Mühlviertler Rache. Eva Reichl

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Mühlviertler Rache - Eva Reichl

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Gerichtsmediziner kniete neben den menschlichen Überresten, beugte sich über sie und sagte, ohne aufzublicken: »Auch schon da?«

      »Was haben wir?«, fragte Stern, ohne auf Webers Neckerei einzugehen.

      »Nicht viel, nur den Torso und einen Teil der Gliedmaßen. Kopf, Hände und Füße fehlen«, antwortete Grünbrecht. Stern folgte ihrem Fingerzeig die Gleise entlang. Eine Blutspur zog sich von jener Stelle, an der die kopflose, an Armen und Beinen an den Schienen mit Seilen festgebundene Leiche lag, mehrere Meter weit den Bahndamm entlang. Dann verlor sich das Blut, wurde weniger. Wahrscheinlich hingen die übrigen Leichenteile irgendwo unten am Zug fest, der hundert Meter weiter vorn zum Stillstand gekommen war. Oder sie lagen in den Büschen, die seitwärts des Bahndammes wucherten.

      »So wird es schwer, das Opfer zu identifizieren. Und einen Aufruf mit Foto können wir vergessen.« Weber blickte auf und überprüfte, ob alle mitbekommen hatten, was er mit dem Foto hatte ausdrücken wollen, gluckste und redete weiter. »Wir haben keine Fingerabdrücke. Das Opfer hatte ebenso keinen Ausweis eingesteckt. Wenn wir Glück haben, ist seine DNA in unserer Datenbank. Sonst sehe ich schwarz für unseren Kopflosen.«

      »Vielleicht hat er ein anderes Merkmal, aufgrund dessen wir ihn identifizieren können«, warf Grünbrecht ein. »Ein auffälliges Muttermal zum Beispiel. Eine Tätowierung oder eine charakteristische Narbe.«

      »Das wissen wir erst, wenn ich ihn auf dem Tisch hab. Hier ziehe ich ihn gewiss nicht aus. Sonst glaubt der Stern noch, in meinem Kopf ist ein IC entgleist.« Weber lachte abermals. Dann untersuchte er den Torso auf augenscheinliche andere Wunden, die nicht vom Überrollen des Zuges stammen konnten.

      »Wo sind die Passagiere?«, fragte Stern knapp. Neben Webers schrägem Humor würde ihm noch fehlen, dass eine Horde hysterischer Zuggäste über den Tatort herfiel und alle Spuren niedertrampelte.

      »Die ÖBB hat sie mit einem Bus abgeholt. Waren eh nicht mehr viele«, erklärte Grünbrecht ihm.

      Stern begutachtete die Leiche genauer. Aufgrund des vielen Blutes wusste er auch ohne Webers Analyse, dass das Opfer durch das Überrollen des Zuges ums Leben gekommen war und nicht vorher das Zeitliche gesegnet hatte. Der Täter hatte es demnach psychisch leiden lassen wollen, es wahrscheinlich bis zum Schluss in dem Glauben gelassen, dass es möglicherweise eine Chance gab, nicht an diesem Ort zu sterben. Ob der Täter dabei zugesehen hatte, wie der Zug den Mann schlussendlich in Stücke gerissen hatte, konnte Stern nicht sagen. Die Wahrscheinlichkeit war aber hoch. Jemand, der sein Opfer so leiden ließ, wollte sehen, wie es starb.

      »Was kannst du mir bisher sagen, Weber?«, wandte sich Stern an den Gerichtsmediziner.

      »Dass ich vor dir am Tatort gewesen bin«, grunzte der.

      »Ich meine etwas, das von Bedeutung ist«, antwortete Stern gespielt gelassen, obwohl es ihn natürlich ärgerte, dass Weber vor ihm eingetroffen war.

      »Die Leiche ist männlich, wahrscheinlich so zwischen 30 und 50 Jahre alt. Der Tod ist, unmittelbar nachdem ihn der Zug überfahren hat, eingetreten. Kopf, Hände und Füße wurden abgetrennt und fehlen. Es ist unwahrscheinlich, dass sie von Tieren gefressen oder davongetragen wurden, dafür hat die Zeit nicht gereicht. Außerdem gibt es im Mühlviertel keine so großen Raubtiere.«

      »Doch, mittlerweile schon«, warf Grünbrecht ein.

      »Ein Rudel Wölfe streift durch die Mühlviertler Wälder oben in Liebenau«, wusste auch Weber. »Aber bis hierher sind sie noch nie gekommen. Es ist viel wahrscheinlicher, dass die Gliedmaßen irgendwo in der Nähe herumliegen. Durch die Wucht der Durchtrennung könnten sie durch die Luft geschleudert worden und im Gebüsch gelandet sein. Kein schöner Tod, wenn ihr mich fragt, auch wenn er sofort eingetreten ist«, beendetet Weber seine Kurzanalyse.

      »Ja, grauenvoll, wenn man darauf wartet, dass ein Zug kommt und einen erledigt«, resümierte Stern und blickte die Gleise entlang, die nach hundert Metern in einer Kurve zwischen Sträuchern und Bäumen verschwanden. In der anderen Richtung sah er ein gutes Stück entfernt die Brücke, von der er und Tobias zuvor hinabgesehen hatten. Der Tatort war klug gewählt. Durch den Wald war man entlang des Bahndammes vor neugierigen Blicken geschützt, und die Brücke war zu weit weg, als dass man von dort etwas hätte genau erkennen können. »Wann ist er gestorben?«

      »Der Todeszeitpunkt ist der Zugfahrplan«, meinte Weber und streifte seine Handschuhe ab. »Genauer kann ich es dir nicht sagen.«

      »In welchen Abständen fahren hier Züge?«, wollte Stern wissen.

      »Bin ich die Fahrplanauskunft?«, witzelte Weber und stand auf. Er packte seine Sachen in die Tasche, ließ sie zuschnappen und machte sich zum Gehen bereit. »Wenn du mit ihm fertig bist, schick ihn mir bitte in die Gerichtsmedizin – aber mit der Bahn!« Weber grunzte wieder.

      Stern, der Webers Humor nur selten teilte, erwiderte: »Einen Fahrschein wird der ja wohl nicht mehr brauchen.« Dass der Gerichtsmediziner jedes Mal an einem Tatort so gute Laune versprühte, nervte ihn.

      Doch Weber lachte aufgrund Sterns vermeintlichen Scherzes nur noch lauter und verließ pfeifend den Tatort. Stern sah ihm kopfschüttelnd hinterher. Danach wandte er sich wieder der Leiche zu. Die Kollegen der Spurensicherung durchkämmten indessen Zug und Bahndamm auf der Suche nach den fehlenden Körperteilen.

      »Vielleicht hat der Täter Kopf und Hände mitgenommen, damit wir das Opfer nicht identifizieren können«, spekulierte er laut.

      »Kein Kopf, keine Identifizierung durch Angehörige. Keine Hände, keine Fingerabdrücke und keine Identifizierung durch unsere Datenbank«, fasste Gruppeninspektorin Mara Grünbrecht zusammen.

      »Wer packt denn einen blutigen Kopf ein?«, fragte indessen Gruppeninspektor Hermann Kolanski angewidert. »Und schleppt ihn, vielleicht sogar in einem Plastiksackerl vom Supermarkt um die Ecke, durch die Gegend?«

      »Jeder könnte das tun«, brummte Stern.

      »Die Züge fahren auf dieser Strecke in Abständen von etwa 30 Minuten. So lange hatte der Täter Zeit, das Opfer an den Gleisen festzubinden. Wahrscheinlich hat er es vorher betäubt oder bewusstlos geschlagen.« Grünbrecht deutete mit den Armen einen Hieb gegen den Kopf ihres Kollegen an.

      »Sonst hätte sich das Opfer gewehrt, und es hätte wohl länger gedauert, es hier festzubinden«, ergänzte Kolanski Grünbrechts Ausführungen zum Tathergang.

      »Als das geschafft war, hat der Täter nur noch darauf warten müssen, bis der Zug den Rest erledigt.« Grünbrecht stützte die Hände in die Hüften und betrachtete das Blutbad zu ihren Füßen.

      »Zum Denken blieb dem Täter genügend Zeit. Er hat nicht im Affekt gehandelt, sondern wohlüberlegt und geplant. Schließlich hat er auch das Seil mit hierherbringen müssen«, schlussfolgerte Stern.

      »Ein Täter, der einem Menschen so etwas antut, scheut nicht davor zurück, den Kopf als Trophäe mitzunehmen. Vielleicht montiert er ihn zu Hause auf eine Holzplatte, wie das die Jäger mit den Schädeln von Rehen so machen«, sagte Kolanski und erntete dafür sowohl von Grünbrecht als auch von Stern einen entsetzten Blick. »Ihr werdet schon sehen. Es gibt nichts, was es nicht gibt!«

      »Welche Botschaft will der Täter uns damit vermitteln?«, überlegte Stern laut.

      »Dass er gestört ist«, antwortete Gruppeninspektor Edwin Mirscher, der mit einer Plastiktüte in der Hand aus der Richtung des abgestellten Zuges kam und diese hochhielt.

      »Was

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