Cornwall -- Immer wieder Cornwall. Armin und Rosemarie Foxius
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Die rechte Spalte der Seite 22 stellt uns Cornwall vor, benennt die Aussprache („Cornwahl“) und beschreibt die Geographie.
Die „Vorzüge eines äußerst milden Seeklimas“ werden erwähnt, auch, dass „die Myrte im Freien, dass Pomeranze, Wein und Aprikosen die Winter überdauern.“ Es gebe ausgedehnte Moorstrecken, „und die Weiden eignen sich nur zur Schafzucht.“
Dann: „Reich ist C. an Mineralien, besonders an Kupfer, Silber, Blei und Zinn, welches letztere einst ganz England den Namen der Zinninseln (Kassiteriden) einbrachte“. Es werden „Seifenstein und Porzellanthon“ als Ausfuhrprodukte erwähnt. Neun Zehntel der Bevölkerung arbeite im Bergbau. „Getrieben“ würde „Schiffahrt und Fischfang (Pilchard)“.
Dann: „Der cornische (keltische) Typus der Bevölkerung ist kenntlich an den schwarzen Haaren, dunklen Augen, länglichem Gesicht und der braunen Gesichtsfarbe.“
Die Hauptstadt sei Bodmin, der beste Hafen Falmouth und Redruth das Zentrum von Bergbau und Zinnhandel. Ein Teil der Grafschaft sei seit 1330 unter dem Titel eines Herzogtums Eigentum des Prinzen of Wales.
Den Abschluss bilden vier Literaturhinweise, darunter ein englischer Tourist’s guide aus London (1887) und drei Bände der Bibliotheca Cornubiensis (London 1874 ff.).
Das wusste also der geneigte Leser vor 120 Jahren.
Die in Cornwall spielenden deutschen Pilcher-Verfilmungen unserer Tage im ZDF vermitteln ein anderes Bild als dieser trockene Text eines Nachschlagewerks des wilhelminischen Bürgertums.
Wer wusste damals und wer weiß heute was?
Ar
China Clay: Porzellanerde
In unserer Vitrine, in der wir Mitbringsel von Reisen, Gefundenes, Gekauftes, Typisches und Absonderliches sammeln, befindet sich auch ein Beutel, gefüllt mit knapp 100 g eines weißen Pulvers. Der Beutel ist auf einen Pappstreifen getackert. Darauf gibt ein Aufdruck Auskunft über Inhalt und Herkunft des Beutels, nein, nein, kein Kokain: „A Sample of Cornish CHINA CLAY from St. AUSTELL. WHEAL MARTYN MUSEUM – The Cornish China Clay Museum at Carthew near St Austell”.
In der englischen Sprache bezeichnet China nicht nur das Land im fernen Osten, sondern auch Porzellan, eine Würdigung des Landes, in dem die Kunst der Porzellanherstellung bekannt war, lange bevor es 1708 dem deutschen Alchimisten und Naturforscher Johann Friedrich Böttger als erstem Europäer gelang, Porzellan herzustellen. Die Tonerde, die dazu benötigt wird, heißt Porzellanerde, china clay, Kaolin.
Kaolin ist ein feines weißes Gestein, das weltweit nur an relativ wenigen Orten vorkommt, in den Lagerstätten aber in so großen Mengen, dass der Abbau noch Jahrhunderte möglich sein soll. In Cornwall wurden lohnenswerte Mengen von Kaolin 1745 von dem Apotheker William Cookworthy aus Plymouth entdeckt. 1768 meldete er ein Patent zur Porzellanherstellung an, gründete eine Fabrik Plymouth Porcelain Factory und begann mit der Vermarktung des Rohstoffes.
Kaolin wird nicht nur als Grundmaterial für die Porzellanherstellung benutzt, sondern wird sehr vielfältig als Rohstoff verwendet. So spielt es als Füllstoff und als Streichpigment bei der Herstellung von Papier eine wichtige Rolle. Als unbedenkliche Substanz ist es Bestandteil von Medikamenten, kosmetischen Pudern und Nutztierfutter; es wird in Wasser gelöst als Sonnenschutzmittel in Apfelplantagen gesprüht und dient als weißes Pigment für Anstrichfarben.
Absatzmöglichkeiten gibt es also viele. Der Abbau der Porzellanerde geschieht im Tagebau, in Cornwall in der Gegend rund um St Austell, Die Landschaft wurde dadurch in den vergangenen 250 Jahren in ähnlich dramatischem Maße umgewühlt, wie wir es in Deutschland aus Gegenden mit Braunkohletagebau kennen. Die riesigen Gruben und die aufgetürmten Abraumhalden, Cornish Alps, prägen heute das Landschaftsbild. Orte wurden in Funktion, Namen und Charakter verändert. Der kleine Fischerhafen West Polmear mit gerade mal neun Einwohnern wurde als Charlestown zum Hafen für große Frachtschiffe ausgebaut, sodass zunächst Kupfer und dann im großen Stil Kaolin verschifft werden konnte. Die Bevölkerung wuchs auf 3000 Menschen. Bahnlinien für den Transport der Porzellanerde zu den Häfen Charlestown, Fowey und Par wurden angelegt, Straßen gebaut.
Als wir uns im September 2015 in Fowey nach über dreißig Jahren noch einmal die Verladestellen für die Porzellanerde anschauen wollten, ging das nicht mehr. Ein hoher Zaun schützt das Gelände vor unbefugtem Zutritt. Ob der Besitzerwechsel damit zu tun hat, wissen wir nicht. Ehemals in britischer Hand gehört das cornische Kaolin seit 1999 einem französischen Konzern, Imerys. 1989 wurden in Fowey 1,9 Millionen Tonnen Kaolin verladen, heute nur noch 750.000 Tonnen im Jahresdurchschnitt. Ob der Besitzerwechsel damit zu tun hat, wissen wir nicht. Kaolin ist nach wie vor ein begehrter Rohstoff. Die cornischen Vorräte sollen noch für 50 Jahre reichlich vorhanden sein. Es heißt, Imerys habe den Schwerpunkt seines operativen Geschäfts nach Brasilien verlegt.
Wenn ich eine Tablette nehme, vorher den Beipackzettel lese und den Schluck Wasser dazu aus einem Porzellantässchen trinke, denke ich an Cornwall und sein Kaolin.
Ro
Coast Path: Zu Fuß zu sich selbst
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. November 2018 meldet, ein Ross Edgley sei als erster Mensch der Welt in den letzten Monaten einmal um Großbritannien herum geschwommen. Vor zwei Tagen sei er in Margate/Kent wieder angekommen, wo er vor 157 Tagen gestartet sei. Es seien 2882 Kilometer gewesen.
Das ist Rekord, interessant und löblich. Jetzt ist dies also auch getan.
Die Umrundung der Insel geht auch zu Fuß. Dafür gibt es den Coast Path, einen Fußweg, immer entlang der Küste, ein Wanderweg in ständiger Kommunikation mit dem Meer.
Wir beschäftigen uns hier mit den Abschnitten rund um die cornische Halbinsel. Es gibt zum Beispiel von St Ives bis Plymouth an der Grenze zu Devon 37 Sektionen für eine Strecke von 247 Kilometer. Diese sind höchstens 8 km lang, brauchen aber wegen des anspruchsvollen Geländes ihre Zeit. Es gibt genug Informationsmaterial, die das Ansteuern und Verlassen der einzelnen Etappen erleichtern. Ein Übernachten auf dem Coast Path ist nicht erwünscht und verboten; einige kleinere benachbarte Campingplätze können genutzt werden.
Im späten Frühjahr wird der Weg von den anliegenden Gemeinden und freiwilligen Helfern im Zustand kontrolliert, ausgebessert, es werden Stege neu errichtet, alles wird wieder passierbar gemacht, wegbreite Benzin betriebene Fräsen schaffen Platz für zwei Füße nebeneinander, mit der Sense wird links und rechts geräumt.
Da der Coast Path zumeist erhöht an der Kante des Hochplateaus über der oft schroff abfallenden Steilküste verläuft, war er schon immer ein sehr gutes Kontroll- und Beobachtungsinstrument. Von hier aus konnte man Fischschwärme verfolgen, von See aufkommende Unwetter, die heimkehrende eigene Flotte, feindliche Operationen (wie die Spanier-Invasionen, napoleonische und deutsche Eroberungsversuche), fremde Handelsschiffe, die in Seenot gerieten, oder die man bewusst mit Signalen fehlleitete und zur Plünderung vorsah.
Der Fußweg entlang der Küste war zwar länger, aber oft weniger beschwerlich als die Strecken über Land durch unbefestigte Hohlwege, wobei ja auch noch die die Felder und Weiden umschließenden Mauern überwunden werden mussten. Auch auf dem Coast Path heute gibt es Mauern, die aber mithilfe von geschickt konstruierten Klapptoren oder Holzstufen überwunden werden können. Geht es über Viehweiden, sind die Tiere friedlich und ziehen sich bei gemächlichen Wanderern weiter zurück.