WIN - With Intention Now. Christian Jaerschke
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Wir sind jedoch viel empfänglicher für negative Informationen als für positive. Der Worst Case ist uns deshalb auch oft näher als der Best Case. Und das hat einen guten Grund, der bis an den Anfang der Menschheit zurückreicht. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine Überlebensstrategie. Zu dieser Zeit hat es schließlich den Tod bedeutet, wenn wir den Säbelzahntiger nicht rechtzeitig gesehen oder die falschen Beeren gegessen haben. Ob wir einen schönen Sonnenuntergang beobachtet haben, war für unser (Über-)Leben dagegen nicht so wichtig.
Heutzutage brauchen wir den Säbelzahntiger nicht mehr zu fürchten. Dafür werden wir in den Medien täglich mit unzähligen negativen Informationen und Worst-Case-Szenarien überschüttet.
Auch in der privaten Kommunikation geht es oft um negative Themen. Manchmal kommt es mir so vor, als müsste ich mich fast entschuldigen, wenn ich nichts zu beklagen habe oder nicht im Stress bin. Daher stammt vermutlich auch der alte Spruch auf die Frage, wie es einem geht: „Ich kann nicht klagen.“ Vera Birkenbihl42 hat einmal gesagt: „ Wenn Menschen nichts zu beklagen haben, haben sie nicht viel zu sagen.“
Energie fließt dahin, worauf der Fokus gerichtet ist. Hier ein Beispiel von Chrissie Wellington (vierfache Ironman-Weltmeisterin):43
„Ich lief eine Stunde lang auf einem Pfad in der Nähe unseres Hauses. Ich mag Trail-Running, aber es besteht kein Zweifel, dass es nicht zu meiner unfallanfälligen Natur passt, und ich ziehe es vor, die ganze Zeit nicht auf meine Füße herabzusehen. … Muppet. Kaum ein paar Hundert Meter auf meinem Lauf, stolperte ich über einen Stein und flog hin. … Ich hatte einen bösen Schnitt an einem Bein und Wunden an der Oberfläche am anderen und an meinen Ellbogen.“
Als ich vor Jahren das Skifahren in den Alpen gelernt habe, ging mir noch ständig durch den Kopf: „Hoffentlich werde ich an dem Steilhang nicht hinfallen, hoffentlich werde ich nicht stürzen.“ Das mentale Programm lief wie eine Schallplatte. Und was war die Folge? Genau: Meistens bin ich prompt gestürzt. Irgendwann ist mir das aber bewusst geworden, und ich habe das mentale Worst-Case-Programm durch ein Best-Case-Programm ersetzt.
Anstatt mir also vorzustellen, dass ich hinfallen könnte, habe ich visualisiert, wie ich den Steilhang meistern und gut unten ankommen würde. Genauso kam es dann auch.
Dieses Best-Case-Programm lässt sich auf fast alles übertragen. Ein paar Beispiele veranschaulichen, wie typische Worst-Case-Szenarien in Best-Case-Szenarien umgewandelt werden können:
Hoffentlich bekomme ich beim Massenstart im Schwimmen keinen Schlag ab.
► Ich finde automatisch den bestmöglichen Wasserschatten und habe immer genügend Platz um mich herum.
Hoffentlich überstehe ich das Trainingslager verletzungsfrei.
► Ich setze im Trainingslager die richtigen Trainingsreize. Mein Körper wird sie gut verkraften. Ich werde eine optimale Leistungssteigerung erfahren.
Hoffentlich brauche ich in der Wechselzone nicht wieder so lange.
► Ich bin in der Wechselzone hochkonzentriert, alle Schritte laufen wie geplant. Ich starte schnellstmöglich in die nächste Disziplin.
Welche Worte du dafür findest, spielt keine Rolle. Es kommt auf das Prinzip des Best-Case-Gedankens an. Sprache ist schließlich etwas sehr Individuelles.
Wer immer nur den Worst Case im Blick hat, kann weder ein erfolgreiches Geschäft aufbauen, noch Karriere als Sportler machen.
Trotzdem reicht es natürlich nicht, sich nur auf den Best Case zu konzentrieren, um eine neue Bestzeit zu erreichen oder einen Wettkampf zu gewinnen. An einem kontinuierlichen Training führt kein Weg vorbei. Wenn du weißt, was du willst, und dich darauf fokussierst, unterstützt dich dies aber ganz wesentlich.
Das heißt nicht, dass ich deshalb gegen Worst- oder Bad-Case-Szenarien bin. Wenn sie nur kurz vor dem geistigen Auge erscheinen und zu sinnvollen Handlungen führen, sind sie sogar nützlich.
Wenn bei einer Fußballweltmeisterschaft der wichtigste Spieler einer Mannschaft in der ersten Halbzeit vom Finale eine Verletzung erleidet, ist es nützlich, wenn der Trainer mit der Mannschaft vorher entsprechende taktische Szenarien entwickelt und trainiert hat, um den Ausfall bestmöglich zu kompensieren.
Ich empfehle allerdings, mehr Zeit auf die Best-Case-Szenarien zu verwenden. Denn dorthin, wo der Fokus liegt, fließt auch die Energie.
Gedanken sind mächtig: Nutze sie für Best-Case-Szenarien, bevor sich Worst-Case-Szenarien breitmachen können. Wenn du dich das nächste Mal dabei ertappst, dass ein Worst-Case-Szenario deine Gedanken beherrscht, erinnere dich daran: Wenn es einen Worst Case gibt, dann gibt es auch einen Best Case. Darauf konzentriere dich dann!
Weil es dabei auf die Details und die richtige Verwendung der Sprache ankommt, analysiere ich für dich ein paar Beispiele aus dem Profi-Sport und von ambitionierten Amateuren.
Tiger Woods erwartet bei jedem Golfturnier den Best Case: „My mind is my biggest asset. I expect to win every tournament I play.“44
Kurz und knapp bringt es Tiger Woods auf den Punkt. Er erwartet, jedes Turnier, das er spielt, zu gewinnen. Bevor du das jetzt auf dich überträgst, solltest du einen Punkt beachten. Die Erwartung muss realistisch sein. Du darfst aber gern deinen Best Case nach oben offen ausmalen. Was heißt das? Ganz einfach: dass du deinen realistischen Best Case für dich stimmig formulierst und dabei den Gedanken einbaust, dass er im Wettkampf auch noch besser ausfallen darf. Damit eröffnest du deinem Geist Spielraum nach oben.
Als Nächstes stelle ich dir drei Profi-Triathleten vor, die ich kurz vor einem Ironman-Rennen nach ihrem Best-Case-Szenario gefragt habe. Bei meiner Analyse gilt es natürlich zu berücksichtigen, dass es eine Interviewsituation und kein Mentaltraining war. Mir geht es hier nur darum, anhand dieser Beispiele ein paar zusätzliche Tipps zur Anwendung der Best-Case-Szenario-Technik zu geben.
1. Anja Beranek, Profi-Triathletin, antwortet Folgendes auf meine Frage: „Der Best Case ist natürlich, dass man zunächst einmal einen guten Start hat. Bei uns geht es ja im Triathlon manchmal auch ein bisschen ruppig zu. Das heißt, wenn man heil aus der Startphase herausgekommen ist, beruhigt es einen schon einmal. Man hat die Brille noch am Kopf und keinen Schlag abbekommen, dann kann man gut in das Rennen hineinfinden.
„Die Erwartung muss realistisch sein – du darfst aber gern deinen Best Case nach oben offen ausmalen“
Bei uns gilt es, in jeder Disziplin seinen Rhythmus zu finden. Wenn es beim Schwimmen also einmal schlecht läuft, heißt es noch nicht, dass es beim Radfahren ebenso ist. Man muss in allen drei Disziplinen den Rhythmus finden. Natürlich ist es gut, wenn es bei der ersten Disziplin schon klappt. Dann ist man mit ein bisschen Rückenwind für die anderen zwei Disziplinen bereit.
Das heißt, ein gutes Schwimmen ist auch gut für das Radfahren. Nichtsdestotrotz muss man aber sagen, dass es durchaus den umgekehrten Fall gibt. Wenn alle drei Disziplinen jedoch gut laufen, sodass man seine Leistung abrufen kann, dann ist man im Best-Case-Szenario, und das ist letztendlich