Tödliche Klamm. Mia C. Brunner

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Tödliche Klamm - Mia C. Brunner

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Mann. Konnte nicht rechtzeitig bremsen.«

      Die vier mussten beinahe eine halbe Stunde gehen, bis sie den vermeintlichen Unfallort erreichten. Dort trafen sie auf das Team der österreichischen Bergrettung aus dem Kleinwalsertal, das zuerst gerufen worden war. Doch die Unglücksstelle lag auf deutschem Boden, sodass die Zuständigkeit den deutschen Kriminalbeamten oblag.

      Direkt vor ihnen klaffte ein großes Loch. Ein gewaltiger Erdrutsch hatte mindestens zwei Meter des Weges mitgerissen, auf dem sie standen, und Schutt, Felsbrocken und Erde in die weiter unten liegende Breitach gespült. Vom Fluss selbst war von hier oben nichts zu sehen, denn es war jetzt am späten Nachmittag bereits so dunkel, dass Florian kaum mehr als die Umrisse seiner Kollegen erkennen konnte. Doch das Rauschen des Wassers dröhnte laut und klang bedrohlich. Einen Sturz aus dieser Höhe in den reißenden Fluss würde man wohl nur schwerverletzt überleben.

      Wenn man viel Glück hatte.

      »Waren Sie schon unten?«, fragte der Hauptkommissar den Bergretter auf der anderen Seite der breiten Grube zwischen ihnen und leuchtete gleichzeitig mit seiner Taschenlampe suchend über die entstandene Schutthalde.

      »Die Leiche liegt weiter unten. Ich war schon dort«, gab der junge Mann Auskunft. »Wenn Sie runter wollen, muss ich Sie abseilen, anders ist es unmöglich.«

      Jetzt sah Florian die Seile, die weiter oben an einem Baum befestigt und mit allerlei Karabinerhaken und Knoten gesichert waren. »Na, dann wollen wir mal.« Der Hauptkommissar seufzte. »Ich gehe zuerst. Ewe, du kommst nach. Die anderen beiden bleiben hier oben«, befahl er, fing das Gurtsystem auf, das der Bergretter ihm zuwarf, und ließ sich schließlich beim Abstieg helfen, ohne zu wissen, was ihn dort unten erwarten würde.

      Der Scheinwerfer war über und über mit Dreck überzogen. Das Gerät war genau wie er beim Herunterlassen durch braunen Schlamm gerutscht und an Felsen geschlagen. Sollte er jemals wieder diese schleimige Soße von seinem Körper und seinen Klamotten bekommen, würden die unzähligen blauen Flecken sichtbar werden, die er an Armen und Beinen hatte. Sich in dieser Dunkelheit einen felsigen und nassen Abgrund abseilen zu lassen, war keine gute Idee gewesen, leider aber eine Notwendigkeit. Mit dem Ärmel seiner verschmutzten Jacke wischte er die matschige Dreckschicht vom Scheinwerfer und endlich wurde es etwas heller hier unten.

      »Obacht«, hörte er Ewes Stimme weiter oben brüllen, gefolgt von einem polternden Geräusch, das stetig lauter wurde und auf ihn zuzukommen schien. Geistesgegenwärtig sprang Hauptkommissar Forster zurück, trat dabei ungeschickt auf einen glitschigen Stein, rutschte aus und landete schmerzhaft auf seinem Hinterteil. Der schwere Metallkoffer des Gerichtsmediziners, der sich verselbständigt hatte, krachte im gleichen Augenblick gegen eine Felswand neben ihm und blieb dort liegen. Das Teil hätte ihn nicht nur von den Füßen gerissen, sondern ihm vermutlich beide Schienbeine gebrochen.

      »Das ist heute schon der zweite Anschlag auf mein Leben«, brüllte Florian seinem Freund Ewe entgegen, um den tosenden Lärm der Breitach hinter ihm zu übertönen.

      »Tut mir echt leid«, schrie der Gerichtsmediziner. »Hast du die Leiche schon gefunden?« Er glitt den letzten Felsvorsprung hinunter, stand schließlich direkt neben Florian und löste den Karabiner an seinen Gurten. »Die Österreicher meinen, sie liegt etwas weiter flussabwärts.«

      Den Anblick hätte er sich gern erspart. Das, was sie schließlich fanden, das, was der Wanderer als Leiche erkannt haben will, sah alles andere als menschlich aus. Florian hatte eine Person erwartet, die tragischerweise beim unerlaubten Klettern abgerutscht war und seit zwei oder drei Tagen unentdeckt in einer Felsspalte lag. Das, was sie fanden, war zuerst nur ein Schädel. Ein menschlicher Schädel ohne Nase, ohne Augen. Eine Gesichtshälfte war zerfetzt und von teils ledriger, teils schleimiger Haut bedeckt. Die andere Hälfte war blanker Knochen. Etwa einen Meter entfernt lag der Torso, ebenfalls nahezu vollständig skelettiert und fast gänzlich zerstört. Nur wenige der zahlreichen Knochen waren nicht gebrochen und zersplittert. Das rechte Bein fehlte komplett.

      »Wer hat den Kerl bloß so zugerichtet? Das ist ja grauenvoll«, stöhnte der Hauptkommissar und musste sich abwenden. »Wie lange liegt der wohl schon hier?«

      »Höchstens ein paar Stunden«, erklärte Ewe. Der Lichtstrahl seiner Taschenlampe glitt über die zertrümmerten Knochen. An einigen größeren Brüchen hielt der Gerichtsmediziner inne und sah sie sich genauer an.

      »Ein paar Stunden? Willst du mich verarschen? Der ist doch bereits total verrottet«, rief Florian angewidert und wies jetzt wieder auf den Schädel. »Keine Haut mehr dran, außer das bisschen im Gesicht.«

      »Na ja, das stimmt ja jetzt nicht«, brüllte Ewe und versuchte das Grollen des rauschenden Flusses zu übertönen. »Hautfetzen, Sehnen und Muskelstränge liegen hier doch überall zwischen den Knochen. Wird eine Scheißarbeit, alles einzusammeln. Das werden wir erst morgen bei Tageslicht machen können.«

      »Ja, gut«, würgte Florian, der froh war, dass er diese beschriebenen Hautfetzen und Sehnen nicht sehen konnte. Aber die Vorstellung reichte bereits, in ihm Übelkeit und Abscheu hervorzurufen, und er trat vorsorglich ein paar Schritte zurück. Nicht, dass er unwissend womöglich noch auf irgendwelchen Leichenteilen stand. Hier allerdings war er dem reißenden Fluss so nahe, dass aufspritzendes Wasser, das unaufhörlich mit großer Geschwindigkeit gegen einen Fels schlug, ihm in wenigen Sekunden die Kleidung durchnässte. Er wischte sich die unzähligen Wassertropfen aus dem Gesicht und suchte sich eine trockenere Position.

      »Und wie viele Stunden, schätzt du, ist der Kerl tot?«

      »Stunden? Der Tod trat vor vielen Monaten oder sogar Jahren ein. Ich muss das alles erst genau untersuchen, bis ich es präzise sagen kann«, erklärte Ewe und blickte etwas verwirrt zu Florian auf. »Wie kommst du denn bei diesem Anblick darauf, dass die Person erst ein paar Stunden tot ist?«

      »Das hast du mir doch gerade gesagt, du Idiot«, polterte Forster wütend. »Du hast gesagt, der Mann liegt erst ein paar Stunden hier unten.«

      »Das stimmt ja auch«, nickte Ewe und Florian konnte sein breites Grinsen im Licht des Scheinwerfers sehen. »Aber von einem Mann habe ich nicht geredet. Das hier«, er deutete auf die Knochen vor sich, »ist eine Frau. Das erkennt man deutlich unter anderem an den Beckenknochen. Erwachsen, aber das Alter möchte ich hier im Dunkeln nicht schätzen.«

      »Boah, Mann. Willst du mich heute mal richtig wütend machen, oder was?« Florian war kurz davor, auf seinen Freund loszugehen, ihn am Kragen zu packen und vom Boden hochzureißen. Vielleicht würde er ihm dann auch gleich eine Kopfnuss verpassen. Jedenfalls fehlte dazu nicht mehr viel und nur der Gedanke an die herumliegenden Leichenteile hielt ihn von diesem Vorhaben ab.

      »Die Brüche sind alle ganz frisch, soweit ich das erkennen kann. Ich vermute also, die Leiche hat bereits seit geraumer Zeit weiter oben gelegen. Vermutlich sogar vergraben.«

      Der Lichtkegel der Taschenlampe leuchtete kurz nach oben.

      »Der Erdrutsch muss den Torso mitgerissen haben. Durch den Sturz sind die Knochen gebrochen und jetzt liegt die skelettierte Leiche hier unten seit ein paar Stunden«, betonte Ewe und brach in schallendes Gelächter aus.

      4

      Die stickige Heizungsluft in seinem Büro im ersten Stock des Präsidiums bekam ihm gar nicht. Wenn er den ganzen Tag nicht an die frische Luft konnte, bekam er spätestens zu Mittag Kopfschmerzen. Das Problem an den alten Heizkörpern hier im Gebäude war, dass sie entweder gar nicht funktionierten oder sich nicht regulieren ließen und permanent heiße Luft produzierten. Sein Büro hatte inzwischen bereits 25 Grad. Florian stützte seine Ellenbogen auf dem

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