FREUNDE, DIE KEINE SIND. Suman Lederer

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FREUNDE, DIE KEINE SIND - Suman Lederer

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sonst würde ich es nicht vorschlagen. Ich habe vorhin mit den Jungs gesprochen, und es war ihr Vorschlag. Du kennst sie ja alle bereits, also sollte es nicht wirklich ein Problem sein.“

      Es gab zwei Schlafzimmer, zum Schlafen teilen sich die acht Jungen normalerweise auf die zwei Schlafzimmer auf. Da Suwarna aber in einem schlafen sollte, verteilten sich alle anderen auf das andere Zimmer sowie auf das wirklich kleine Wohnzimmer. So gut hatte sie seit einer Ewigkeit nicht geschlafen. In der Nacht hätte sie kein Erdbeben wecken können. Am nächsten Morgen ging sie fast strahlend in ihre WG zurück. Der Tag verlief normal, nichts Außergewöhnliches. Am Abend ging sie wieder zu Pardhan in die WG. Vier Nächte schlief sie bei ihm und seinen hilfsbereiten WG-Kollegen. Sie redeten alle nett mit ihr, erzählten ihr Witze und Verliebtheitsgeschichten, wer in wen verknallt war, versuchten sie aufzuheitern und ihr zu helfen.

      Zu dem Zeitpunkt dachte sie, ich werde ihnen allen ewig dankbar sein. Zu dem Zeitpunkt wusste sie nicht, dass es wirklich so sein würde, dass sie zumindest Pardhan für seine Hilfe ewig dankbar sein würde! Ob er das wusste? Wahrscheinlich schon! Denn zumindest auf Suwarna machte er immer den Eindruck, dass er alles ahnte, alles wusste, nur nicht immer etwas dazu sagte.

      Wenn sie ihn etwas fragte, ganz egal was, hatte er immer eine vernünftige Antwort für sie parat. Manchmal sagte er aber auch:

      „Suwarna, was fragst du mich da? Woher soll ich das wissen?“, wenn sie ihn aus heiterem Himmel etwas fragte, was er wirklich nicht hätte wissen können.

      Pardhan war sehr ehrlich und direkt. Wenn er ahnte, dass seine direkte Antwort nicht gut ankommen würde, sagte er einfach nichts.

      Er besuchte sie später im Leben einmal in Karlsruhe, als sie noch in Deutschland war und er für einige Zeit in Frankreich arbeitete. Max und Suwarna besuchten ihn und seine Familie Jahre später in Bengaluru. In der Zwischenzeit versuchten beide, Pardhan und Suwarna, irgendwie in Kontakt zu bleiben, selbst wenn es nur ein loser Kontakt war.

      Jahre später belog er sie einmal, nur einmal im Leben, und das wegen des Netzwerks. Die Frauengruppe, mit „freundlicher“ Unterstützung aus Mexiko, Kanada und Russland, hatte es geschafft, sogar ihn umzustimmen, bei ihrem hinterhältigen Spiel gegen Suwarna mitzumachen, natürlich ohne dass er hätte vermuten können, dass es ein hinterhältiges Spiel war. Aber das kam vierundzwanzig Jahre später.

      Dann kam das Wochenende, sie ging zu ihrer Cousine nach Hause. Aber vorher, als Suwarna sie anrief, sagte sie noch zu ihrer Cousine:

      „Pass auf, wir brauchen nicht wirklich über das alles reden, lassen wir es im Moment, es würde Tante und Onkel nur stressen!“

      Am Sonntag kamen ihre Mitbewohnerinnen zurück und alles ging seinen gewohnten Gang weiter wie immer.

      In den Folgetagen und -wochen bekam Suwarna nur nebenbei mit, dass ihre Tante und ihr Onkel schon etwas vermutet hatten, als ihre Cousine ihnen eine Geschichte erzählte, die keinen Sinn ergab, wie Suwarna ihren Goldschmuck und ihr Geld verloren hatte. Daraufhin hatten sie ihre Mutter in Deutschland angerufen, obwohl so ein Auslandsanruf teuer war, aber es war eine dringende Sache, und sie wollten es mit ihr besprechen. Ihre Mutter hörte sich alles an, natürlich war sie besorgt, aber was konnte sie aus der Ferne auch tun! Sie erkundigte sich, wie es Suwarna gehe, eigentlich sei nichts weiter zu merken. Okay, sie würde sich Gedanken machen und danach mit Suwarna reden.

      Madita machte sich Gedanken, sie redete mit anderen Bekannten in Karlsruhe, danach war die Entscheidung getroffen und sie rief Suwarna an. Sie erzählte ihr nicht, dass ihre Tante sie angerufen hatte. Nach den üblichen Fragen über dies und das sagte ihre Mutter, dass sie ihre Schwester angerufen hatte; bei dem Gespräch hätte ihre Schwester dann etwas über Geld und Gold erwähnt. Suwarna wich dem Thema aus, sie wollte noch nicht darüber reden und alles noch einmal aufwühlen und durcherleben.

      „Möchtest du nach Deutschland kommen?“

      Die Frage riss sie aus ihren Gedanken heraus.

      „Wie, in den Ferien meinst du? Wie letztes Mal?“ fragte Suwarna; die letzten Ferien in Deutschland waren hervorragend gewesen, und sie hätte nichts dagegen gehabt, noch einmal hinzufliegen.

      „Zum Studieren“, sagte ihre Mutter.

      „Hä? Was meinst du, zum Studieren? Ich studiere doch bereits. Soll ich danach noch mal in Deutschland studieren?“ Suwarna war verwirrt.

      „Jetzt. Ich meine, nachdem wir für dich ein Visum haben. Das dauert ein paar Monate. Du bist jetzt neunzehn, erst mal kannst du hier die Sprache lernen, anschließend studieren. Natürlich zählen die Prüfungen nicht, die du an der Uni bereits abgeschlossen hast. Überleg’s dir. Du hast noch dein ganzes Leben vor dir. Du kannst mich in den nächsten Tagen anrufen und mir sagen, was du möchtest.“

      Sie verabschiedeten sich und legten auf.

      Boom! Suwarna war verwirrt. Was war denn das bitte! Deutschland? Sie hatte schon gewusst, sprich gedacht, dass sie nach ihrem Studium nicht wie alle anderen in die USA, sondern nach Deutschland gehen würde, denn ihre Mutter war dort, aber halt erst nach dem Studium. Aber jetzt schon? In ein paar Monaten wäre das zweite Jahr ihres vierjährigen Studiums fertig gewesen. Ihr Studium jetzt abbrechen? Ihre Freunde, ihr Freund, die Stadt Bengaluru, das Essen – als Vegetarierin hatte sie es das letzte Mal vor drei Jahren in Deutschland nicht leicht gehabt, als sie in ihren Sommerferien für zwei Monate dort gewesen war, teilweise hatte sie nur Pommes frites gegessen, sogar der Salat wurde mit Schinkenstreifen serviert! Ihr ganzes Leben würde sich ändern!

      Auf der anderen Seite … Warum nicht? Wer wusste, was in zwei bis drei Jahren sein würde? Diese Zeit, das eine Jahr, beziehungsweise die eineinhalb Jahre würde ich schon irgendwie wieder einholen können, dachte sie. Sie war doch intelligent, sie war enthusiastisch, sie wollte etwas machen, sie wollte arbeiten, in der Gesellschaft ihren Beitrag leisten, das musste doch möglich sein, selbst wenn sie anderthalb Jahre später als geplant fertig würde, wenn sie nach Deutschland ginge. Ein Neuanfang! Hm, kein schlechter Gedanke! Warum also nicht?

      Am nächsten Tag rief Suwarna ihre Mutter an.

      „Ja Mama, ich komme. Du kannst bitte alles einleiten. Ich möchte nur eines wissen, mit wie viel Wartezeit muss ich rechnen, und was soll ich alles vorher noch vorbereiten? Ich komme.“

      Sie strahlte und lachte und lachte und lachte am Telefon. Ihre Mutter freute sich. Das hatte sie sich erhofft. Manchmal traf sie bewusst oder unbewusst die richtigen Entscheidungen und wusste Suwarna richtig anzuleiten. Manchmal auch nicht. Diesmal lag sie richtig!

      An der Uni erzählte Suwarna ihren Freunden von dem Gespräch mit ihrer Mutter. Erst mal Stille! Dann fingen plötzlich alle an, dieselben Sachen zu sagen und fragen, die Suwarna bereits durchgegangen war: Was war mit dem Studium, nur noch ein bisschen und dann wäre sie fertig und würde dann einen Abschluss haben, was war mit ihnen allen, sie würde sie verlassen und gehen, was war mit ihrem eigenen Leben, welche Sprache sprach man in Deutschland, wie wollte sie dort mit den Leuten reden, kannte sie dort jemanden, was würde sie dort studieren, wann käme sie sie besuchen, das nächste Jahr oder später, konnte sie sie früher und regelmäßig besuchen kommen, wenn sie dort Freunde hätte, würde sie sie vergessen, und so ging die Mittagspause und die ganze Zeit nach der Uni vorbei, Suwarna und ihre Freunde, wie würde sie ohne sie leben können?

      Suwarna empfand, dass die nächsten vier Monate wie im Flug vergingen. Sie wusste, Zeit lief nie schneller oder langsamer, Zeit verlief immer mit derselben Geschwindigkeit, dennoch hatte sie das Gefühl, dass die Zeit schneller gelaufen war. Ihre Freunde erkundigten sich jeden Tag bei ihr, ob es etwas Neues gab. Ihre Mutter hatte zwischendurch einige

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