wieder ruhig schlafen kann. Auch dank der Medikamente«, fügte er hinzu und wandte sich dann an Hauptkommissar Forster.
»Ich möchte eine Anzeige gegen unbekannt aufgeben. Und suchen Sie zuerst bei Herrn Richters Angestellten. Vielleicht ist dort einer dabei, der sich etwas Geld nebenbei verdienen will und sich bei reichen Leuten bedient. Ich gebe also eine Anzeige auf. Das kann ich doch bei der Kripo tun, oder ist da eine andere Abteilung zuständig?« Er sah Hauptkommissar Forster fragend an.
»Nein, den Fall übernehmen ich und mein Kollege Willig. Wir ermitteln ja bereits im Namen der Staatsanwaltschaft, aber natürlich ist es hilfreich, wenn auch Sie den Vorfall melden und für Fragen weiterhin zur Verfügung stehen. Und ich würde Sie bitten, in naher Zukunft zu überprüfen, ob vielleicht etwas gestohlen wurde.«
»Und ich möchte Sie bitten, etwaige Anschuldigungen gegen die Mitarbeiter meiner Firma zu unterlassen«, drohte Alexander Richter, bewirkte mit seinen Worten aber nur, dass Herr Dr. Wiedemann ihn wütend anstarrte.
»Dann erwarte ich spätestens morgen Ihren Anruf bezüglich gestohlener Gegenstände«, wiederholte Florian und griff nach seiner Kaffeetasse.
Dr. Wiedemann nickte und begrüßte seine Frau, als sie durch die Terrassentür das Wohnzimmer betrat.
3
Die welken Blumen auf dem Grab seiner Frau sahen erbärmlich aus. Letzte Woche, als die Temperaturen noch merklich unter null Grad lagen, waren die Rosen mit einer dünnen Schicht kristallklarem Eis überzogen gewesen und hatten in der Sonne geglitzert. Jetzt war der ganze Strauß matschig braun und verwelkt. Er hätte ein Gesteck aus Tannenzweigen an ihrem Geburtstag aufs Grab legen sollen. Es war schließlich Winter. Auch war die Erde auf dem Grab noch trostlos leer, da er bisher keine Gelegenheit gehabt hatte, sich über die Begrünung Gedanken zu machen. Immerhin war Petra im November gestorben, kurz bevor der erste Frost ins Allgäu kam und eine Bepflanzung unmöglich machte. In ein paar Wochen würde er sich darum kümmern. Oder besser, er würde einen Gärtnerdienst beauftragen. Die hatten mehr Erfahrung als er und würden das Grab mit Sicherheit professioneller bepflanzen und pflegen.
Nachdem er die alten Blumen entsorgt hatte, verließ er den Friedhof wie jeden Sonntagnachmittag über den kleinen Weg durch die schön angelegte Teichlandschaft zum Nebenausgang, wo er sein Auto geparkt hatte.
Als er die Hand in seine Manteltasche schob, nach seinem Autoschlüssel suchte und ihn schließlich herauszog, fiel ein kleiner Zettel zu Boden, wurde vom Wind erfasst und ein paar Meter über den matschigen Sandweg geweht, bis der winzige Papierschnipsel in einer Pfütze liegenblieb. Einen kurzen Moment überlegte er, ihn einfach liegen zu lassen, doch als die Schmerzen und dieses verdammte Engegefühl in seinem Brustkorb ganz plötzlich zurückkamen und eine erneute Panikattacke ankündigten, bückte er sich doch