Auswahlband Schicksalsroman 8 Romane in einem Buch September 2018. Cedric Balmore
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Er lachte hämisch auf.
»Ich soll ihn nicht kennen? Hältst du mich für einen Trottel? Wir haben euch beschatten lassen. Wir wissen alles, hörst du? Alles! Viermal in der Woche bist du allein, und dein Mann ist auswärts. Also kein Grund zur Sorge. Wenn du mitmachst und alles tust, was ich dir sage, geschieht dir und deinem Mann nichts. Es liegt einzig und allein an dir!«
Anja konnte nicht mehr sprechen. Ein Würgen saß in ihrer Kehle.
»Und wenn du nicht tust, was ich sage, können wir deinem Mann eine Mitteilung zukommen lassen, oder, was vielleicht noch besser ist, ein kleiner Unfall - niemand wird etwas merken, und er ist aus dem Wege geräumt. Na, willst du das vielleicht?«
Entsetzt starrte sie den Mann an. Ungeheuerlich, was er da aussprach.
»Aber das tun Sie doch nicht wirklich«, stammelte sie heiser. »Das können Sie doch nicht!«
»O doch, sollen wir dir eine Probe geben?«
Sie erstarrte.
»Und wenn du nicht folgsam bist, glaubst du, du kommst ungeschoren davon? Dein Frätzchen können wir uns vornehmen, und du wirst dich anschließend nicht mehr wiedererkennen. Überleg es dir genau! Gehst du für mich auf die Anschaffe, dann ist es geritzt. Niemand wird etwas erfahren. Dein Mann bleibt am Leben und du auch. Überleg es dir also gründlich! Wir fackeln nicht lange. Entweder du sagst jetzt sofort ja, oder du siehst deinen Mann nicht mehr wieder!«
»Ich kann doch nicht!«, schluchzte sie. »Hab doch Erbarmen mit mir! Ich kann es nicht, ich kann es doch nicht!« Bitterlich begann sie zu weinen.
Mit kalten Augen sah der Mann sie an, ließ sie eine Weile gewähren. Aber als sie nur heulend auf dem Bettrand saß und sonst nichts tat, da packte ihn die Wut. Brutal riss er sie hoch und schlug auf das wehrlose Mädchen ein. Sie schrie und versuchte, mit den Händen die Schläge abzuwehren.
»Wirst du mir jetzt antworten?«
»Ich kann nicht!«
Wieder traktierte er sie hart und warf sie zu Boden. Sie glaubte, das Ende sei für sie gekommen. Endlich hielt er inne. Anja rappelte sich hoch und stöhnte. Jeder Knochen im Leibe tat ihr weh.
„Willst du, dass ich meinen Leuten Bescheid gebe? Ich weiß genau, wo sich im Augenblick dein Mann befindet. Willst du?« Und er sagte ihr den Namen der Stadt und auch das Rasthaus, in dem er immer übernachtete. Da wusste sie, es war ihnen bitter ernst. Sie würden es tun. Sie würden Werner kalt umbringen, und es war dann ihre Schuld.
Werner!
»Ja«, sagte sie leise und wimmerte weiter.
Ein Lächeln legte sich um die harten Lippen.
»Na, warum denn nicht gleich. Ich versteh’ gar nicht, warum ihr euch immer so sträubt. Wirklich, der ganze Ärger hätte nicht sein brauchen. Jetzt musste außerdem auch noch eine Ausrede für deinen Mann suchen, warum du so blau und grün bist. Na, das ist ja nicht meine Sache. So, am Montag hole ich dich ab und bringe dich zum Strich. Dann ist dein Mann wieder unterwegs. Keine Sorge, ich nehme Rücksicht auf die Tage, da er zu Hause ist. Dann bist du seine liebende Gattin!«
Für Minuten hatte Anja aufgehört zu denken. Sie konnte einfach nicht mehr.
»Wirst du alles tun, was ich dir sage?«
Sie nickte.
»Es ist ganz leicht. Gehst doch mit deinem Mann auch ins Bett. Hast ja von den anderen schon gelernt. Und das, was du noch nicht weißt von dem Gewerbe, das werde ich dir schon beibringen, keine Bange. Du wirst noch mein bestes Pferdchen. Hab’ einen Blick dafür. Später wirst du richtig scharf auf deinen Job sein. Und, wer brav ist und mich nicht ärgert, den behandle ich auch nett, kapiert?«
Anja nickte nur willenlos.
»Na, dann können wir ja jetzt gehen. Bob wird bestimmt schon auf mich warten. Los, komm mit!«
Die junge Frau stolperte aus dem Zimmer. Unten in der Schänke befanden sich keine Gäste mehr. Der Wirt stand im Hintergrund und tat so, als wäre er eifrig mit seinen Gläsern beschäftigt. Fred warf ihm verächtlich einen Schein zu und knallte die Schlüssel auf den Tisch.
»Fertig, Bob?«
»Fertig!«, sagte der junge Mann und zerrte Sybille hinter sich her.
»Na, dann können wir ja!«
Die Tür schwang auf, und sie waren draußen. Der Regen hatte aufgehört. Anja nahm es nicht wahr, nichts nahm sie wahr. Der Motor war kalt und spuckte. Irgendwann wurden sie vor ihrer Haustür abgesetzt. In ihr war alles gestorben. Sie war nicht mehr die Anja, die sie einmal war. Gedanken hämmerten in ihrem Kopf. Hölzern schritt sie neben Sybille zum Fahrstuhl.
8
Sie stand vor dem Spiegel und kleidete sich aus. Streifte das Kleid ab, nahm mechanisch ihren Rock und die Bluse. Alles tat sie stumm, mit starrem Gesicht, fast marionettenhaft. Irgendwo im Hintergrund war die Freundin. Sie hatte diese vergessen. Und dann sah sie sich im Spiegel! Die großen ausdrucksvollen Augen, das zarte Profil. Die schlanke Figur. Das war sie wirklich. Sie starrte sich selbst wie eine Erscheinung an. Und dann kamen die Tränen, wie eine Erlösung waren sie. Unaufhaltsam rannten sie aus den Augen über das Gesicht. Sie sah es mit Erstaunen. War sie es, die da weinte, oder war das ein anderes Mädchen? Sie hob die Hände und fühlte die Nässe.
Das junge Mädchen sackte lautlos zusammen. Die Beine versagten ihren Dienst. Sie warf sich aufs Bett und weinte bitterlich.
Sybille stand kalkweiß daneben und klammerte ihre Hände um einen Stuhl. Sie wollte die Freundin trösten, ihre zuckenden Schultern streicheln. Aber sie war wie gelähmt.
Tränenüberströmt sah Anja auf und erblickte Sybille. Und da schrie sie: »Was weißt du schon! Starr mich nicht so an! Was weißt du schon! Ich bin einem Teufel in die Hände gefallen, oh, oh, oh!«
»Still!«, stammelte Sybille. »Sei endlich still! Glaubst du, mir ist nicht das Gleiche passiert wie dir?«
Anja vergaß für ein paar Sekunden ihren eigenen Kummer. »Du auch?«
Sie nickte. Da kamen erneut die Tränen.
»Aber sie dürfen das nicht, niemals, ich kann es nicht, ich kann doch nicht!«
Sybille lachte bitter auf.
»Glaubst du, sie werden Rücksicht darauf nehmen? Kennst du sie so schlecht? Weißt du nichts von ihren Drohungen?«
»Doch, doch, ich weiß es, aber ich will es nicht, hörst du? Niemals! Sie können mich nicht zwingen, sie können und dürfen es nicht. Ich werde es nicht tun!«
»Und dein Mann?«
Anja stand auf und wischte sich das Haar aus der Stirn.
»Wohin sind wir gekommen, Sybille? Bis jetzt war doch alles nur Spaß gewesen. Ich habe es getan, weil ich mich in einer Notlage befand. Aber das gibt denen noch lange nicht das Recht, uns auf den Strich zu schicken wie die gemeinste Nutte. Wir sind doch ein Rechtsstaat. Sie können doch nicht einfach über uns verfügen.