Ich darf nichts sagen.. Johanna E. Cosack

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Ich darf nichts sagen. - Johanna E. Cosack

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den Sinn. Müde blinzelte er mit den Augen, er hatte das Gefühl, eben erst eingeschlafen zu sein. Aus Angst vor einer drohenden Distanz hatten sie im Schlaf gegenseitige Nähe gesucht und lagen jetzt eng aneinandergeschmiegt unter einer Decke. Doch war diese Vertrautheit nicht nur durch die Ereignisse des vergangenen Abends schon längst brüchig? Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, strich Michael die weichen Haare seiner Frau zurück. Welches unaussprechliche Geheimnis verbarg sich nur in ihrem Kopf? Warum schien sie so sehr auf den Bruder fixiert? War es doch falsch, den Job an der italienischen Musikakademie einfach anzunehmen? Nein! Es war das einzig Richtige. Er liebte sie doch – aber was empfand Nina für ihn? Jetzt im Halbschlaf drehten sich seine Gedanken im Kreis.

      Hinter den leichten Vorhängen der Schlafzimmerfenster schickte ein neuer Tag seine hellen Vorboten. Nina streckte sich etwas und atmete tief. In dem wenigen Licht erkannte er, dass sie die Augen öffnete.

      »Baby, es ist noch zu früh um aufzustehen. Träum noch ein wenig.« Michi küsste sie zart auf die Nasenspitze. Losgelöst von der Realität des bevorstehenden Tages schien Nina einen Augenblick in seiner Umarmung zu ruhen.

      »Michi, das mit deinem Flügel tut mir leid.« Sie gähnte schläfrig.

      »Ich weiß, Baby. Aber es geht nicht nur um den Flügel, es geht um uns beide.« Er umarmte sie so fest, als wollte er sie nie wieder loslassen.

      »Wir beide sind doch zusammen. Oder etwa nicht? Ich kann niemand außer dir sehen.«

      »Aber es geht darum, wer zwischen uns steht …«

      Michael zögerte, doch nach einer Weile unterbrach er erneut das gedankenverlorene Schweigen: »Entweder muss dein Bruder fort oder wir weg von deinem Bruder.«

      Ninas rückte ein wenig von ihm ab, ihre Stimme klang jetzt hellwach.

      »Das geht nicht.«

      Michael zog die leichte Daunendecke über ihre nackten Schultern und umarmte sie wieder.

      »Doch, Baby! Warum denn nicht? Wir müssen etwas verändern in unserem Leben. Merkst du nicht, dass wir beide nur noch unausgeglichen und gestresst sind?«

      »Aber das geht doch auch wieder vorbei. Momentan ist es halt alles ziemlich viel. Vielleicht sollten wir einfach mal Urlaub machen …«

      »Ja, aber ohne Max! Aber selbst dann kommen wir wieder nach Hause und alles geht genauso weiter.«

      »Wieso hast du so plötzlich ein Problem mit Max?«

      »Weil ich dich dann nie allein für mich habe. Baby, ich muss und werde die Stelle an der Musikschule in Rom im August antreten. Komm mit mir, Nina. Bitte!«

      Er spürte, wie Ninas Körper erstarrte.

      »Michi, du stellst mich einfach vor vollendete Tatsachen und denkst, ich komme damit schon klar. Wie stellst du dir das denn vor? Soll ich Max und meinen Job einfach hinschmeißen? Versteh mich doch, ich kann hier nicht einfach alles zurücklassen. Max braucht mich. Ich kann ihn nicht im Stich lassen, er ist mein Bruder, ich bin für ihn verantwortlich.«

      Michael hob sanft ihr Kinn, sodass sie ihm direkt in die Augen sah. »Nina, es tut mir leid, wenn ich dich mit Rom überrumpelt habe. Ich hielt es für die einzige Möglichkeit, etwas in unserem Leben zu ändern. Du warst nie da und wenn du zu Hause warst, kam Max meistens auch noch dazu.«

      »Ich dachte, du magst meinen Bruder!« Nina richtete sich auf.

      »Ja, schon … aber ich brauche dich doch auch. Seit Monaten warte ich darauf, dass du endlich die Verantwortung für Max mal etwas zurückfährst. Ich würde mir wünschen, dass wir beide mehr Zeit für uns hätten.«

      Ein paar Minuten lang überlegte er, ob er weiterreden sollte. »Hast du dich eigentlich jemals gefragt, warum wir keine Kinder haben?«

      »Wir können eben keine bekommen. Das haben wir doch mittlerweile ausreichend diskutiert. Außerdem ist es doch auch so schön genug mit …« Ninas Augen glänzten feucht in der Dämmerung.

      »… mit Max?«

      »Das ist unfair, Michael. Ich dachte, das Thema Kinder hätten wir abgeschlossen. Es gibt keinen physischen Grund, warum es nicht geklappt hat, das weißt du auch. Unser Leben reicht mir auch so. Du hast deine Musik und ich einen anstrengenden Job in der Agentur.«

      »Und wir beide noch deine übertriebene Verantwortung für deinen Bruder. Du behandelst ihn wie ein unmündiges Kind – dein Kind.«

      »Du tust mir unrecht, denn du weißt genau, dass er seit Mamas Tod nur noch mich hat. Ich muss doch für ihn sorgen.« Ninas Ton wurde scharf.

      »Nein! Das musst du nicht! Ich weiß nicht, warum du es immer weitermachst. Max ist alt genug. Seit er bei uns wohnt, machst du ihm die Wäsche und viel zu oft hockt er mit uns zusammen – sofern er nicht mit seinen merkwürdigen Trinkkumpanen unterwegs ist. Wenn ich ihm andeute, dass es längst Zeit ist, selbstständig zu sein, nimmst du ihn in Schutz. Nina, begreifst du nicht, du musst irgendwann damit aufhören! Und dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen!«

      »Aber ich kann ihn doch nicht einfach vor die Tür setzen. Warum machst du mir mit einem Mal so ein Druck? Und was ist eigentlich mit meinem Job?«

      »Baby, auch diesen Job machst du doch schon viel zu lange. Du könntest erst mal ausspannen und in Rom vielleicht etwas Neues finden. Du bist total überarbeitet. Ich glaube, deine netten jungen Kollegen machen Karriere und du hilfst ihnen auch noch dabei.«

      »Michi, das ist nicht wahr! Ich brauche meinen Job … Du willst mich einfach nicht verstehen. Ich muss für Max da sein. Wenn du selbst einen Bruder oder eine Schwester hättest, könntest du meine Haltung vielleicht nachvollziehen.«

      »Nein, Baby, auch wenn ich Geschwister hätte, könnte ich nicht so sein wie du. Ich habe so sehr gehofft, dass du die Verantwortung für deinen Bruder irgendwann einmal wieder zurückschrauben würdest. Was ist nur mit dir los?«

      »Nichts! Ich kann einfach nicht! Aber warum tust du das alles? Ich verstehe nicht, wieso du nicht vorher mit uns über deine Pläne geredet hast. Vielleicht hätten wir gemeinsam eine Lösung gefunden.«

      Nina wischte erneut Tränen aus den Augen. »Ich … ich glaube, ich sollte jetzt lieber aufstehen.«

      »Nina, bitte bleib hier!« Seine Stimme klang ernst.

      »Es geht nicht.«

      Enttäuscht sah Michael ihr zu, wie sie aus dem Bett sprang. »Du willst also jetzt wirklich gehen? Nina?«

      Er hatte geahnt, dass sie zunächst mit Unverständnis auf seine Bitte reagieren würde. Auch auf einen kleinen Streit und Tränen war er im Grunde vorbereitet gewesen. Spätestens in Rom, als er den Vertrag unterschrieben hatte, war ihm bewusst, dass dieser Schritt ein Risiko bedeutete. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass Nina wieder einmal weglaufen würde.

      Im Vorbeieilen küsste sie ihn schnell auf die Stirn.

      »Michi, das führt jetzt zu nichts. Du erwartest doch nicht im Ernst, dass ich jetzt ab sofort alles stehen und liegen lasse. Ich kann dir nicht sagen warum, aber ich kann nicht zwischen dir und meinem Bruder entscheiden. Lass uns heute Abend weiterreden. Vielleicht brauchen wir einfach nur Zeit.«

      »Ja, aber ohne ihn«, sagte Michael

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