Seawalkers (3). Wilde Wellen. Katja Brandis
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Seawalkers (3). Wilde Wellen - Katja Brandis страница 9
»Der Hurrikan bewegt sich wieder auf die Keys zu«, informierte mich Shari, kaum dass Jasper und ich uns zu ihr und den anderen gesellt hatten. »Jetzt steht es fest, Adelina kommt bei uns vorbei!«
»Wann? Wie viel Zeit haben wir?«, fragte ich beklommen.
»Zehn Stunden, vielleicht zwölf, haben sie gesagt«, berichtete Chris und zupfte nervös an seinem schwarzen T-Shirt herum, auf dem ein Sensenmann abgebildet war, mit dem Spruch Beruflich wollte ich immer was mit Menschen machen.
Nur noch zehn Stunden, dann würde der Sturm hier alles aufmischen! Ich merkte, wie ich ernsthaft nervös wurde.
»Immerhin ist es nur ein Hurrikan der Kategorie drei«, sagte Nestor, unser Klassenstreber. »Kategorie fünf wäre schlimmer gewesen.«
Juna tippte sich an die Stirn. »NUR Kategorie drei? Auch die haben Windgeschwindigkeiten von hundertfünfundachtzig Stundenkilometern!«
Der Lautsprecher knackte. »Der Unterricht ist ab sofort gestrichen, geht bitte packen und sagt euren Eltern Bescheid.«
Während die meisten Leute loshasteten, blieb Shari stehen und sah mich mit ihren warmen braunen Augen an. »Meine Sachen lasse ich hier, ich hab eh nicht viel Zeug. Aber deiner Zeichnung von mir darf nichts passieren. Finny, kannst du mein Bild und auch die anderen von Tiago verwahren? Sie sind zu gut, um nass zu werden.«
»Ich werde auf sie aufpassen – und auf deine anderen Sachen, wenn du willst, Tiago«, sagte Finny und berührte mich kurz am Arm.
Schweigend nickte ich, ich brachte kein Wort heraus in diesem Moment. Wie war ich jemals ohne diese wunderbaren Leute ausgekommen?
Kurz darauf wimmelte es in der Eingangshalle und auf dem Parkplatz von Schülern, die hektisch telefonierten, einander zuriefen oder Koffer durch die Gegend zerrten. Juna liefen die Tränen herunter und Mara versuchte, sie zu trösten, bis einer der Alligator-Wandler sie auf dem Weg zum Ausgang grob aus dem Weg knuffte. Um Mr Clearwater drängten sich Schüler mit dringenden Fragen. »Meine Eltern sagen, der letzte Flug geht heute um fünfzehn Uhr – können Sie mir helfen, noch einen Platz zu bekommen?«, hörte ich Tan Li drängen, einen Schüler aus dem zweiten Jahr, in zweiter Gestalt eine Wasserschildkröte.
»Der Wind wird schon stärker … ich flieg los, bevor es richtig schlimm wird«, sagte währenddessen die zierliche Shelby, verwandelte sich vor der Eingangstür und schwang sich als weiße Seeschwalbe in die Lüfte. Ich folgte ihr mit den Augen, bis sie in Richtung Norden verschwunden war. Noch war der Himmel blau … aber das würde er nicht mehr lange bleiben.
Als ich den Blick senkte, zuckte ich zusammen. Das war der brandneue weiße SUV von Lydia Lennox, der die Auffahrt heraufkam … und ich erspähte auf dem Fahrer- und Beifahrersitz ihre Bodyguards, die Tigerinnen. Oh nein! Sie redeten kurz mit unserem Schulleiter – zum Glück, ohne mich zu bemerken –, dann marschierten alle vier direkt in Mr Clearwaters Büro.
In meinem Magen rumorte es. War Mrs Lennox da, um noch einmal zu fordern, dass ich von der Schule flog? Ja, ich hätte vorsichtiger sein müssen, aber eigentlich war der Zwischenfall nicht meine Schuld gewesen!
Das Ganze ließ mir keine Ruhe. Also schlich ich der Gruppe mit gehörigem Abstand hinterher, nahm mir ein Beispiel an Finny und lauschte an der Tür. Klappte ganz gut, ich verstand das meiste … und war verblüfft.
»Haben Sie inzwischen eingesehen, dass es in Ihrem Interesse ist, aus der Blue Reef Highschool einen Besuchermagneten zu machen?«, hörte ich Mrs Lennox fragen. »Sie sind doch eigentlich ein vernünftiger Mann, Jack. Lassen Sie uns planen …«
Darum ging es also! Ellas Mutter hatte immer noch nicht verwunden, dass sie bei der Abstimmung gescheitert war und wir unsere Schule nicht in einen Freizeitpark umwandeln wollten.
»Nein, ich werde so etwas nicht planen, die Abstimmung war eindeutig. Und jetzt habe ich sowieso keine Zeit für Diskussionen.« Jacks Stimme klang rau. »Sie haben schon mitbekommen, dass ein Hurrikan heranzieht, oder?«
Sehr erleichtert schlich ich wieder zurück ins Erdgeschoss und eine Viertelstunde später fuhr der weiße SUV mit quietschenden Reifen zurück auf den Highway 1. Uff. Hoffentlich kam die Lennox nie zurück.
Ich zog mich in eine Ecke der Eingangshalle zurück, um Onkel Johnny anzurufen und ihm zu erzählen, dass ich vorhatte, raus aufs offene Meer zu schwimmen. »Junge, willst du das wirklich?«, erwiderte er. »Ich könnte dich sofort abholen, wir fahren nach Norden. Die Straßen sind schon ziemlich verstopft, aber mit etwas Glück kommen wir noch durch!«
»Ich will es wirklich«, versicherte ich ihm. »Shari und die anderen machen es auch.«
Kurzes Schweigen in der Leitung. Wahrscheinlich weil ich ihm mal erzählt hatte, wie sehr ich Shari mochte.
»Aber du tust es nicht nur deswegen?«, knurrte er dann. »Weil du bei deinen Freunden sein und dich nicht vor ihnen blamieren willst? Das wäre ein ziemlich beschissener Grund, um zu sterben.«
Ich musste grinsen. »Sterben? Eigentlich ist dein Job als Ersatzvater doch, mir zu sagen, dass alles gut wird.«
»Kann sein. Aber ich halte dich nicht für so dämlich, so was zu glauben.«
Am leisen »Pling« hörte ich, dass eine Nachricht auf meinem Handy eingelaufen war. Ah, sie war von meinem Vater, das war eine mittlere Sensation, meine Eltern schrieben mir nicht gerade oft.
»Bleib mal kurz dran«, sagte ich zu Johnny und überflog die wenigen Zeilen.
Hallo, Tiago, wir sind gerade in Korea, wo wir einen großen Konzern beraten, aber wir haben gehört, was bei euch los ist. Bring dich bitte rechtzeitig in Sicherheit. Ich nehme an, dein Bruder wird das ebenfalls tun. Viel Glück! Scott
Wie bitte, ich hatte einen Bruder?! Ich kam mir vor, als hätte mir jemand einen Schlag auf den Kopf verpasst.
Der Countdown läuft
Wow. Ich hatte einen Bruder. Langsam sickerte der Gedanke richtig ein.
»Tiago? Alles klar mit dir? Kannst du mir vielleicht sagen, wo bei euch das Klo ist?«, fragte Izzy, die neue Schülerin.
Ich glotzte sie an. »Klo. Äh, ja, das Klo. Da vorne, beim Eingang der Cafeteria.«
Als sie weg war, stellte ich Johnny zur Rede. »Hast du gewusst, dass ich einen Bruder habe?«
»Was meinst du mit ›Bruder‹?« Er klang ebenso verwirrt wie ich vorhin.
»Verwandt halt, was für Brüder gibt es denn sonst? Und kannst du mal lauter sprechen? Ist einiges los hier.« Ich klang wahrscheinlich endgenervt. »Das mit dem Bruder stand gerade in der Nachricht. Anscheinend lebt er hier in der Gegend, sonst hätte er nicht auch Probleme mit dem Hurrikan.«
Unser Koch Joshua, Noah, Shari und Blue wankten schwer beladen mit Lebensmittelkartons, Kisten mit Werkzeug und anderem Kram an