Faszination und Wunder der Technik. Werner Dupont

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Faszination und Wunder der Technik - Werner Dupont

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und eine Spitze aus einem Gemisch von Polystyren und Polyacrylat, das Wasser aufnehmen kann und dabei anschwillt. Sobald die Nadeln ins Gewebe eingedrungen sind, nehmen sie Wasser auf und verankern sich darin.

      Krankenhausärzte in Boston, die das Pflaster entwickelten, sahen Anwendungsmöglichkeiten vor allem dort, wo eine sichere Fixierung wichtig ist. Dies ist bei transplantierter Haut – z. B. bei Patienten mit schweren Verbrennungen – der Fall, die derzeit in der Regel durch Klammern fixiert wird. Das Pflaster scheint hier die ideale Alternative zu sein, denn es sitzt fester, beeinträchtigt das Gewebe mitsamt den Nerven und Gefäßen weniger und verringert auch noch das Infektionsrisiko. Zudem lässt sich das Pflaster schonend entfernen, wenn seine Funktion erfüllt ist.

      Nach Meinung seiner Erfinder hat das Pflaster weiteres Potenzial. So könnten die Nadelspitzen mit Arzneistoffen wie Antibiotika oder wundheilungsfördernden Substanzen beladen werden, die dann nicht mehr die Barriere der Hornzellschicht zu durchdringen brauchen, sondern direkt in das lebende Gewebe der Haut gelangen und dort ihre Wirkung entfalten können.

      Schlangenhaut gegen den Verschleiß lautete die Devise der Kieler Bionik-Forscher. Quietschende Bremsen, ratternde Scheibenwischer und abgefahrene Reifen sind einige Beispiele für den Verschleiß technischer Bauteile, die uns nicht nur im persönlichen Alltag zu schaffen machen. Die Kieler Forscher wollten deshalb eine neue reibungs- und wartungsarme Polymeroberfläche erschaffen. Sie schauten sich von der Haut der kalifornischen Kettennatter die Mikrostrukturen einer reibungs- und wartungsarmen Polymeroberfläche ab, die Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität Kiel entwickelt haben.

      Wenn man die neue Technik auf Werkstoffe überträgt, kann der Wartungsaufwand für die Materialien sinken. Die Reibungskräfte an der neuartigen Oberfläche werden durch die Mikrostruktur um bis zu dreißig Prozent gegenüber anderen, unstrukturierten Oberflächen reduziert. Dies hat mit den Bauchschuppen der Natter zu tun. Die Forscher untersuchten genauer, welche Kräfte insbesondere beim Stick-Slip-Verhalten, also dem Rückgleiten der Schlangen, wirken und wie diese durch die Mikrostruktur beeinflusst werden. Dieses Phänomen tritt immer dann auf, wenn zwei Körper übereinander hinweggleiten. Dabei entstehen Vibrationen, die im großen Maßstab beispielsweise zu Erdbeben führen und im kleinen Maßstab bei Bremsen als Quietschen zu hören sind. Im Test stellten die Wissenschaftler bei der Verwendung der von der Schlange inspirierten Mikrostruktur ein deutlich vermindertes Rückgleiten fest. Eingesetzt auf den Wischblättern eines Scheibenwischers kann die Technik das nervige Rattern beenden.

      Ungeahnte Kräfte entwickelt eine künstliche Haut, die ein Wissenschaftlerteam des Max-Planck-Instituts (MPI) für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam präsentierte. Die Forscher haben eine Membran hergestellt, die sich sehr schnell aufrollt, wenn sie in Kontakt mit den Dämpfen organischer Lösungsmittel wie etwa Aceton kommt. Mit dem Folienaktuator werden biologische Strukturen nachgeahmt, die sich wie die Venusfliegenfalle oder die Deckel der Samenkapseln von Mittagsblumen bei einem Reiz von außen bewegen. Dabei kommt ihr Aktuator den biologischen Vorbildern besonders nah, weil die Forscher darin erstmals zwei Designprinzipien anwendeten, die Materialwissenschaftler bisher nicht für solche Systeme genutzt haben. Zum einen konzipierten sie die Membran so, dass deren Oberseite hart ist, das Material darunter aber allmählich weicher wird. Zum anderen wird die Folie von Poren durchzogen, die dem Lösungsmittel einen raschen Zugang in die Membran gewähren. Daher reagiert diese auf den äußeren Reiz schneller als andere Aktuatoren. Solche Materialien können als künstliche Haut und Muskeln etwa für Roboter dienen, eignen sich aber auch als Sensoren.

      Pflanzen kennen keine Muskeln, viele sind aber trotzdem ziemlich rührig. So öffnen sich die Samenkapseln der Mittagsblume, wenn sie nass werden, also wenn die Bedingungen günstig sind, damit die Samen gedeihen können. Sobald die Kapseln trocken liegen, schließen sich die Deckel wieder. Die Aussicht auf eine erfolgreiche Fortpflanzung verdankt die Mittagsblume der ausgeklügelten Struktur der Kapseldeckel. Da deren Unterseite anders als die Oberseite Wasser aufnehmen kann und dabei aufquillt, klappen die feuchten Deckel auf, während sie sich im trockenen Zustand wieder zusammenfalten. Ganz ähnlich funktioniert der biomimetische Aktuator der MPI-Forscher. Dessen Membran reagiert auf einen äußeren Reiz gut zehnmal schneller als frühere Polymeraktuatoren. Sie führt zudem eine größere Bewegung aus. Dabei übt die Membran eine Kraft aus, mit der sie etwa das Zwanzigfache ihres eigenen Gewichtes anheben kann. Und sie funktioniert sogar dann noch fast tadellos, wenn sie extremen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist.

      Materialwissenschaftler haben bereits verschiedene Ansätze verfolgt, um biomimetische Aktuatoren zu entwickeln, die sich wie biologische Vorbilder verhalten. Zunächst kamen sie jedoch nicht an das natürliche Vorbild heran. Wie bei den mechanischen Teilen von Pflanzen macht auch hier die Struktur des Materials den Unterschied. Die Membranen wiesen einen Gradienten, also ein Gefälle im Grad der Vernetzung auf, und waren außerdem porös. Dank dieser beiden Strukturmerkmale regierte der Aktuator schnell und mit einer großen Bewegung. Bis dato bestanden Aktuatoren in der Regel aus zwei Schichten, die unterschiedlich viel Flüssigkeit aufnahmen. Solch eine Materialkombination kann aber nur relativ kleine Bewegungen ausführen und ist dabei sogar noch langsam. Viele dieser Systeme lassen sich auch nur aufwendig herstellen, einige gehen kaputt, wenn sie zu heiß oder trocken werden.

      Ihren besonders leistungsfähigen Membranaktuator erhielten die Forscher, indem sie zunächst in einer entsprechenden Lösung eine Membran aus einem ionischen Polymer erzeugten. In diese Folie eingelagert sind voluminöse Säulenmoleküle, die mögliche Anknüpfungspunkte zu ionischen Polymeren tragen. Die molekularen Säulen und Ketten vernetzten die Forscher nun mit einer Ammoniaklösung, die die Anknüpfungspunkte der Säulen aktivierte. Der Clou ist dabei, dass die Forscher der Ammoniaklösung nur von einer Seite Zugang zu der Membran gewährten, weil diese auf einer Glasunterlage lag. Die Lösung sickerte also nur langsam von oben in die Folie ein. Daher verknüpfte sie die Komponenten an der Oberseite stark, aber immer weniger, je tiefer es in die Membran hineinging. Die wässrige Lösung hat jedoch noch einen weiteren Effekt, da sie auch Poren in der Folie hinterlässt.

      Durch die Poren breitet sich der Dampf des Lösungsmittels wie etwa des Acetons schlagartig in der Membran aus. An der Oberseite, die stark vernetzt und hart ist, richtet der organische Treibstoff des Aktuators allerdings nicht viel aus. In Richtung der Unterseite dagegen immer mehr, denn dort löst es das ionische Polymer und lässt das Material aufquellen, wodurch sich die Membran biegt.

      Solche Aktuatoren können überall dort nützlich sein, wo ein Material mit einer Bewegung auf einen äußeren Reiz reagieren soll. So kann eine Membran der besagten Art Robotern gleichzeitig als künstliche Haut und Muskel dienen. Ihr besonderer Charme liegt darin, dass für die Bewegung keine Extraenergie aufgewendet werden muss. Die liefert vielmehr der Reiz selbst.

      Ein weiteres ziemlich unerwartetes Einsatzgebiet der Membran kam den Forschern in den Sinn, während sie verschiedene Lösungsmittel zum Antrieb des Aktuators testeten. Es zeigte sich nämlich, dass die Membran sehr charakteristisch auf die jeweiligen Lösungsmittel reagierte, und zwar sowohl bezüglich der Stärke der Bewegung als auch bezüglich der Reaktionszeit. Demzufolge eignet sich die Membran vorzüglich als Sensor, der zwischen verschiedenen organischen Lösungsmitteln unterscheiden kann.

      Die MPI-Forscher entschieden sich konsequenterweise zur Weiterentwicklung des von ihnen eingesetzten Materials. Hierbei standen Forschungen im Vordergrund, um Aktuatoren zu entwickeln, die nicht wie hier besprochen durch ein Lösungsmittel motiviert werden, sondern durch Licht.

      Muscheln bestehen aus dem äußerst bruchfesten Material Perlmutt, in dem Proteine und Calciumcarbonat im optimalen Schichtdickenverhältnis übereinander geschichtet sind. Nach diesem Muster haben Forscher vom Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart Titanoxid und ein Polymer derart übereinandergestapelt, dass auf diese Weise ein stabiler Verbundstoff entstanden ist.

      Die Forscher trugen die beiden Komponenten schichtweise auf eine Siliziumunterlage auf, wobei sie für das Titanoxid eine Dicke von rund 100 Nanometern wählten.

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