Tochter der Inquisition. Peter Orontes

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Tochter der Inquisition - Peter Orontes

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mal einer an«, murmelte Falk und ging in die Hocke.

      »Ich nehme an, dass sich die Türe öffnen lässt«, stellte er schließlich fest und erhob sich. »Man müsste es sich genauer ansehen. Aber nicht jetzt. Es sind zu viele Leute da. Man könnte uns bemerken und Verdacht schöpfen.« Er sah sich um. Nach wie vor war der Hof von geschäftigem Treiben erfüllt, allerdings konzentrierte es sich mehr auf die Mitte des riesigen Areals und auf den Bereich um die Einfahrt herum.

      Gleich darauf bemerkte Christine jenen nachdenklich entrückten Blick an Falk, den sie bereits zur Genüge kannte.

      Sie erriet seine Gedanken.

      »Heute Nacht, nicht wahr?«, fragte sie, während ein unternehmungshungriges Funkeln in ihre Augen trat.

      Falk nickte.

      »Ja, hoffen wir, dass sie wieder auftaucht.«

      »Was tun wir dann?«, fragte Christine.

      »Ganz einfach. Wir werden versuchen, sie zu stellen.«

      Kapitel 7

      Samstag, 01. August 1388

      Ihre Hoffnung erfüllte sich nicht. Obwohl sie abwechselnd neben dem Fenster Stellung bezogen und den Hof durchgehend im Auge behielten, verging die Nacht diesmal ohne das geringste nennenswerte Ereignis.

      Um die zweite Tagesstunde trafen sie sich mit dem Ternberger zum Frühmahl.

      »Sofias Freundin – wohnt sie weit weg von hier?«, fragte Christine beiläufig und strich einen Löffel Mus auf ihre Weißbrotscheibe.

      »Marie Seimer? Nein. Der Seimerhof liegt etwa eine Reitstunde entfernt von hier bei Wolfern.«

      »Wie lange ist sie schon bei Marie?«, bohrte Christine weiter und biss herzhaft in ihr Brot.

      »Heute wird es genau eine Woche.«

      »Ich glaubte, sie gestern Abend von Weitem kurz gesehen zu haben. Aber da muss ich mich wohl getäuscht haben«, sagte Christine und sah Wernher mit dem bezauberndsten Lächeln an, das sie kauenderweise bieten konnte.

      Der Ternberger lächelte breit zurück, in seiner Miene lag nicht der leiseste Argwohn. »Da habt Ihr Euch in der Tat getäuscht. Aber Ihr werdet sie bestimmt bald begrüßen können.«

      »Ihr sprecht von einem Gehöft. Maries Vater ist also Bauer?«, verge­wisserte sich Falk. Dass Sofia die Tochter eines einfachen Bauern ihre Freundin nannte, verwun­derte ihn.

      »Ja, Peter Seimer bewirtschaftet einen der größten Höfe weit und breit; ein fähiger Mann; der Cellerar des Stiftes zu Garsten ist voll des Lobes über ihn.«

      »Der Hof gehört also zum Besitz des Klosters?«

      »Ja. Seimer ist Grundhold des Klosters.«

      Falk überlegte. Eine Reitstunde. Ob zu Pferd oder zu Fuß, ob mit oder ohne Wissen von irgendjemandem aus dem Haushalt des Ternbergers – es lag also durchaus im Bereich des Mögli­chen, dass Sofia zwischen­durch schnell einmal nach Hause zurückkehrte, um dann ebenso schnell wieder zu verschwinden. Allerdings war davon auszugehen, dass Wernher selbst nicht im Geringsten daran zweifelte, dass sich seine Tochter die ganze Zeit über bei ihrer Freundin aufhielt. Von ihrer obskuren nächtlichen Heimkehr hatte er mit Sicherheit keine Ahnung; seine Reaktion auf Christines Bemerkung wäre sonst anders ausgefallen. Noch bevor sie sich mit Wernher zum Frühmahl getroffen hatten, waren sie übereinge­kommen, ihm diesen Umstand vorerst auch nicht zu offenbaren. Was aber war es, das eine junge Frau wie Sofia mit der Tochter eines einfachen Bauern freund­­schaftlich verband? Zumal der Standesunter­schied zwischen ihnen nicht gerade unbedeutend war?

      »Ich sehe schon, Ihr fragt Euch, wie es um die Freund­schaft Sofias zu Marie bestellt ist, nicht wahr?«, fasste Wernher die unausgesprochene Frage Falks in Worte.

      »Ihr versteht es, in Gesichtern zu lesen«, gab Falk lächelnd zu.

      »Nun, diese Freundschaft besteht noch nicht sehr lange. Vielleicht seit fünf oder sechs Monaten. Ich kenne Peter Seimer schon seit vielen Jahren, allerdings nur so, wie man jemanden kennt, mit dem man hin und wieder das eine oder andere Geschäft tätigt. Außer dass der Mann seine Felder und Wiesen in Schuss hat, verfügt er über ein bemerkenswertes Geschick im Schnitzen hölzerner Figuren – darin ist er ein wahrer Meister. In den vergangenen Jahren habe ich ihn des Öfteren beauftragt, das eine oder andere Schnitzwerk für mich zu fertigen. Die hölzernen Vögel, die ihr dort auf der Anrichte stehen seht, sind von ihm.«

      Falk und Christine blickten zu der Anrichte hinüber und fanden die Ansicht des Ternbergers bestätigt. Die Holzvögel wirkten überraschend echt und lebendig.

      »Sofias Freundschaft zu seiner Tochter rührt also von Eurer geschäftlichen Beziehung zu ihm her?«, fragte Christine.

      Wernher wiegte das Haupt hin und her. »Wie man’s nimmt. Eigentlich hatte Klara den Kontakt zu ihm und seiner Familie aufgebaut. Das war, … lasst mich überlegen, … vor etwas über einem Jahr. Auch ihr gefielen die Schnitzereien ausnehmend gut. Sie selbst hatte, wie Ihr ja wisst, ebenfalls eine Schwäche für schöne Dinge und besaß einiges an handwerklichem Geschick. Irgendwann kam sie auf die Idee, sich von Seimer in der Kunst des Schnitzens regelmäßig unterweisen zu lassen. Auch Sofia begeisterte sich dafür. Dabei lernte sie auch Seimers Tochter Marie kennen. Sie soll übrigens die Fertigkeit ihres Vaters geerbt haben und vermag ebenfalls das eine oder andere gute Stück herzustellen, wie mir berichtet wurde.«

      Falk nickte nachdenklich. Eigentlich waren die Ausführungen des Ternbergers ein­leuch­tend und bedurften keiner weiteren Erklärung.

      Doch es gab den rätselhaften Mord an Klara.

      Und es gab Sofia, ihre Tochter, die – obwohl angeblich bei Marie Seimer zu Besuch – des Nachts in aller Heimlich­keit auf dem stief­väterlichen Anwesen aufgetaucht war, um ebenso heimlich wieder zu verschwinden.

      »Hmm«, räusperte sich Christine.

      Falk sah auf. Sein Blick kreuzte sich mit dem Christines. Sie schürzte die Lippen und nickte fast unmerklich mit dem Kopf.

      »Sagt, Wernher, glaubt Ihr, Peter Seimer würde auch für mich ein solches Vogelpaar schnitzen?«, wandte sie sich an den Ternberger und deutete zur Anrichte hinüber.

      »Aber natürlich. Ich werde ihm Euren Wunsch aus­richten lassen.«

      »Nicht nötig. Ich würde gern selbst bei ihm vorbei­schauen. Auf seinem Hof gibt es bestimmt eine ganze Menge weiterer Schnitzwerke zu sehen. Vielleicht sogar etwas, das mir noch besser gefällt als diese Vögel.«

      Falk lächelte ihr anerkennend zu. Ohne ein Wort miteinander zu wechseln, hatten sie wieder einmal denselben Gedanken gehabt.

      Kapitel 8

      Dienstag, 04. August 1388

      Marthe Kranichs Welt war der Wald.

      Hier war sie vor über zwanzig Jahren als Tochter eines Köhlers geboren worden, hier hatte sie ihre Kindheit verbracht, und hier war sie, während sie zur Jungfrau heranreifte, von ihrer Mutter in das geheimnisvolle Wissen um die Wirkung von Kräutern, Beeren, Pilzen und Flechten eingeweiht worden.

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