Para - Das Schicksal liegt in euren Händen.... Zeraphina Cloud
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Para - Das Schicksal liegt in euren Händen... - Zeraphina Cloud страница 8
„Also halten wir sie auf?“, fragte sie aufgeregt und ihr Bruder nickte. Das Mädchen streckte ihm den kleinen Finger entgegen.
„Versprochen?“
Nex erwiderte die Geste.
„Versprochen.“
Nex war wieder in Para. Es war Nacht und nass, die Straßenlaternen gaben ein flackerndes Licht ab. Herz und Atem rasten, während er die düsteren Straßen entlangrannte. Er kämpfte wieder den gleichen, aussichtslosen Kampf gegen die Männer. Er schlug sich bis zu jenem stockfinsteren Haus durch, entkam über eine versteckte Treppe und sprintete zur Hauptstraße, wo er rechts abbog. Mittlerweile hatte der Regen stark zugenommen und Nex war völlig durchnässt. Er hatte unglaubliche Angst. Wann hatte er sich zum letzten Mal so gefürchtet? Jeder seiner Gedanken führte ihn zu Liah oder Gelbauge. Ob Liah in Sicherheit war? Er hatte sie versteckt, aber wenn sie sie finden sollten, würde er nichts tun können…
Er erreichte eine Kreuzung und zögerte. Irgendwie kam ihm das bekannt vor, aber das half ihm nicht. Welche Richtung sollte er wählen?
Er wandte sich nach rechts, doch dann entschied er sich um und bog nach links ab. Immer wieder trat er in Pfützen, während die Rufe hinter ihm lauter wurden. Seine Handflächen schwitzten. Er wollte hier weg. Er wollte nach Hause. Nur gab es das nicht mehr…
Plötzlich hörte er ein Geräusch. Nex drehte sich um, aber es war zu spät. Im Licht einer Laterne blitzte etwas auf und kurz darauf spürte er einen scharfen Schmerz in seiner Seite. Nex war vollkommen schockiert. Als nächstes tauchte das Gesicht eines Mannes vor ihm auf und grinste ihn boshaft an.
„Das war´s für dich, du kleiner M***!“, knurrte er, dann lag er auch schon auf dem Boden, nachdem Nex ihm einen Kinnhaken verpasst hatte. Der Junge stolperte paar Schritte zur Seite, dann brach er stöhnend zusammen. Seine rechte Hand umfasste den Griff des Messers, das in seiner Seite steckte. Der Schmerz war unbeschreiblich. Er versuchte es herauszuziehen, aber ihm fehlte die Kraft. Liah. Sein Kopf dröhnte. Eine letzte Schmerzwelle, dann wurde alles schwarz und es war vorbei.
Mit einem Schrei fuhr Nex hoch und fasste sich dabei an die rechte Seite. Sein Herz raste und der Schweiß lief an ihm herab. Keuchend saß er in seinem Bett, im Zimmer war es dunkel. Es dauerte einige Augenblicke, bis er sich wieder beruhigt hatte. Oh Mann, schon wieder ein Albtraum. Würde das denn nie aufhören? Seine Hände zitterten. Irgendwie hatte er bei diesen Träumen den Eindruck, dass sie von Mal zu Mal realistischer wirkten. Und er hatte kein gutes Gefühl bei dieser Sache…
Er atmete tief durch, stand auf und lief leise zu seinem Tisch. Er hatte sich all seine Träume als eine Art Plan aufgezeichnet. Jetzt fügte er bei der Stelle „KREUZUNG“ einen Pfeil hinzu, der nach links führte. Dort schrieb er noch „GESCHEITERT“ dazu. Erneutes Durchatmen. Frustriert fuhr er sich durchs Haar, dann stützte er seinen Kopf ab. „Ich halte das langsam nicht mehr aus“, flüsterte er, dann ging er wieder ins Bett.
Zum Glück gehörte er zu diesen Leuten, die fast sofort einschliefen, aber noch bevor er in seinen Träumen versunken war, wurde er sich der drohenden Kopfschmerzen bewusst. Er konnte nur hoffen, dass er davon verschont wurde.
Mit einer heißen Tasse Kaffee in der Hand setzte Handix sich an den Tisch und wartete auf die Kinder.
Er konnte immer noch nicht fassen, dass er versagt hatte. Er hatte Mandi versprochen, dass er auf die Kinder aufpassen würde, und was war passiert? Nex hatte sich mit zwei gefährlichen Männern angelegt, sich mit einem von ihnen geprügelt, und zu allem Überfluss wäre er einige Tage zuvor beinahe erschossen worden! Nein, er hatte sich wirklich nicht als guter Onkel erwiesen. Jetzt hatte er eine ganze Welt verraten, die Nex und Liah nun beschützen mussten.
Handix nahm einen Schluck und warf einen Blick in den Flur. Er konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie er Nex dort hatte stehen sehen. Der Junge hatte sich einen Plan zurechtgelegt, um jemandem zu helfen, der ihn sieben Jahre lang ignoriert hatte. Handix wusste, wie wütend sein Neffe auf ihn war, das hatte er vom ersten Augenblick an gemerkt. Ihm war klar, dass er das verdient hatte, aber irgendwie (und das wollte er sich nicht eingestehen) hatte er gehofft, dort weitermachen zu können, wo sie aufgehört hatten. Natürlich war das nicht der Fall. Was hatte er auch erwartet? Der Mann schüttelte den Kopf und nahm noch einen Schluck. Das Ticken der Küchenuhr erfüllte die Stille.
Dann endlich hörte er Schritte aus dem Flur kommen. Die Kinder waren wach, gut. Handix wollte gar nicht wissen, wie es wohl sein würde, wenn er einmal nach oben gehen und die beiden wecken musste. Das brachte ihn auf den Gedanken, dass Mandi und er nie Kinder bekommen hatten.
Als erstes tauchte Liah in der Küche auf. Sie sah unglaublich zerbrechlich aus, so dünn, wie sie war, aber sie hatte stets riesigen Hunger und aß alles, was ihr schmeckte. Manchmal erinnerte sie ihn an Mandi. Diese übermäßig gute Laune und der Tatendrang, die Neugier, die Offenheit… Es fehlten nur noch die braunen Haare und diese wunderschönen Augen…
Als Nex eintrat, wurde Handix jäh aus seinen Gedanken gerissen. Der Junge sah immer noch verprügelt aus, weil der Bluterguss nicht weggehen wollte, aber im Gegensatz zum gestrigen Tag schien er wieder Kopfschmerzen zu haben. Noch ein Punkt, den Handix sich nicht eingestehen wollte: Er machte sich Sorgen. Die Albträume, die Kopfschmerzen, die Tatsache, dass Nex schon mehrfach Probleme mit diesen Männern gehabt hatte… In Wahrheit wusste Handix, was es bedeutete, aber das konnte, nein, wollte er sich nicht eingestehen.
Sein Neffe ließ sich auf den Platz neben Liah fallen und stützte sich den Kopf ab. Handix zögerte.
„Willst du wieder Tabletten?“, fragte er schließlich und war einmal mehr erstaunt, wie sich seine Stimme in den letzten sieben Jahren entwickelt hatte. Er klang mürrischer als damals mit Mandi. Mandi. Er verdrängte den Gedanken an sie. Nex brummte irgendwas vor sich hin und sein Onkel nahm es als ein Ja.
Das Frühstück verlief wie immer schweigend. Liah sah aus, als ob sie gerne etwas sagen wollte, aber ihr Bruder war offensichtlich nicht in der Stimmung für so etwas und Handix bemühte sich darum, so desinteressiert wie möglich auszusehen. Er dachte daran, dass er den Kindern versprochen hatte, ihnen bei dieser Sache zu helfen, und wenn er das tun wollte, dann musste er ihnen sagen, was er wusste. Aber wo sollte er anfangen? Am besten wäre es wohl, wenn er darüber nachdachte, wenn die Kinder in der Schule waren. Handix warf Nex über seine Tasse hinweg einen Blick zu und fragte sich allen Ernstes, ob er nicht besser hierbleiben sollte. Der Mann wollte es gerade vorschlagen, als ihm klar wurde, was Nex darauf erwidert würde. „Nein, geht schon, ich kann Liah nicht allein lassen. Sind nur Kopfschmerzen, das geht wieder weg…“ Also ließ er es bleiben.
„Okay, hör mal: Du hast mir gestern gesagt, dass du nicht darüber reden willst, und das verstehe ich. Aber du machst mich wirklich neugierig. Schließlich kommst du in die Schule und siehst aus, als hättest du dich mit jemandem zu Tode geprügelt, und dann läufst du auch noch so leicht angeschlagen. Willst du´s mir echt nicht sagen? Ich bin wirklich neugierig-“. Basti redete wie ein Wasserfall auf Nex ein, der es eine ganze Weile über sich ergehen ließ, bis er seinen Klassenkameraden unterbrechen musste.
„Wie lange willst du mich denn noch bearbeiten?“, warf er ein und Basti hielt einen Moment lang die Klappe, während er ihn überrascht ansah.
„Ich… naja, ich habe nur laut nachgedacht, das ist alles.“ Aus irgendeinem Grund musste Nex ein wenig lächeln.
„Zugegeben, an deiner Stelle würde mich das auch interessieren, aber es ist kompliziert. Wenn du verstehst, was ich meine.“
Basti nickte.