8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009. Frank Rehfeld

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8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009 - Frank Rehfeld

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Mike!

      „Überholen und stoppen!“, rief der Baron James zu.

      Der ließ prompt Ambitionen als Rennfahrer erkennen, als er losraste. Die übrigen Straßenbenutzer mussten denken, der Fahrer sei von Hornissen gestochen.

      Doch nun gab auch Mike Gas und schoss davon.

      „Der gibt Fersengeld! Ob er ausgebrochen ist?“

      Der Baron nahm das Funksprechgerät. „Verbindung zum U-Gefängnis!“ Als die Verbindung kam, fragte er nach Dr. Ferrenc.

      Es dauerte, und indessen war James schon dicht an den grünen Buick heran. Jetzt zog James nach links zum Überholen. Endlich meldete sich der zuständige Beamte im U-Gefängnis. Alexander fragte nach der Entlassung.

      „Entlassen gegen Kaution, aber nur auf freiem Fuß, Haftbefehl bleibt bestehen. Seit einer Stunde etwa.“

      „Danke, und wer hat das veranlasst?“

      „Seine Anwälte. Hornblower & Williams …“

      Das also war es. Hornblower & Williams, die Staranwälte von Miami. Bei ihnen ließen sich die Filmdiven scheiden, diese Anwälte verteidigten die missratenen Sprösslinge hiesiger Millionäre, und auch sonst hatten die beiden die Kurve raus. Der Baron hatte von Prozessen gelesen, worin das Plädoyer der Anwälte alles bisher Dagewesene in der Sparte übertraf. Zuletzt waren dann die Geschworenen zu Tränen gerührt, und die Volkswut konzentrierte sich auf den Vertreter des Staates, den man am liebsten stellvertretend für die „Ungerechtigkeit“ von Regierung und Gesetzgeber gelyncht hätte. Dass Mike sich diese Anwälte ausgesucht hatte, wollte dem Baron gar nicht gefallen. Es sah für Alexander so aus, als sei sich Ferrenc darüber klar, ohne diese Anwälte für schuldig befunden zu werden. Geflügeltes Wort reicher Gesetzesübertreter oder vermögender Ganoven in Miami: „Und jetzt rettet uns nur noch Hornblower vor dem Strang …“

      James tat, was er konnte, doch in dem Morgenverkehr konnte er einfach nicht schneller fahren. Dabei war auch noch das gesamte Ampelsystem gegen ihn. Mike kam gerade noch zweimal bei gelb ‘rüber, und James, gesetzestreu und vernünftig zugleich, wartete. Und schließlich schafften sie es doch. Genau vor dem Kaufhaus Marbleshone hatten sie ihn. James setzte sich davor, und Alexander winkte. Er sah, dass Mike ihn erkannte. Prompt hielt er an.

      „James, Sie fahren weiter zur Lincoln Road, wir kommen nach. Ich steige um. Sie können die Rennversuche jetzt abbrechen.“

      Der Baron ging zu Mikes Wagen. Dr. Ferrenc lächelte ihm zu, und Alexander stieg ein. „Hallo, du staunst, dass ich raus bin aus dem Loch, wie?“

      „Fahr James nach, wir unterhalten uns gleich weiter!“, sagte der Baron ernst. „Du bist mir eigentlich etwas zu schnell davongezischt, mein Lieber. Warum?“

      Mike schüttelte verständnislos den Kopf. „Davongezischt? Ich habe es eilig. Wohin soll ich jetzt fahren? Es passt mir, ehrlich gesagt, nicht in den Kram!“

      „Fahr ihm nach! Und wohin wolltest du eigentlich?“

      Er gab keine Antwort. Vor ihm bremste James jäh, und Mike musste aufpassen. Eine Fußgängerin trippelte langsam über die Fahrbahn. Dann ging es weiter.

      „Ich wollte zum Kennel Club“, sagte Dr. Ferrenc.

      „Golf?“

      „Unsinn!“, bellte er. „Meine Anwälte erwarten mich dort, und außerdem …“

      „Außerdem?“

      Der Baron sah ihn von der Seite an. Er war verärgert, und offensichtlich misstraute er dem Baron. Die Nacht im Untersuchungsgefängnis schien auch nicht gerade eine reine Freude gewesen zu sein. Er sah müde und zerknittert aus. Das galt auch für seinen Anzug.

      „Ich freue mich zwar, dass du raus bist, Mike, aber es wird mir Schwierigkeiten bereiten. Mir wäre zu deinem Vorteil lieber, du wärest noch im Loch.“

      Er sah den Baron überrascht an, musste aber zum Glück schnell wieder auf die Fahrbahn sehen. „Du bist mir ein feiner Freund. Hast du schon einmal dringesessen?“

      „Bedaure. Es hat in meinem Leben aber verdammt ähnliche Situationen gegeben. Ich begreife alles, aber deine derzeitige Freiheit ist für dich selbst die größte Gefahr.“

      „Gibt es einen Beweis?“

      „Mary Keil wurde in meiner Gegenwart erschossen.“

      Er trat so heftig auf die Bremse, dass der Baron fast gegen die Scheibe flog. „Idiot!“, fauchte Alexander. „Musste das sein?“

      „Du hast gesagt, Mary Keil ist erschossen …“

      „Fahr weiter, zum Kuckuck, dort vorn fährt James! Ihm nach!“

      Verstört fuhr Mike wieder an.

      Sie schwiegen einige Zeit, dann sagte Dr. Ferrenc leise: „Alexander, du glaubst daran, dass ich schuldig bin?“

      „Ich möchte nicht daran glauben, aber es gibt da ein paar Dinge … zum Teufel, Mike, ich möchte am liebsten davonlaufen. Wenn du etwas weißt, was du verschweigst, dann …“

      „Alexander, ich habe nichts zu verschweigen“, erklärte er ernst. „Ich habe diesen Lieutenant operiert, weil er einen Leistenbruch hatte. Das war wie immer. Nicht anders als sonst. Aber dann …“

      „Okay, sagen wir, es war wie immer. Dir ist nichts aufgefallen, ich meine, die Geschichte mit dem Mescal im Atemgerät?“

      „Nein, nichts. Das Atemgerät ist Sache des Narkotiseurs. Es gehört nicht in meinen Bereich.“

      „Du bist nachher gegen Mittag zu ungewöhnlicher Zeit …“

      „So ein Stumpfsinn!“, erwiderte Mike erregt. „Ich hatte Dienst, und das heißt, dass ich, wenn ein Patient in Schwierigkeiten ist, diesen Dienst auch versehe. Koog war in Schwierigkeiten. Die diensthabende Schwester hatte mich angerufen – ich war noch in der Praxis – und mir gesagt, dass Koog sich nicht wohl fühle.“

      „Keine Schwester hat etwas dergleichen ausgesagt, Mike!“

      Er kniff die Lippen zusammen und blickte zornig vor sich hin auf das Heck von James Wagen. Der Baron spürte jetzt, wie sich zwischen ihm und Mike plötzlich eine Mauer aufrichtete. Misstrauen, Zweifel, Gegensätze.

      Der Baron wollte das nicht. Sie durften es sich nicht so leicht machen, wie es so oft geschieht, und sich einreden, dass die Zeit sie verändert hätte. Äußerlich gewiss, aber nicht im Wesen, nicht im Charakter.

      „Wir sind Idioten“, sagte Alexander. „Mike, es ist zum Verrücktwerden. Ich will dir ja helfen …“

      Er sah kurz zu ihm herüber. „Wirklich?“, fragte er zynisch.

      Der Baron hätte ihm das übelnehmen können. Er tat es aber nicht. „Wirklich! Da bedarf es keiner spöttischen Frage, mein Lieber … Fahr nicht so dicht auf, damit reagierst du dich auch nicht ab, wenn du nachher scharf bremsen musst … Ich will dir helfen. Und ich werde dir helfen. Wenn aber feststeht, dass du schuldig bist, dann …“

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