FREUNDE, DIE KEINE SIND. Suman Lederer
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Es war noch ein Monat bis zum Wettbewerb in Neu-Delhi. Das Management für das Schulmilitär hatte entschieden, dass Suwarna am Schießplatz zweimal in der Woche schießen üben sollte. Der Vorschlag gefiel ihr. Das Hin- und Herfahren war lästig, da die Busse immer so voll waren, dass man immer so schwitzte und nach der Rückkehr immer sehr müde war, aber toll fand sie das Schießen.
Beim fünften und letzten Camp war Suwarna in Neu-Delhi, Bharati war nicht dabei, da sie für keinen der Wettbewerbe ausgewählt worden war. Aber mittlerweile kannte Suwarna die anderen Mädchen in ihrem Team genauso gut, sodass sie sich keine Gedanken machte, sich einsam zu fühlen.
Endlich kam der Tag, die beste Uniform angezogen, gebetet, sich mental darauf vorbereitet, und los ging sie. Mit dem Militärlastwagen wurden alle für das Schießen ausgewählten Mädchen zu dem Schießplatz in den Bergen gebracht. Die Nummern wurden ausgeteilt. Die Zeit wurde plötzlich so langsam wie in Zeitlupe. Endlich waren Suwarna und vier weitere Mädchen an der Reihe. Sie bekamen jeweils fünf Patronen, Magazin aufgeladen, Magazin ins Gewehr geschoben, das Klicken beim Einrasten gehört, noch mal überprüft, eins, zwei, drei Schritte nach vorne, dann auf den Bauch gelegt, sich in Position gebracht, das Gewehr richtig und fest gehalten, die Figur vorne, die so groß war wie die eigene Hand, ins Visier genommen, Gewehrposition angepasst, noch mal gezielt, angepasst, gezielt, angepasst, dann still gehalten. Erster Schuss – geschossen, zweiter Schuss – geschossen, dritter Schuss – geschossen, vierter Schuss – geschossen, und fünfter Schuss – geschossen. Dann beim Befehl „Gewehr hinlegen“ aufgestanden, hingerannt, die Figur gehoben und zurück.
Sie sah auf ihre Figur, konnte vier Löcher erkennen, die so dicht beieinander waren, dass jeweils ein Teil von allen vier Schüssen zusammenkam, sodass alle Löcher zusammen so aussahen wie ein vier blätteriges Kleeblatt. Super, der fünfte Schuss würde in der Mitte sein, das Loch in der Mitte war groß genug. Stolz übergab sie ihre Figur den Offizieren. Sie prüften sie und fragten:
„Wir sehen nur vier Löcher, wo ist das fünfte?“
Suwarna sagte ganz stolz: „In der Mitte der vier, es ist genug Platz. Wenn vier so dicht beieinander sind, kann das fünfte doch nicht so weit sein, dass man es gar nicht auf der Figur sieht.“
Die Offiziere waren damit nicht einverstanden, sie sagten, es müssten fünf Schüsse zu erkennen sein, aber es waren lediglich vier Teilränder zu erkennen. Suwarna versuchte ihnen das noch mal und noch mal zu erklären, aber sie schüttelten nur den Kopf und wiederholten nur, dass fünf Schüsse zu erkennen sein müssen. Na toll, dachte sie. Na gut, dann sollte man ihr noch eine Chance geben, dann würde man schon sehen. Nein, das ging nicht!
Am Abend gratulierte sie der Gewinnerin und verabschiedete sich von allen Mädchen aus allen Bundesstaaten, die sie kennengelernt hatte. Sie kannte sie mit ihrem Namen, wo sie herkamen, in welche Schule sie gingen, was ihre Eltern vom Beruf waren, ob sie Geschwister hatten, was sie mochten und viel wichtiger, was nicht, und so weiter. Sie hatte sie gern, obwohl sie sie erst ein paar Tage kannte. Es war irgendwie schade, dass das Camp zu Ende ging. Enttäuscht war sie, dass man ihr keine zweite Chance geben wollte, aber es war alles halb so schlimm.
Das Camp war super, sie hatte so viele andere Mädchen aus anderen Teilen Indiens kennengelernt, sie waren sogar zwischendurch einmal nach Agra gefahren, um das berühmte Taj Mahal zu sehen, das sie aber bereits gesehen hatte, als sie für Tischtennis als Mitglied der Maharashtra-Delegation die letzten zwei Male in Neu-Delhi war, sie hatten alle viel Spaß zusammen bei den Schießübungen, bei anderen Übungen, beim Lernen, es war insgesamt eine tolle Erfahrung, und eine tolle Zeit. Beim Schießen könnte sie ein anderes Mal vielleicht gewinnen!
Mittlerweile hatte sie mit Tischtennis ziemlich aufgehört, sie war für die vier Camps jeweils sieben bis zehn Tage weggewesen, sie musste zweimal in der Woche Schießen üben gehen, es war alles anstrengend, und die Schularbeit durfte sie auch nicht vernachlässigen. So blieb kaum Zeit übrig für andere Aktivitäten, selbst für ihr geliebtes Tischtennis nicht. Aber alles halb so schlimm, dachte sie.
Im Laufe des Jahres wurde sie an der Schule im akademischen Bereich als eine der fünf begabtesten Schülerinnen ausgewählt und durfte in den Sommerferien einen 10-tägigen Sonderkurs für begabte Schüler in der weit entfernt liegenden Stadt Indore besuchen. Als es soweit war, fuhr Suwarna mit vier anderen Schülern und zwei Lehrern dorthin. Tagsüber hatten sie Kurse in Mathe, Naturwissenschaften, Gehirn-Joggen und dergleichen. Am Nachmittag waren Freizeitaktivitäten geplant, die Abende waren frei zum Spazieren gehen, Einkaufen gehen oder nur Herumhängen. Wieder eine tolle Erfahrung für Suwarna!
Nach den Sommerferien kam Suwarna in die zehnte Klasse. In Indien galt der Abschluss nach der zehnten Klasse als sehr wichtig, die Abschlussprüfungen wurden in der Regel entsprechend schwer gestaltet. Außerdem bekam man abhängig von den Noten die Zulassung für das entsprechende Fach im Abitur, das zwei Jahre ging, nämlich die elfte und zwölfte Klasse, wie man sie in Indien nannte. Schule, lernen, nur ab und zu Tischtennis spielen, Freunde treffen, so verging die Zeit. Im Laufe des Schuljahres bekam Suwarna den Preis für die Schülerin des Jahres, für ihre hervorragenden Leistungen im akademischen Bereich sowie im Sport.
Zu Hause ermutigte Suwarna ihre Mutter, sich erneut in Deutschland um eine Krankenschwesterstelle zu bewerben, da sie dafür ausgebildet war. Nach dem Tod ihres Vaters vor einigen Jahren wäre es für sie alle eine gute Abwechslung, ihre Mutter könnte wieder nach Deutschland gehen und dort arbeiten, ihr Bruder könnte nach Bengaluru ins Internat gehen, oder in Mumbai bei den Großeltern bleiben, sie selbst könnte in Bengaluru ebenfalls ins Internat gehen, etwas, das sie schon lange wollte, damit würde sie die Unabhängigkeit und Selbständigkeit erlangen, die sie schon immer wollte.
Der März kam, am Ende des Monats begannen die Abschlussprüfungen und gingen nach zwei Wochen zu Ende. Gegen Ende der Prüfungen bekam ihre Mutter ein Schreiben aus Deutschland, dass sie dort im selben Krankenhaus wieder arbeiten könnte, in dem sie früher gearbeitet hatte, sie sollte das Visum beantragen. In zwei Monaten könnte sie nach Deutschland gehen. Das wäre der Zeitraum, an dessen Ende Suwarna die Ergebnisse der Abschlussprüfungen erhalten sollte. Also könnte sie zum gleichen Zeitpunkt dann nach Bengaluru ins Internat gehen. Ihr Bruder, Sandip, entschied sich, bei den Großeltern in Mumbai zu bleiben. Dann sollte alles so sein!
Ein Jahr später kam sie in den Schulferien für zwei Wochen von Bengaluru nach Mumbai. Sie wohnte bei Rewathi, da ihr eigenes Haus bereits verkauft worden war. Es war toll, wieder in Mumbai zu sein, mit Rewathi, wie früher Pav Bhaji4 essen zu gehen, mit ihr bis spät in der Nacht über Jungen zu reden, mit Rewathi und ihrer Clique auszugehen, ins Kino, Restaurant, einfach herrlich. Sie hatten sich selbstverständlich viel zu erzählen, immerhin war sie ein ganzes Jahr weg gewesen.
Während ihres Aufenthaltes dort traf sie sich nur einmal mit Sujit. Ihr Gespräch ließ sich irgendwie schwer gestalten, da er sich wahrscheinlich im Lernstress