Mühlviertler Grab. Eva Reichl

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Mühlviertler Grab - Eva Reichl

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treffen uns nachher im Gasthaus im Ort. Ich hab da eines gesehen, als ich hergefahren bin. Liegt direkt an der Straße«, sagte Stern, der selber wusste, dass er im Begriff war, unleidig zu werden. Hunger brachte diese Eigenschaft bei ihm zum Vorschein. Er hielt nach Grünbrecht Ausschau, und als er sie bei Mirscher entdeckte, deutete er ihr, dass sie mit ihm mitkommen solle. Das war auch so eine Sache, die seine Laune regelmäßig in den Keller sinken ließ. Mirscher und Grünbrecht hatten vor zu heiraten, und Bormann, der Dienststellenleiter, lag ihm seit Wochen in den Ohren, dass er die Angelegenheit regeln solle, was bedeutete, dass einer von den beiden die Abteilung verlassen musste. Doch Stern wollte sich nicht für oder gegen einen aus seinem Team entscheiden. Er wollte, dass alles blieb wie es war. Denn so war es gut. Alles lief, wie es laufen sollte.

      Wenn er sich für Grünbrecht entschied, dauerte es bestimmt nicht lange, bis sie ein Kind bekam. Dann würde er auch sie verlieren, zumindest für eine gewisse Zeit, die allerdings lange genug war, dass er sich derweilen in den Ruhestand verabschiedete. Das passte nicht zu seinen Plänen, da er sie eigentlich als seine Nachfolgerin vorschlagen wollte. Mara Grünbrecht war die geborene Ermittlerin, hatte ein Gespür für Menschen und einen todsicheren Riecher, was die Motive der Täter anbelangte. Sie war die perfekte Ergänzung zu ihm. Er war der reife, auf Fakten getrimmte Kriminalbeamte und sie eine junge Inspektorin, die auch Bauchgefühle zuließ. Außerdem wäre sie in der Lage, Mirscher und Kolanski eine gute Vorgesetzte zu sein. Wahrscheinlich besser, als er es jemals gewesen war. Und wenn er sich für Mirscher entschied, brauchte er sich zwar über eine lange Babypause keine Gedanken zu machen, so wie er die beiden einschätzte, dennoch war der Kollege nicht so mit dem Herzen ein Ermittler wie Grünbrecht, auch wenn er ein guter Polizist war. Grünbrecht ging mit einer Leidenschaft an die Sache ran, die Mirscher fehlte. Außerdem …

      »Wohin fahren wir?«, unterbrach Grünbrecht seine Gedanken.

      »Zur Witwe nach Brunngassen in St. Oswald«, antwortete Stern und vertagte die längst überfällige Entscheidung, wer denn nun in eine andere Abteilung wechseln sollte, zum wiederholten Mal auf später.

      »Ich hab die Adresse«, sagte Grünbrecht und hielt ihr Handy hoch.

      »Natürlich haben Sie die«, antwortete Stern nicht überrascht. Er wusste, wie zuverlässig seine Kollegin war. Erneut schmerzte es ihn, sie vielleicht gehen lassen zu müssen.

      Schweigend fuhren sie nach Brunngassen zu Silvia Koch, um ihr vom Tod ihres Mannes zu berichten. Das Überbringen von Todesnachrichten war etwas, an das sich Stern nie hatte gewöhnen können und auf das er sich geistig vorbereiten musste. Als sie vor dem schmucken Einfamilienhaus anhielten, fiel ihnen vor der Tür ein Kinderwagen auf. Stern erinnerte sich, dass Grünbrecht gesagt hatte, dass die Kochs ein Kind hatten.

      »Ich hasse diesen Teil unseres Jobs«, sprach Grünbrecht aus, was Stern dachte.

      »Bringen wir es hinter uns«, sagte er und stieg aus dem Wagen.

      Das Haus der Kochs lag am Rande von Brunngassen mit Blick auf den nahegelegenen 18-Loch-Golfplatz, der an diesem Tag, dank des schönen Wetters, gut besucht war, vorwiegend von Rentnern. Wenn Stern erst einmal im Ruhestand war, würde er sich ebenso eine Beschäftigung suchen müssen, überlegte er. So eine gemütliche Wanderung über einen Golfplatz, und hie und da einen Ball in ein Loch katapultieren, wäre vielleicht das Richtige. Doch jetzt galt es, eine Frau über den Tod ihres Mannes zu informieren. Er zog die Hose hoch und schritt vor Grünbrecht die Einfahrt her zu dem Haus der Kochs. Dort angekommen warf er einen Blick in den Kinderwagen, ein Kleinkind schlummerte darin. Die Haustür stand halb offen. Es hatte den Anschein, als wären Mutter und Kind eben von einem Spaziergang zurückgekehrt.

      »Na toll«, seufzte Grünbrecht, der es offensichtlich besonders naheging, einer jungen Mutter sagen zu müssen, dass sie Witwe war. Stern überlegte, ob das etwas damit zu tun hatte, dass sie vielleicht selber schwanger war, verscheuchte diesen Gedanken jedoch sofort. Noch gab es keine Anzeichen dafür.

      Der Chefinspektor spähte durch den Türspalt und drückte auf die Türglocke. Eine helle Tonabfolge ertönte. Im Inneren des Hauses waren Geräusche zu hören, jemand näherte sich der Tür. Als diese zur Gänze geöffnet wurde, stand eine Frau um die 30 vor den Kriminalbeamten, die langen blonden Haare zu einem lockeren Zopf zusammengebunden und auf ihrem Shirt Reste von Nahrung. Anscheinend hatte sie nach der Fütterung des Kindes bislang keine Zeit gefunden, sich umzuziehen. Sie wirkte gestresst. Wahrscheinlich nutzte sie die wenigen Stunden, in der das Kind schlief, um ein paar Dinge im Haushalt zu erledigen.

      »Frau Silvia Koch?«, fragte Stern, damit er Gewissheit hatte, nicht einer falschen Person die Todesnachricht zu überbringen.

      »Ja?« Die Frau warf einen Blick in den Kinderwagen, und als sie feststellte, dass das Kind weiterhin seelenruhig schlief, wanderten ihre Augen zurück zu den fremden Leuten vor ihrer Haustür.

      »Chefinspektor Oskar Stern, das ist meine Kollegin Gruppeninspektorin Mara Grünbrecht. Wir sind vom Landeskriminalamt Oberösterreich und müssen Ihnen leider eine traurige Mitteilung machen. Ihr Mann wurde heute Morgen tot aufgefunden«, sagte Stern und beobachtete die Frau genau, damit er jede ihrer Regungen registrierte.

      »Oliver? Das kann nicht sein.« Die Ehefrau des Opfers blickte die Inspektoren ungläubig an.

      »Es tut uns sehr leid, Frau Koch«, sagte Grünbrecht. »Wir haben Ihren Mann tot aufgefunden.«

      »Sind Sie sicher, dass es Oliver ist?« Die Unterlippe der Frau zitterte, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ihr Verstand schien sich zu weigern, den Tod ihres Mannes auch nur in Erwägung zu ziehen.

      »Wir sind sicher«, bestätigte Stern.

      »Nein!« Die Frau sank zu Boden und hielt sich wie eine Ertrinkende am Türstock fest. Sie weinte, schrie, bis nur noch seltsame Geräusche ihrer Kehle entschlüpften. Von Grünbrecht ließ sie sich hochziehen und ins Wohnzimmer führen. Die Gruppeninspektorin geleitete sie zur Couch, wo die Witwe niedersank und sich wie ein verletztes Tier wand.

      »Wir brauchen einen Arzt! Der soll ihr ein Beruhigungsmittel geben«, bemerkte Grünbrecht. Stern griff umgehend zu seinem Mobiltelefon und wählte den Notruf.

      »Ich sehe nach dem Kind«, sagte er, als er das Gespräch beendet hatte und sie auf das Eintreffen des Mediziners warten mussten. Indessen brachte Grünbrecht in Erfahrung, wer sich um die Familie kümmern konnte, und rief die Schwester von Silvia Koch an. Die versprach, umgehend herzukommen.

      Eine halbe Stunde später standen die Kriminalbeamten erneut vor dem Haus in Brunngassen, herausgefunden hatten sie jedoch nichts. Der Arzt und das Kriseninterventionsteam umsorgten die junge Witwe, die Tante das mittlerweile wache Kind.

      »Ich schlage vor, wir kommen später noch mal. Lassen wir der Frau ein wenig Zeit, diesen schweren Schlag zu verkraften. In ihrem Zustand bekommen wir ohnehin nicht viel aus ihr heraus. Ich frage mich aber, warum sie ihren Mann nicht als vermisst gemeldet hat? Schließlich hat er die Nacht nicht zu Hause verbracht«, spekulierte Stern.

      »Dafür kann es mehrere Gründe geben«, warf Grünbrecht ein. »Vielleicht ist sie mit dem Baby überfordert und hat nicht einmal gewusst, ob ihr Mann zu Hause gewesen ist oder nicht. Viele Paare schlafen, wenn sie kleine Kinder haben, in getrennten Zimmern.«

      »Ach ja?« Stern war hellhörig geworden. Hatte er eben so etwas Ähnliches herausgehört, wie dass Grünbrecht doch keine Kinder haben wollte?

      »So etwas gibt es, klar«, bekräftigte Grünbrecht.

      »Soll das heißen, dass Sie …?« Stern stammelte umständlich

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