Gekaufte Wissenschaft. Christian Kreiß
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c. Der Dieselskandal
15. Freie Bahn dem Industriesponsoring an unseren Hochschulen! Ein Denkfehler
16. Transparenz
17. Das Märchen vom Rufschaden
18. Abhilfen
a. Das Ziel: Was wir wirklich bräuchten
b. Richtige Finanzierung
i. Staatliche Grund- statt Drittmittelfinanzierung
ii. Finanzierung durch ein Voucher-System
c. Transparenz: Alle Kooperationsverträge zwischen Hochschulen und Dritten ins Internet
d. Gremien
i. Hochschulräte plural besetzen statt einseitig industrielastig
ii. Entscheidungsgremien in der Ministerialbürokratie
iii. Zulassungs- und Genehmigungsbehörden
vi. Supranationale Organisationen
v. Fazit zum Thema nationale und internationale Gremien
e. Keine kommerzielle Werbung an Hochschulen und Schulen
19. Zusammenfassung und Schluss
20. Glossar: Wann sollten bei uns die Alarmglocken angehen?
21. Literaturverzeichnis
a. Bücher und längere Abhandlungen/Monographien
b. Zeitungen, Zeitschriften und Internetquellen
Vorwort
Seit das Buch „Gekaufte Forschung“ im Mai 2015 erschienen ist, hat sich eine ganze Menge auf dem Gebiet gekaufter Wissenschaft ereignet, ja die Ereignisse haben sich geradezu überschlagen. Stichworte dazu sind der Dieselskandal und Glyphosat, die bis dahin größte deutsche Kooperation zwischen der Uni Mainz und der Boehringer Ingelheim Stiftung, die ans Tageslicht gezerrt wurde und bei der herauskam, dass sie verfassungswidrig war, 20 geschenkte Lidl-BWL-Professuren an die TU München oder das für 7,5 Millionen Dollar von Facebook gekaufte Ethikinstitut an der TU München, die sich dadurch zum Marketing-Arm von Facebook erniedrigt. Auch bei Corona wurde viel mit industrieseitig beeinflussten Zahlen gearbeitet. Aber es gab noch einige weitere Fälle.
Kurz: Der Trend in Richtung gekaufte Forschung hat sich in den letzten Jahren deutlich verstärkt. Es geht bei dieser Frage nicht um eine Diskussion im „Elfenbeinturm Universität“. Ganz im Gegenteil: Denn die Folgen von unseriöser Wissenschaft verspüren wir alle auf Schritt und Tritt im täglichen Leben: Glyphosat findet sich in der Muttermilch fast aller stillender Mütter und kann in fast sämtlichen Einwohnern Europas nachgewiesen werden. Die Verharmlosung von Dieselabgasen führt zu Zigtausenden lungenkranken Kindern, tausenden zusätzlichen Toten. Gekaufte Pharmaforschung bewirkt falsche Verschreibungen von Medikamenten. Manipulierte Lebensmittel-Studien fördern unsere Fehlernährung, führen beispielsweise zu übermäßigem Verbrauch von Zucker und anderen ungesunden Lebensmitteln. Das industrieseitig beeinflusste Herunterspielen von Ethikrisiken und dadurch bewirkte Verhindern oder Verzögern von gesetzlichen Maßnahmen im Medienbereich führt zu umso stärkeren Missbrauchsmöglichkeiten durch Facebook & Co. Und so weiter. Die Liste ist lang.
Was ich damit sagen will: Gekaufte Wissenschaft, Einflussnahme von Industriegeldern auf unsere öffentlich-rechtlichen Hochschulen schädigt uns alle tagtäglich. Es ist ein Thema, das uns alle angeht, bei weitem nicht nur die Wissenschaftler und Forscher. Deshalb richtet sich dieses Buch in erster Linie an interessierte Laien, an uns alle. Sein Zweck ist: Diese tagtäglichen Missbräuche der Wissenschaft zu Gunsten der Konzerngewinne und zu Lasten unserer Gesundheit zu stoppen. Dazu müssen wir die Methoden, Vorgehensweise, Wege und Ziele der Manipulatoren kennen. Das soll anhand einer Reihe von leicht verständlichen Fallbeispielen geschehen. Nach dem Motto „Problem erkannt, Problem gebannt“ soll dieses Buch dazu beitragen, durch Aufdecken der Vorgehensweise und der schädlichen Auswirkungen auf uns alle dieser Fehlentwicklung entgegenzuwirken. Ungehemmte Drittmittelzunahme an unseren Hochschulen, wie wir sie seit Jahrzehnten erleben, ist ein Irrweg. Wissenschaft muss frei und unabhängig sein.
Deshalb kam es zu der Entscheidung, dieses Thema in Form eines Nachfolge-Buches erneut aufzugreifen. In einigen der geschilderten Fälle war ich persönlich einbezogen, deshalb ist auch die Schilderung streckenweise eine persönliche. Die Fallbeispiele beschränken sich auf Deutschland.
Dieses Buch ist ein Plädoyer für wirklich freie, unabhängige Wissenschaft, die sich an den echten Bedürfnissen der Menschen orientiert und nicht an den Geldinteressen einiger Weniger. Gewinnmaximierung und Wahrheit passen nicht zusammen. Es geht nur eines von beiden. Bei Wissenschaft geht es um Wahrheitsfindung. Wenn es bei gewinnmaximierenden Unternehmen einen Interessenkonflikt zwischen Wahrheit und Gewinn gibt, zieht die Wahrheit normalerweise den Kürzeren, wie der Dieselskandal und zahllose weitere Beispiele anschaulich zeigen. In der Wissenschaft hat Gewinnmaximierung nichts zu suchen, denn sie zerstört die unabhängige, freie Wahrheitssuche, indem sie Fragestellung, Methoden und Ergebnisse manipuliert.
Die Lösung des Problems wäre ungeheuer einfach. Zum einen: keine Industriegelder, bei denen es Interessenkonflikte zwischen Gewinn und Wahrheit gibt, an öffentliche Hochschulen. Zum anderen: statt staatliche Drittmittelfinanzierung der Hochschulen staatliche Grundfinanzierung. Das Geld ist ja da. Es wird aber durch politischen Dünkel und massiven Lobbyeinfluss meistens interessengeleitet verwendet. Die Politiker und Bürokraten glauben, besser zu wissen, worüber in unserem Land geforscht werden soll als die etwa 250.000 Forscher im Hochschul- und öffentlichen Bereich. Gebt uns Forschern die Mittel zur freien Themenwahl, statt über bürokratische, lobbybeeinflusste inhaltliche Vorgaben der Fragestellungen uns zu beeinflussen! Auftragsforschung und Antragschreiben ist der Tod aller freien Forschung.
Für mein Buch Gekaufte Forschung von 2015 bekam ich 20.000 Euro Drittmittel. Ich durfte damals den Geber nicht nennen. Heute darf ich es. Es war die Stiftung Hübner und Kennedy gGmbH, Agathofstr. 15, D-34123 Kassel. Ich war befreundet mit Margrit Kennedy, geborene Hübner, die die Stiftung mitbegründet hat. Margrit war eine großartige Frau, die leider viel zu früh gestorben ist. Sie hat sich jahrzehntelang als Vordenkerin für eine menschliche Geldordnung eingesetzt.
Teil I: Analyse und Hintergründe
Wie wirken sich Industriegelder und Industrieeinfluss auf Bildung aus?
Heute arbeiten hunderttausende Forscher hingebungsvoll in der Industrie, um unser Leben zu verbessern und menschlicher zu machen. Industrieforschung hat uns großartige Errungenschaften gebracht. Wir rackern uns nicht mehr hinter dem Ochsenpflug ab, schuften nicht mehr an Handwebstühlen und stehen nicht mehr 12 oder 14 Stunden pro Tag am Fließband. Wir haben elektrisches Licht, Zentralheizung, moderne Medizin, Wassertoiletten usw. usw. Die Liste der Segnungen, die uns die moderne Technik gebracht hat, ist schier endlos.
Warum also ein solch kritischer Blick auf Industriegelder, die in unser Bildungssystem fließen, oder gar Kritik an der Industrieforschung selbst?
Die Antwort ist einfach. Alle Dinge haben zwei Seiten. Man kann ein gesundes Gleichgewicht verletzen und dadurch mehr Schaden als Nutzen herbeiführen. Die Dosis macht das Gift. Das Gleichgewicht ist heute empfindlich gestört, die zu große Einseitigkeit schadet uns stark.