Der Sommer mit Josie. Sandy Lee

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Der Sommer mit Josie - Sandy Lee

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wäre irgendwann später passiert«, antwortete er und nickte zur Bestätigung. »Ich verstehe …«

      Barbara hatte auch verstanden. Daniel begann, über seine Zukunft nachzudenken.

      Zum Mittag hatte Barbara Spaghetti gekocht. Sie waren zu zweit, da Ilsa erst gegen fünf Uhr wiederkommen wollte.

      Für Daniels Mutter war es schon ungewöhnlich, dass ihr Sohn es heute vorzog, zu Hause zu bleiben. Doch gerade dieser Umstand machte ihr auch Hoffnung. Normalerweise hätte Daniel irgendeinen Freund gefunden, mit dem er etwas unternehmen würde. Er war kein typischer Stubenhocker. Dass er jetzt blieb, konnte wohl nur bedeuten: Er wollte dann da sein, wenn er sprechen wollte. Er hielt das Garnknäuel in der Hand, suchte aber noch den Anfang des Fadens.

      »Hat's geschmeckt?«, erkundigte sich Barbara und stellte die Teller aufeinander, um sie wegzuräumen.

      »Du weißt doch, dass ich Spaghetti mag … besonders, wenn sie von dir sind.«

      Sie schmunzelte über das Kompliment ihres Sohnes.

      »Danke. Dafür brauchst du auch nicht beim Abwasch zu helfen.«

      »Lass mal, dann sind wir schneller fertig.«

      Daniel griff nach dem Tuch, um das Geschirr abzutrocknen.

      »Hätten wir eine Spülmaschine«, sinnierte er, »dann hätten wir noch mehr Zeit.«

      »Ja, du! Alles nur noch Technik.« Barbara boxte ihn auf den Arm. »Ich glaube, unser bisschen Abwasch schaffe ich gerade noch so. Oder?«

      Jetzt musste Daniel lachen.

      »Du bist doch die Beste!«

      Es verging eine Zeit, in der man nur das Klappern des Geschirrs vernahm. Beide spürten, dass sie einen Schritt aufeinander zu gegangen waren. Und es war gar nicht so schwer, wie es gestern noch aussah.

      »Mama …«

      Daniel brach das Schweigen als erster, nachdem er das Geschirrtuch zum Trocknen aufgehängt hatte.

      »Ja, was gibt's?«

      »Können wir reden?«

      Barbara fiel ein Stein vom Herzen.

      Ilsa saß am Beckenrand und ließ die Beine im Wasser baumeln.

      »Sag mal, Caro«, begann sie, »du hast doch auch einen Bruder.«

      Ihre Freundin neben ihr sah sie an.

      Carolin war Ilsas beste Freundin. Man hätte sie mit ihren feuerroten kurzen Haaren, die immer etwas wirr lagen, und der Stupsnase für Pippi Langstrumpfs Schwester halten können. Denn frech war sie auch.

      »Ja, und?«

      »Wie ist'n der so?«

      Caro verstand die Frage nicht. Sie fixierte Ilsa mit einem fragenden Blick.

      »Was soll'n das heißen? Meinst du etwa …«

      Caros Bruder war siebzehn.

      »Nein, nicht was du jetzt denkst.« Ilsa verstand, worauf Caro hinaus wollte. »Ich meine, wie er sich so verhält? Was er macht?«

      Caro zuckte mit den Schultern. »Was soll er machen? Er macht 'ne Lehre als Automechaniker.«

      Ilsa musste deutlicher werden.

      »Mein Bruder hat sich gestern Abend ganz eigenartig verhalten. Er hat kaum was gesagt und war gar nicht richtig da. So … abwesend.«

      »Vielleicht hat er Liebeskummer?«

      Ilsa platzte heraus: »Also, das wüsste ich aber!«

      Staunend blickte Caro sie an. »Erzählt er dir etwa alles?«

      Daniels Schwester spritzte Caro mit einem Fußschlenker nass.

      »Nee. Aber ich würd's herauskriegen.« Das sagte sie ziemlich sicher.

      Caro kapitulierte: »Ich hab keine Ahnung. Meiner verhält sich nur so, wenn er Stress mit seiner Freundin hat.«

      Ilsa kombinierte: »Daniel scheint auch irgendein Problem zu haben. Mit der Schule kann's jetzt in den Ferien nicht sein. Also ist es was Privates.«

      Sie stieß sich mit den Händen vom Rand ab und rutschte ins Wasser.

      Daniel öffnete die Tür seines Zimmers und ging hinein.

      Barbara fragte vorsichtshalber. »Bei dir?«

      Daniel nickte. »Ist einfacher für mich:«

      Er schob die Bettdecke auf seiner Schlafliege zur Seite und zog sich selbst einen Stuhl heran.

      Seine Mutter setzte sich auf die freie Stelle der Liege.

      »Keine Angst. Wir schaffen das«, ermutigte sie ihn. Das war wieder diese warme Stimme, die so viel Ruhe ausstrahlte. »Möchtest du … oder soll ich …?«

      »Besser, du fragst erst mal.« Das war eine klare Ansage.

      Barbara wusste: Jetzt geht es in die Tiefe. Und wie beim Zahnarzt kann ein Stück zu weit verdammt weh tun. Deshalb vermied sie, gleich mit einer Frage zu beginnen. Statt dessen wollte sie ein Sicherheitsnetz weben, das ihren Sohn vor einem harten Aufprall schützen sollte, falls er fiel.

      »Sieh mal! Du bist ja nicht der einzige, der so fühlt. Es gibt überall Menschen, die nicht in die alten Schemen passen. Das ist nicht schlimm. Es ist keine Krankheit, die bekämpft werden muss. Es ist ein Gefühl. Ein sehr tiefes. Und sehr wichtiges. Du bist, was du fühlst. Natürlich wird es uns allen erst einmal schwerfallen, das zu verstehen. Es fällt dir ja selbst schwer. Aber du musst es einfach zulassen. Ich kann jetzt nur für mich sprechen. Du bist mein Kind, und du wirst es immer bleiben. Egal, ob als Junge oder als Mädchen. Ich werde es respektieren.« Sie hielt kurz inne. »Es wird seine Zeit brauchen, bis ich es wirklich realisiert habe. Aber ich werde es respektieren. Hab nur etwas Geduld mit mir.«

      Barbara zog ihr Taschentuch heraus und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.

      Auch Daniel hatten diese Worte nicht unberührt gelassen. Seine Mutter hörte die tiefen Luftstöße, mit denen er sich das Herz freiatmen wollte.

      Nach einer Minute war sein Atem wieder ruhig geworden. Er schaute seine Mutter gegenüber an, und er fühlte: Sie würde ihm jeden Satz verzeihen, den er jetzt sagte. Weil sie in diesem Moment ein unsichtbares Band vereinte. Vielleicht würde sie leiden, aber sie würde verzeihen.

      »Was möchtest du wissen?«

      »Weißt du, ich war gestern sehr überrascht, dich so zu sehen. Ich habe doch nie etwas bemerkt. Fühlst du das schon lange, diese … Falschheit … als Junge?«

      Barbara suchte die richtigen Worte, um nicht zu verletzen.

      Daniel sah auf seine Hände im Schoß. Er spielte mit den Fingern.

      »Ich weiß nicht

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