Tochter der Inquisition. Peter Orontes

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Tochter der Inquisition - Peter Orontes

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die Möglichkeit, die Täterschaft jemandem zuzuwei­sen, dessen Identität nie würde festgestellt werden können. Es gab genug landess­chädliches Geschmeiß, das die Stra­ßen und Wege unsicher machte, und so mancher, der tot am Wegrand lag, hatte sein Dahinscheiden diesem Lumpen­pack zu verdanken. Warum also sollte es im Falle der Ternbergerin und des Bürgels anders gewesen sein, waren beide doch schließlich außerhalb der Stadt tot aufgefunden worden.

      Stadtrichter Panhalm, im Inneren noch immer voller Wut über die Anspielung des Ternbergers, versuchte, nach außen weiterhin jovial und zuvorkommend zu wirken.

      »Ihr wisst, Herr von Ternberg, dass ich immer mein Bestes getan habe für das Wohl der Stadt. Was Euch angeht, Herr von Falkenstein«, der Stadtrichter mühte sich, Falk freundlich zuzunicken, »selbstverständlich dürft Ihr mit meiner vollen Unterstützung rechnen.«

      Wernher wandte sich an den Burggrafen. »Ich gehe davon aus, dass Ihr Euch dem anschließt, Herr Graf. Auch wenn ich abwesend sein sollte, wohlgemerkt. Ihr wisst: Dringende Geschäfte führen mich in den nächsten Tagen nach Wien. Dort werde ich auch den Herzog treffen; er hat mich zur Jagd geladen.«

      Heinrich von Pogner nickte zustimmend. Er hatte verstanden. Nicht das leiseste Zucken in seiner Miene verriet, dass er den Ternberger in diesem Moment in die tiefsten Abgründe der Hölle wünschte.

      Wernher erhob sich. Die anderen folgten seinem Beispiel.

      »Nun denn, meine Herren, erlaubt, dass wir uns jetzt empfehlen«, verabschiedete sich der Ternberger und wandte sich zum Gehen.

      Falk deutete eine knappe Verbeugung an, die vom Grafen ebenso knapp erwidert wurde, während Georg von Panhalm devot zur Tür eilte, um seine Gäste zumindest der Form halber höflich zu entlassen.

      »Sollten wir uns vorher nicht mehr sehen – ich wünsche eine erfolgreiche Reise nach Wien, Herr von Ternberg«, sagte er und öffnete die Tür.

      Wernher bedankte sich mit einem kaum merklichen Nicken seines Hauptes. Gefolgt von Falk, wollte er gerade auf den Flur hinaustreten, als er auf der Schwelle plötzlich mit einem der Büttel, welche die Wache im Stadt­richter­haus innehatten, zusammenstieß. Der Mann entschul­digte sich tausend Mal, als er erkannte, wen er da gerade angerempelt hatte.

      »Tölpel, kannst du nicht aufpassen!«, rief von Panhalm erbost.

      »Verzeiht, Herr Stadtrichter, aber der Bucklige vom Teufelsturm wartet unten. Er habe eine Botschaft seines Herrn an Seine Gnaden, Herrn von Pogner.«

      Der Stadtrichter sah den Grafen fragend an. »Ihr habt es gehört; der Diener des Kreuzeckers will Euch eine Nachricht überbringen. Soll ich ihn vorlassen?«

      Heinrich von Pogner machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das hat Zeit. Ich will noch ein paar Worte mit Euch reden.«

      »Also, du hast es gehört. Sag dem Irren, er soll warten«, wandte sich der Stadtrichter missgelaunt an den Büttel. Einen Moment noch sah er dem Ternberger und Falk von Falkenstein hinterher, die inzwischen die nach unten führende Treppe erreicht hatten. Dann schloss er die Tür …

      »Er hat Euch ganz schön den Marsch geblasen, nicht wahr? Euer stadtrichterlicher Stuhl gerät gehörig ins Wackeln«, bemerkte der Burggraf mit süffisantem Grinsen. Er saß am Tisch, hatte die Beine breit von sich gestreckt und hielt lässig die Arme vor der Brust verschränkt.

      »Ich wüsste nicht, welchen Grund es für Euch gibt, anzunehmen, dass er nur mir den Marsch geblasen hätte. Diesmal sitzen wir im gleichen Boot, habt Ihr das ver­gessen?«, entgegnete der Stadtrichter giftig.

      »Schon, aber im Gegensatz zu mir steht Ihr in Gefahr, ins Wasser zu fallen. In erster Linie seid Ihr für die Jurisdiktion in der Stadt zuständig, nicht wahr? Darauf beruft Ihr Euch doch immer.«

      »Mag schon sein – andererseits: Ich denke, wenn der Ternberger mit dem Herzog zur Jagd ausreitet, dürfte er ihm gegenüber einige delikate Dinge zur Sprache bringen, was die Vernachlässigung Eurer landespflegerischen Pflicht angeht, meint Ihr nicht auch?«, entgegnete von Panhalm und sah sein Gegenüber mit spöttischem Blick an.

      Das süffisante Grinsen des Burggrafen wich einem nachdenklich lauernden Blick – um sich gleich darauf in ein Lächeln zu verwandeln, das versöhnlich wirken sollte.

      »Kommt, Panhalm, lasst uns nicht streiten. Ihr habt recht, wir sitzen im gleichen Boot. Und wir sind beide daran intere­ssiert, uns nicht von diesem dahergelaufenen Falkensteiner in die Suppe spucken zu lassen. Stellt Euch vor, der Mann findet tat­sächlich etwas heraus, was uns entgangen ist – Eure und meine Reputation wären endgültig beim Teufel.«

      »Wie wollt Ihr das verhindern? Indem Ihr ihm Steine in den Weg legt? Das würde Euch und mir schlecht bekommen. Der Ternberger ist zu mächtig geworden, als dass man sich seinem Willen widersetzen könnte.«

      »Dem Falkensteiner Steine in den Weg legen? Nein, fällt mir nicht ein. Im Gegenteil; er soll ruhig ermitteln. Wir werden mit ihm zusammen­arbeiten, und zwar eng. Und wisst Ihr, warum?« Der Graf beugte sich weit vor und sah den Stadtrichter über den Tisch hinweg mit einem verschwö­rerischen Blick an. »Um ihm über die Schulter zu sehen, versteht Ihr? So behalten wir die Kontrolle. Sollten seine Ermittlungen tatsächlich etwas ergeben, was … sagen wir … nicht unseren Vorstellungen entspricht, haben wir immer noch die Möglichkeit«, er zögerte kurz, »nun ja, entsprechend einzu­greifen.«

      Der Stadtrichter kaute auf seiner Unterlippe herum und maß den Burggrafen mit einem abschätzenden Blick.

      »Die Idee ist so schlecht nicht«, stimmte er schließlich zu. »Allein, sie erfordert, dass wir uns gegenseitig über alles infor­mieren, um uns abzustimmen.«

      Der Graf nickte. »Ihr sagt es. Das aber dürfte das geringste Problem sein – meint Ihr nicht auch?«

      Ein verständnisinniges Grinsen besiegelte die Verein­barung der beiden Obrigkeitsvertreter. Von der Feind­schaft, die zwischen ihnen bestand, war – zumindest in diesem Augenblick – nichts mehr zu spüren.

      Kapitel 6

      »Und du bist ganz sicher, dass sie es war?«, fragte Falk. Er stand zusammen mit Christine auf dem Hof neben der breiten Einfahrt, die sich zum Stadtplatz hin öffnete.

      »Es war Sofia! Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche«, bekräftigte Christine. »Komm, sehen wir uns die Stelle an, wo sie verschwand.«

      Gemächlich, um bei niemandem Argwohn zu wecken, schritten sie über den Hof. Ihr Ziel bildeten die Büsche, die wild an der zur Enns hin gelegenen Schutzmauer entlang wuchsen. Gemessen an dem emsigen Treiben, das an diesem Nachmittag den Platz erfüllte, konnte es um die Geschäfte des Ternbergers nicht schlecht bestellt sein. Wie immer tagsüber stapelten sich auch heute wieder Kisten, Säcke und Ballen auf dem Gelände, eilten Bedienstete, Händler und Fuhrleute umher, rollten Fuhrwerke durch die breite, von einem Torbogen überwölbte Durchfahrt, um entladen und beladen zu werden und den Platz unter großem Getöse wieder zu verlassen.

      »Hm, wie soll jemand von hier plötzlich verschwinden können, ohne zumindest ein Seil zu Hilfe zu nehmen?«, fragte Falk, als sie bei der Mauer angekommen waren.

      »Hier, sieh doch! Vielleicht ist sie da durchgeschlüpft!«, rief Christine auf einmal und wies auf eine Stelle der Mauer, vor der dichtes Strauchwerk wucherte. Durch das Gewirr von Zweigen und Blättern hindurch war unmittelbar über dem Boden ein quadratisches Loch in der Mauer zu erkennen, das eine Kantenlänge

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