FREUNDE, DIE KEINE SIND. Suman Lederer

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FREUNDE, DIE KEINE SIND - Suman Lederer

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Mitbewohnerinnen saßen noch eine Weile auf der großen Terrasse vor ihrer kleinen Wohnung und sahen in die dunkle Nacht hinaus. Der Himmel war sternenlos, so bezeichnend für das, was gerade passiert war. Einerseits wurde immer wieder überall erzählt, dass so etwas passierte, aber niemals hätten sie gedacht, dass es einer von ihnen passieren könnte. Aber was hätten sie jetzt machen können!

      Nachdem Suwarna das ganze Geschehnis bestimmt zwanzig Mal erzählt hatte und ihre Mitbewohnerinnen trotzdem jedes Mal genauestens zugehört und teilweise dieselben Fragen gestellt und ihre Fassungslosigkeit zum Ausdruck gebracht hatten, entschieden sie alle, schlafen zu gehen und am nächsten Tag zu sehen, was zu tun war. Diese dunkle Nacht würde Veränderungen bringen, aber das wusste Suwarna zu dem Zeitpunkt nicht, auch nicht, dass diese Veränderungen für sie gar nicht mal so schlecht sein würden.

      Irgendwann schlief Suwarna ein. Mehrmals in der Nacht träumte sie das Geschehene immer wieder, manchmal wurde sie im Schlaf unruhig, manchmal wurde sie wach. Irgendwann wurde es draußen hell.

       Oh nein, so schnell? Ich will nicht, dass es Tag wird, ich will nicht aufstehen, ich will nicht hinausgehen und so tun, als ob alles normal ist, ich will nicht zur Polizei gehen, ich will nicht!

      Noch recht früh am Vormittag stand sie auf; ihre zwei Mitbewohnerinnen waren bereits wach und beim Frühstück, als sie ins Wohnzimmer kam.

      „Guten Morgen! Hast du irgendwie gut schlafen können? Wir machen uns noch fertig, am Nachmittag fahren wir für eine Woche zu unseren Eltern nach Hause, das war ja schon längst ausgemacht und wir wollen unsere Eltern nicht enttäuschen, aber das haben wir dir eh schon erzählt, oder?“ sagte mal die eine, mal die andere Mitbewohnerin.

      Der nächste Schlag für sie. Was! Sie fuhren weg? Jetzt? Nach dem, was passiert war? Und ließen sie allein? Suwarna sagte nichts.

      Sie war geistig nicht so richtig anwesend. In Gedanken versunken aß sie ihr Frühstück irgendwie fertig und zog sich um. Dann hörten sie Motorräder. Mahinder und drei seiner Freunde waren da. Nachdem sich alle begrüßt hatten und noch einmal das Geschehnis durchgegangen waren, entschieden sie, zum nächstgelegenen Polizeirevier zu gehen.

      Auf dem Polizeirevier hörten sich die Polizisten das Ganze ziemlich lustlos an, warum hatten Suwarna und Mahinder dort überhaupt gestanden? In der Nacht waren wenig Menschen unterwegs, diese bestimmte Straße war sowieso ziemlich leer, die Hemmschwelle solcher Schläger, so etwas zu tun, sank, sie hätten überhaupt nicht dort stehen dürfen! Aha, also ihre Schuld!

      Ob die Polizisten das Geschehnis als Anzeige aufnahmen, hat Suwarna nicht wirklich verstanden. Sie spürte so eine Wut in sich. Sie war sich sicher, die Polizei wusste wahrscheinlich sogar, wer die Schläger waren, wollte aber nichts tun, es war für sie nicht ernst genug, außerdem war außer Geld und Gold mitnehmen und ein bisschen „herumschubsen“ nichts passiert, warum dann irgendein Aufwand?

      Zuerst rief sie ihre Cousine an und erzählte ihr irgendeine Märchengeschichte, wie sie das Geld und das Gold verloren hatte. Ihre Cousine hörte zu, sie verstand die Geschichte nicht und fragte noch mal, was passiert war und warum das Geld und Gold weg waren. Suwarna erzählte ihr erneut die Märchengeschichte, fügte noch hinzu:

      „Falls meine Mutter anruft, sag ihr noch nichts, sie wird sich unnötig Sorgen machen, du kennst sie doch“, und dann, dass sie noch etwas machen müsse und nicht mehr reden könne, die Cousine solle es ihren Eltern, sprich Suwarnas Onkel und Tante erzählen, und legte auf.

      Danach rief sie ihre Freunde an, alle nacheinander, Pardhan, Harsh, Prabhakar und Shehnaz, und noch Anant. Alle waren fassungslos. Alle hörten zu, äußerten fast die gleichen Worte der Fassungslosigkeit, fragten, wie es ihr ging und sagten, sie solle sich doch bitte melden, wenn sie etwas brauche.

      Anant und Suwarna hatten sich ein Jahr zuvor bei Bekannten kennengelernt. Seitdem hatten sie sich ab und zu getroffen, vielleicht war es so etwas wie eine Freundschaft. Er fragte sie noch, ob er vorbeikommen sollte, nein, nicht notwendig, alles noch in Ordnung. Er spürte die Wut in ihr und sagte, sie solle versuchen zu meditieren, das würde ihr helfen. Da kam die Wut hoch, die seit dem Überfall in irgendeiner undefinierten Form in ihr steckte, wie sollte Meditieren ihr helfen? Wenn die Polizei die Schläger fassen und sie ein paar Sachen zurückbekommen würde, würde ihr das helfen, nicht Meditieren. Na gut, dann halt nicht.

      Für Mittagessen hatten ihre Mitbewohnerinnen etwas gekocht, für sie, meinten sie. Halbherzig aß sie ihr Mittagessen. Sie wusste, was ihr bevorstand. Die Schwestern hatten schon ihren Koffer gepackt und verabschiedeten sich am Nachmittag:

      „Pass auf dich auf! Wenn was ist, ruf an! Deine Freunde sind eh in der Stadt, oder?“

       Na toll! Und jetzt?

      Sie saß eine Weile im Wohnzimmer, ins Nichts schauend, dann ging sie ins Schlafzimmer, legte sich hin und tat dasselbe, ins Nichts schauen, dann ging sie auf die Terrasse, es dämmerte bereits, sie hörte die Vögel zwitschern, was soll das alles bringen, diese angeblichen Glücksgeräusche, alles hat keine Bedeutung, alles ist gut für nichts!

      Allmählich wurde es dunkel, sie fing an, Geräusche zu hören, es wurde ihr seltsam zumute, als ob die Dunkelheit sie immer mehr einengte, es war kein schönes Gefühl. Sie ging hinein ins Wohnzimmer, machte die Tür hinter sich zu und prüfte mehrmals, ob sie richtig geschlossen war. Jede Minute kam ihr wie eine Stunde vor, immer wieder sah sie auf die Uhr, als ob es gleich Morgen werden würde, aber es wurde nicht Morgen, ganz im Gegenteil, es wurde draußen immer dunkler, immer ruhiger. Sie wusste nicht, wie sie es bis zum nächsten Morgen schaffen sollte.

      Sie dürfte doch irgendwann eingeschlafen sein, denn plötzlich wachte sie auf, hörte Geräusche aus der Küche, dann aus dem Badezimmer, dann aus dem Wohnzimmer, es war ihr alles zu viel. Sie ging ins Wohnzimmer und legte sich dort aufs Sofa. Die Geräusche waren noch da, sie schlief ein. Sie war wieder mittendrin, die zwei Schläger hielten sie fest, sie wachte wieder auf, hörte wieder die Geräusche, sie schwitzte, gleichzeitig war ihr auch kalt, sie hörte Geräusche draußen auf der Terrasse, dann wieder aus der Küche …

      Am nächsten Tag nach dem Mittagessen ging sie zu Pardhan hinüber. Er wohnte in der Nähe. Mit ihm konnte sie immer reden. Er hörte ihr immer zu, manchmal lachte er darüber, was sie erzählte, selbst wenn es nicht lustig war, vielleicht weil er bestimmte Dinge nicht so ernst fand wie sie. Aber da lachte er nicht, er schaute sie ernst an, und fragte, wie es ihr ging, nicht gut.

      „Bleib doch bei uns für das Abendessen“, sagte er, die ersten Sonnenstrahlen!

      Als die Abendessenszeit näherkam, wurde sie wieder unruhiger. Das Abendessen würde bedeuten, dass sie danach wieder in ihre WG zurückkehren und das Ganze aus der letzten Nacht nochmal durchmachen musste, das konnte sie nicht.

      „Pardhan, ich muss mit dir reden. Ich habe gestern die ganze Nacht nicht geschlafen, ich kann es nicht noch einmal durchmachen. Würde es dir was ausmachen mit mir mitzukommen, und in meiner WG zu schlafen?“

      „Warte, Suwarna, ich bin gleich wieder da“.

      Er kam nach ein paar Minuten in sein Zimmer zurück, in dem sie saß, in der Wohnung, die er mit sieben anderen Jungen teilte, und sagte zu ihr:

      „Was hältst du davon, wenn du ein bis zwei Tage hier bei uns bleibst? Wir sind insgesamt acht Jungs, hier kann dir nichts passieren, nicht mal ein Geist würde sich hier hineinverirren, denn diese anderen sieben sind erschreckender als alle Geister zusammen, die es geben könnte.“

      Es wurde heller und heller!

      „Ginge

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