FREUNDE, DIE KEINE SIND. Suman Lederer

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FREUNDE, DIE KEINE SIND - Suman Lederer

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nichts ausmachte, sie liebte Tischtennis und wollte einfach nur weiterspielen. In den Sommerferien besuchte sie Tischtennis-Camps. Sie hatte das Glück, in den Camps eine sehr gute Tischtennislehrerin zu finden, die genau sah, wo die Spielschwächen von Suwarna lagen und sie richtig anleiten konnte.

      Seit ihrer Kindheit hatte Suwarna Badminton gespielt. Als sie anfing, an Tischtenniswettbewerben teilzunehmen, überlegte sie sich, ebenso an Badmintonwettbewerben teilzunehmen. Erstaunlicherweise kam sie auch im Badminton unter die Top 3 in der Stadt Mumbai. Es ging dann weiter auf Bundesstaatebene, da kam sie auf Platz 3. Es hieß, dass die Top-Spielerinnen nach Neu-Delhi fahren würden, um dort auf Bundesebene zu spielen, das einen Monat später wäre, geschafft. Für sie würde das bedeuten, in Neu-Delhi beide Spiele, Tischtennis und Badminton, zu spielen, das würde ein wenig Koordination brauchen, aber das machte nichts, alles machbar!

      Einen Monat später kam sie von Mumbai nach einer vierstündigen Busfahrt in der Stadt Pune an. Alle ausgewählten Spieler für die verschiedenen Spiele sollten dort zusammenkommen und anschließend gemeinsam mit dem Zug nach Neu-Delhi fahren, die Delegation von Bundesstaat Maharashtra. Alle, die sich kannten, unterhielten sich, erkundigten sich, ob man genug geübt hatte und so weiter, die üblichen Fragen. Suwarna sollte sich bei den Organisatoren melden, also ging sie zur Anmeldung, für Tischtennis.

      Anschließend ging sie zur Anmeldung für Badminton. Aber man konnte ihren Namen auf der Liste nicht finden. Was ist denn da los, dachte sie. Ihr Name war nach den letzten Wettbewerben doch auf der Liste gewesen. Aber plötzlich war sie auf der Liste auf Platz vier zu finden, und nur drei sollten am Wettbewerb in Neu-Delhi teilnehmen. Das kann ja nicht wahr sein, sie war doch auf dem dritten Platz. Sie sagte zu den Organisatoren, sie sollten das Mädchen fragen, das plötzlich auf Platz drei stand, und sie könne bestätigen, dass sie eigentlich gegen Suwarna verloren hatte und auf Platz vier gestanden war. Aber das andere Mädchen blieb still, sagte kein Wort und stand nur so da. Die Unterlagen vom letzten Wettbewerb waren überraschenderweise nicht zu finden. Alle sahen sich nur verwirrt an und sagten, Na ja, sie würde ohnehin für Tischtennis nach Neu-Delhi fahren, also sollte sie in Neu-Delhi nur mit Tischtennis weitermachen. So ging ihr Traum, Weltspielerin in Badminton zu werden, zu Ende! Es tat schon weh, aber sie tröstete sich selbst, na gut, dachte sie, ich würde mich in Zukunft nur noch auf Tischtennis konzentrieren.

      Das war ihre erste Erfahrung mit dem Lauf der Dinge im Leben. Mit ihren knapp zwölf Jahren fand sie dieses Erlebnis schwer zu verdauen, unfair, ungerecht, enttäuschend, und die erste Menschenkenntnis, die sie aber zu dem Zeitpunkt leider nicht verinnerlichte, das wäre gut für ihre Zukunft gewesen!

      Nach ihrer Rückkehr aus Neu-Delhi zogen Suwarna und ihre Familie in das neue Haus, das nach eineinhalb Jahren Bauzeit fertig gebaut worden war. Es war ein tolles Gefühl, ein eigenes Haus! Sie kannte kaum Schüler in der Schule, die ein eigenes Haus hatten. Ihr Haus war etwas weiter weg von der Schule. Sie und ihr Bruder mussten jeden Tag dreißig bis vierzig Minuten bis zur Schule zurücklegen. Aber was waren dreißig bis vierzig Minuten pro Strecke, wenn man dafür in einem schönen großen, vor allem im eigenen Haus wohnte! Ihre Eltern hatten ihr Schlafzimmer im Erdgeschoss, damit ihre Mutter nicht so oft nach oben und unten musste, sie und ihr Bruder bekamen jeweils ein Zimmer im ersten Stock, wo sich ebenso ein Badezimmer sowie eine Terrasse befanden, hervorragend!

      Alle Häuser dort lagen ziemlich nahe beieinander, man konnte in die anderen Häuser hineinsehen, aber was sollte es! Jeder war so beschäftigt – Arbeit, Schule, kochen, Hausaufgaben machen – dass die Leute kaum Zeit dafür hatten, in die Häuser anderer hineinzusehen. Na ja, das galt für die meisten Leute, denn es gab dort natürlich ebenfalls eine neugierige Nachbarin, die meistens hinter ihrem Vorhang stand, aus dem Fenster hinaussah und die Leute beobachtete. Alles halb so schlimm.

      Suwarna lag auf ihrem Bett in ihrem Zimmer und schaute an die Decke, dann rollte sie sich hinüber zum Fenster und schaute hinunter. Da sah sie die zwei Jungen – ihre Nachbarn, einer war bestimmt kleiner als sie, und der andere sah viel größer aus. Aha, zwei Brüder, dachte sie, offensichtlich war einer jünger als sie und der andere älter.

      Zwei Tage später kam die Nachbar-Tante zu ihnen nach Hause. Suwarna und ihre Mutter waren zu Hause. Suwarna machte die Tür auf und bat sie herein. Dann rief sie ihre Mutter. Alle unterhielten sich nett. Da sagte die Nachbarin zu ihrer Mutter,

      „Sie haben doch zwei Kinder, wie ich gehört habe, wo ist denn Ihre Tochter?“

      Suwarnas Mutter war verwirrt und sagte, „Das ist meine Tochter, mein Sohn ist mit Freunden spielen gegangen.“

      Daraufhin war die Nachbarin verwirrt und verlegen, sie hatte gedacht, Suwarna wäre ein Junge, na so was!

      Als die Nachbar-Tante nach Hause ging, ging Suwarna mit ihr mit, um ihre Kinder kennenzulernen. Sie verstand sich mit dem Jüngeren sofort gut, bei dem Älteren war sie leicht verlegen, vielleicht weil er aus ihrer Sicht so gut aussah, wie ein Bollywood-Schauspieler, dachte sie innerlich. Der Jüngere, Trishul, war zwei Jahre jünger als sie, sie unterhielten sich prächtig, er war so lustig. Den älteren, Sujit, schaute sie immer nur aus dem seitlichen Augenwinkel an. Ab dem Zeitpunkt an verabredeten sich Trishul und Suwarna fast täglich zum Spielen. Sie hatten einander immer sehr viel zu erzählen. Wenn Suwarna bei Trishul zu Hause war und sie Karten oder sonst was spielten und einfach ohne Grund laut lachten, kam Sujit öfters mal vorbei, um zu sagen, dass sie nicht so laut und blöd lachen sollten, da er beim Lernen war. Aber Trishul war das egal. Er lachte gleich noch lauter weiter.

      Suwarna wusste, dass Sujit bis spät am Abend in der kleinen Kammer vor seiner Dachterrasse saß und lernte. Aus dem Fenster der kleinen Kammer vor ihrer Dachterrasse konnte sie ihn sehen. Sie ging hinauf, stand ein paar Minuten da und schaute ihn an. Das wurde dann zu ihrem Abendritual.

      Manchmal traf sie ihn zufällig irgendwo auf der Straße, dann fragte er sie nach der Schule, oder nach ihrem Bruder, meistens erstarrte sie und kriegte kaum ein Wort heraus. Meistens war es auch nicht notwendig, zu antworten, denn er fragte sie etwas, gab dann selbst die Antwort, fand es lustig, was er gerade gesagt hatte, und lachte. Sie lächelte dann auch verlegen. Aber etwas zu sagen fiel ihr nicht ein. Allmählich entwickelte sie sich aber so weit, dass sie ihm zumindest irgendeine Frage stellen konnte, und war dann ganz stolz darauf, dass sie ein Gespräch angefangen und mit ihm geredet hatte. Na, immerhin!

      An einem bestimmten Wochenende hatten ihre Cousins bei ihnen übernachtet. Suwarna und ihr Bruder hatten beide sehr gern. Am Samstagabend wurde lange Karten gespielt, es war lustig. Alle vier schliefen anschließend im ersten Stock in ihrem Zimmer auf dem Doppelbett ein.

      Am nächsten Morgen wachte Suwarna als Erste auf. Sie wusste, dass ihr Vater im Nebenzimmer zuerst gearbeitet und anschließend geschlafen hatte, da sie ihn noch gesehen hatte. Sie ging hin, schob die Tür, sie ging nicht auf. Sie ging zur Terrasse, machte ein Fenster zum Zimmer auf und schaute hinein. Sie erschrak, ihr Vater lag auf dem Boden, irgendwie so still. Sie rief ihn ein paar Mal, aber er bewegte sich nicht. Sie ging in ihr Zimmer, weckte ihren Bruder auf und sagte ihm, er solle mitkommen. Zusammen gingen sie zum Fenster, schauten hinein, ihr Bruder schob die Hand durch das Fenster zur Tür nebenan, machte die Tür auf, beide gingen hinein zum Vater hinüber. Er lag so still da, so leblos. Sie gingen dann hinunter zu ihrer Mutter und sagten ihr, sie solle mitkommen und leise sein. Sie dachte, sie spielten ein Spiel und ging mit. Leise gingen sie alle drei nach oben, ins Zimmer. Und da fing ihre Mutter an, laut zu schreien.

      Sie hatten gerade Ferien und mussten nicht zur Schule gehen. In den Folgetagen kamen immer wieder mal die Nachbarn oder Kollegen von ihrem Vater vorbei, um ihr Beileid auszusprechen. Er war so ein netter, lieber, hilfsbereiter Mensch gewesen, so jung, warum musste das gerade ihm passieren, warum musste es gerade ihnen allen passieren, was sollte aus der Familie werden, wie sollte alles weitergehen, brauchten sie etwas, sie sollten sich melden, und so weiter. Außerdem wurde auch viel gemunkelt, war es ein Selbstmord, war es

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