Faszination und Wunder der Technik. Werner Dupont

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Faszination und Wunder der Technik - Werner Dupont

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diese geniale Entwicklung der Natur auch in der Technik nutzbar zu machen, hat das IFAM deshalb das sogenannte MPTO-Verfahren (Multiple Phase Topology Optimization) entwickelt, das die örtliche Verteilung verschieden dichter Materialien in einer mechanisch belasteten Struktur mit dem Ziel hoher Steifigkeit optimiert. Mit MPTO können Faserstrukturen des Knochenschwamms in menschlichen Oberschenkelknochen in guter Übereinstimmung mit Röntgenaufnahmen nachgeahmt werden. Das in diesem Vorhaben entwickelte Softwareprogramm ermöglicht die Abbildung der Dichteverteilung des Knochens auf eine schwammartige Struktur, die mittels moderner Fertigungsverfahren erzeugt wird. Die mit den neuen Methoden gewonnenen Leichtbaustrukturen aus Titanlegierungen, Aluminium oder Keramiken weisen im Vergleich zu konventionellen Lösungen bis zu 30 Prozent Gewichtsersparnis bei einem sehr geringen Steifigkeitsverlust auf.

      Insbesondere für Anwendungen mit bewegten Massen wie Autos, Flugzeugen und Maschinen führt dies bei der Bewegung zu einem entsprechend niedrigeren Energieverbrauch und damit zu nachhaltigen Produkten. Dies gilt in der Medizintechnik auch für die Lebensdauer von Endoprothesen, die für die Verbraucher zudem eine bessere Funktionalität als herkömmliche Produkte bringen.

      Nun zu einem Beispiel aus der Klebetechnik nach Gecko-Art. An der Decke kleben wie ein Gecko – das ist keine Utopie mehr. Möglich macht dies das patentierte Gecko-Tape, das Bionik-Forscher der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in Zusammenarbeit mit der Firma Gottlieb Binder in Holzgerlingen entwickelt haben. 2011 hat die Hightech-Folie bei den weltweit renommierten IF Product Design Awards einen Hauptpreis verliehen bekommen.

      Die Jury urteilte, dass das Produkt seinen Gold Award verdient hat, weil es kein Klebeband ist, das klebt wie ein Klebstoff, sondern dank seiner Oberflächenstruktur spurlos wieder entfernt werden kann. Das Material haftet nicht nur auf glatten, sondern auch an unebenen Oberflächen und sogar auf Menschenhaut, weswegen es auch Potenzial für medizinische Anwendungen hat. Das Gecko-Tape ist den Haftmechanismen von Gecko- und Käferfüßen nachempfunden. Bei diesem neuen klebstofffreien System beruht die Haftkraft ausschließlich auf der besonderen Geometrie der Mikrostrukturen.

      Bei der Herstellung dient wie beim Kuchenbacken eine Form als Vorlage, in die gleichsam als Negativbild die gewünschte Oberfläche eingegossen werden kann. Die künstlich hergestellte Folie kann immer wieder verwendet werden, löst sich rückstandsfrei und hält sogar auf feuchten, rutschigen Untergründen. Angewendet werden kann das innovative, umweltschonende und materialsparende Produkt in unterschiedlichen Bereichen – vom Haushalt bis zur Medizin.

      Sogar der englische Fernsehsender BBC ließ sich von den einzigartigen Eigenschaften der Haftfolie überzeugen. Für einen Dokumentarfilm über Materialien der Zukunft berichtete das britische Team sehr eindrucksvoll durch eine Demonstration, bei der ein Wissenschaftsjournalist an einer mit der Hightech-Folie versehenen 20 x 20 Zentimeter großen Plexiglasscheibe wie ein Gecko oder Spider-Man an der Decke klebte.

      Eine verblüffende Fähigkeit von Fischen soll im Kampf gegen die Wasserverschwendung helfen. In einem vom Institut für Zoologie der Universität Bonn geführten Bionik-Forschungsvorhaben wurde das sensorische Seitenliniensystem der Fische entschlüsselt und daraus ein technischer Strömungssensor entwickelt. Damit lassen sich Lecks in Trinkwasserrohren aufspüren oder der Atemstrom von Intensivpatienten überwachen.

      Die Entwicklung von Strömungssensoren nach dem Vorbild des Seitenliniensystems der Fische erlaubt eine breit gestreute, präzise und kostengünstige strömungstechnische Überwachung. Die kleinen Sensoren erlauben eine größere Messgenauigkeit, sehr kleine Abmessungen und Kostenersparnisse.

      Bis zu 40 Prozent des Trinkwassers gehen in Städten durch Undichtigkeiten in Leitungssystemen verloren. Der von den Forschern der Universität Bonn zusammen mit einer mittelfränkischen Firma für Wassermesstechnik entwickelte Sensor kann Lecks in Wasserrohren oder Gasleitungen aufspüren, da nach jedem Leck das Strömungsvolumen abnimmt.

      In diesem Fall haben Fische Pate für eine technische Entwicklung gestanden. Sie sind auch bei Dunkelheit sehr gut über ihre unmittelbare Umgebung informiert. Mit ihrem Seitenlinienorgan, das aus bis zu 4.000 winzigen Einzelsensoren besteht, nehmen sie hochempfindlich lokale Wasserbewegungen und Druckgradienten war, wie sie zum Beispiel von vorbeischwimmenden Artgenossen oder Feinden erzeugt werden. Sie nutzen diese Fähigkeit zur Ortung von Objekten, zur räumlichen Orientierung oder auch zum gezielten Energiesparen bei der Fortbewegung.

      Der nach Fischvorbild entwickelte technische Sensor ist nicht einmal so groß wie ein Fingernagel. Und er soll vor allem bei der lückenlosen Überwachung von Gas- und Flüssigkeitsströmen helfen, die eine große wirtschaftliche Bedeutung hat. Zum einen weil so die Wasserverschwendung eingedämmt werden kann, zum anderen könnte ein stetiger Gas- oder Flüssigkeitsstrom erhebliche Energiemengen einsparen.

      Auch die Flora steuert in erheblichem Maße Vorbilder für technologische Errungenschaften bei. So hat die südafrikanische Paradiesvogelblume Pate für den Bau einer innovativen Fassadenverschattung gestanden. Für die bionische Fassadenverschattung nach dem Vorbild der Strelitzie, wie die Paradiesvogelblume auch heißt, wurden die Forscher eines Gemeinschaftsprojektes des Botanischen Gartens Freiburg und des Instituts für Tragkonstruktion und Konstruktives Entwerfen der Universität Stuttgart prämiert. Die Forscher, ihre Mitarbeiter und Vertreter des Instituts für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV) Denkendorf wurden mit dem Techtextil-Innovationspreis für Architektur ausgezeichnet. Die Doktorand/innen, die das Projekt bearbeiteten, erhielten für ihre Arbeiten im Oktober 2012 den International Bionic Award der Schauenburg-Stiftung, den am höchsten dotierten Preis für Nachwuchsforscher/innen aus dem Bereich der Bionik.

      Die bionische Fassadenverkleidung Flectofin ist eine naturinspirierte, wandelbare Konstruktion für die Architektur. Sie funktioniert wie eine vertikale Jalousie. Bei dem stufenlos einstellbaren Klappmechanismus lässt sich die Ausrichtung der Lamellen bei Bedarf verändern. Auf verschleißanfällige und wartungsintensive Gelenke und Scharniere haben die Bionik-Projektentwickler dabei verzichtet.

      Stattdessen basiert die elastische Verformung auf dem Klappmechanismus in der Blüte der Strelitzie. Die Blume wird von Vögeln bestäubt, die sich auf eine eigens von der Pflanze gebildete „Sitzstange“ aus verwachsenen Blütenblättern niederlassen. Durch das Gewicht des Vogels klappen die Blütenblätter auf und die Pflanze gibt Pollen ab, die der Vogel auf die nächste Blüte überträgt.

      Das ist die Grundlage für den technischen Klappmechanismus, der aus einem glasfaserverstärkten Kunststoff besteht, hochelastische Eigenschaften hat und gut verformt werden kann. Das Auf- und Zuklappen der Lamellen ist an das Biegen eines in die Lamelle integrierten Stabes gekoppelt, wodurch sie um bis zu 90 Grad umklappen.

      Dieses Grundprinzip lässt sich zu verschiedenen Versionen weiterentwickeln. Da der Klappmechanismus ohne technische Gelenke oder Scharniere funktioniert und sich die sogenannten Tectofin-Systeme auch auf aufwendig zu beschattenden, gekrümmten Fassaden anbringen lassen, erhoffen sich die Forscher einen wichtigen Impuls für das Bauwesen der Zukunft.

      Der multifunktionale Rüssel von Elefanten verleiht dem Roboterbau schwergewichtige Argumente. Die technische Universität Berlin, das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automation IFF Magdeburg und zwei Industriefirmen fanden sich zusammen, um die hochflexiblen und sicheren Bewegungsmöglichkeiten des Elefantenrüssels technisch umzusetzen. Bei diesem Projekt mit dem Namen Brommi umfassen zwei verschiedene Roboterinnovationen, die mit einem Kamerasystem und einer Bildverarbeitung ausgestattet sind, das betreffende Objekt. Das erlaubt das Erkennen von Objekten sowie dessen gezielte Aufnahme und Abgabe innerhalb eines Pick-and-Place-Szenarios.

      Der Roboter Brommi-TAK ist ein ausschließlich mit pneumatischen Muskeln betriebener Mehrsegmentmanipulator. Er besteht nach dem Rüsselvorbild aus ineinandergeschobenen Segmenten, in denen die Funktionsweise der Natur mit zwei Knochen, einem Gelenk und drei Muskeln technisch nachgebildet sind. Durch den innovativen Aufbau mit neuartigen Materialien

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