WIN - With Intention Now. Christian Jaerschke
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Seit diesem Winter ‚vertraue‘ ich meinem Körper, denke positiv und versuche, nicht in einen Kopfkino-Strudel mit negativen Gedanken/ Möglichkeiten zu kommen. Ich betreibe das erste Mal seit unzähligen Jahren meinen Sport OHNE Tape, OHNE Bandage! Klar ist die Angst manchmal im Hinterkopf, aber dann versuche ich mich entweder abzulenken oder durch positives Denken und den Fokus auf das Best-Case-Szenario das Ganze umzudrehen! Klappt ganz gut.
Gestern hatte ich dann auch (endlich) mein erstes Spiel ohne die ganzen Bandagen und Tapeverbände. Um mein Best-Case-Szenario zu unterstützen, habe ich mir dann Dinge gesagt wie: ‚Ich habe vollstes Vertrauen in meinen Körper! Meine Füße wissen, was sie machen sollen, und haben den Bewegungsablauf sicher verinnerlicht!‘ Ansonsten habe ich mich einfach mit Musik abgelenkt und bin die Bewegungsabläufe nochmals durchgegangen, um in die richtige Anspannungsphase zu kommen. War gar nicht so schwer.“
Derya, Boxerin: „Mein nächster Wettkampf wird folgendermaßen aussehen: Ich werde mich bewusst auf meine schnelle Beinbewegung konzentrieren. Sprich, wenn die Gegnerin mich in der Vorwärtsbewegung bedrängt, werde ich zur Seite rausgehen und Sie abkontern. Hierbei achte ich auf meine Schnelligkeit. Ich werde mich darauf konzentrieren, dass ich sie mit schnellen Kombinationen abfange und die klaren Treffer setze, sodass dem Sieg nichts im Wege steht.“
David, Kampfsportler: „Ich persönlich finde dieses Thema eines der wichtigsten und wertvollsten. Über Worst-Case-Szenarien wird viel gesprochen und auch viel nachgedacht. Aber die simple Möglichkeit, es einfach in das komplette Gegenteil zu kehren und daraus einen riesigen mentalen Gewinn zu ziehen, darauf kommt kein Mensch. Die Umformulierung eines Worst- in einen Best Case braucht einige Übung, aber schon nach einer Woche geht alles viel einfacher von der Hand, wenn man es bewusst jeden Tag einsetzt.“
Hannah, Läuferin: „Eine ganze Woche in Best-Case-Szenarien zu denken, ist gar nicht einfach. Ich habe aber bei Gedanken an den Worst Case den Schalter umlegen können. Hier ein Beispiel: Ich musste länger arbeiten und die Tiefgarage war schon geschlossen. Weil es Freitagnachmittag war, hat das für mich bedeutet: kein Auto für das Wochenende. Trotzdem habe ich es dann positiv genommen. Nach dem Motto: Der Wagen steht dort sicher und ich absolviere zwei zusätzliche Trainingseinheiten. Acht Kilometer nach Hause laufen und montags wieder zum Büro. Für die geplanten Aktivitäten am Wochenende habe ich Mitfahrgelegenheiten gefunden und so noch Kontakt zu anderen gehabt. Habe mich also nicht geärgert.“
EMPFEHLUNGEN FÜR DEIN TRAINING
1. Nimm dir ein paar Minuten Zeit und stelle dir deinen nächsten Wettkampf als Best-Case-Szenario vor! Male dir den Wettkampf so aus, wie er nach deinem Geschmack im besten Fall ablaufen soll, so detailliert und so real wie möglich.
2. Die Best-Case-Szenario-Technik lässt sich praktisch auf alle Situationen im Leben anwenden. Also denke diese Woche einmal nur in Best-Case-Szenarien. Achtung, das ist gar nicht so einfach! Es kann also passieren, dass du dich ab und zu bei einem Worst- oder Bad-Case-Gedanken ertappst. Das ist völlig normal. Dann freu dich darüber, dass dir das bewusst geworden ist, und ersetze den Worst Case durch einen Best Case.
42 Vera Felicitas Birkenbihl (t 3. Dezember 2011) war eine deutsche Managementtrainerin und Sachbuchautorin.
43 Vgl. Wellington (2013).
44 THE CITE SITE (2019).
1.8 WETTKAMPF-VISUALISIERUNG
Visualisierung ist einfach und effektiv. Vielleicht hast du schon einmal bei einem großen Wettkampf im Fernsehen beobachtet, wie ein Skifahrer seinen Abfahrtslauf, ein Bobfahrer seine Fahrt durch den Eiskanal oder ein Hochspringer seinen nächsten Sprung geistig durchspielt.
Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen realen und vorgestellten Erfahrungen.45 Dieses Prinzip kommt zum Tragen beim mentalen Durchspielen und Stabilisieren von Bewegungsabläufen. Wir machen es uns aber auch zunutze bei der Wettkampf-Visualisierung. Die Forschung hat gezeigt, dass sowohl bei realen eigenen als auch beobachteten und sogar nur vorgestellten Aktivitäten dieselben Hirnareale aktiv sind. Verantwortlich dafür ist ein Phänomen, das Neurowissenschaftler Spiegelneuronen46 nennen. Der Italiener Giacomo Rizzolatti47 und seine Mitarbeiter haben das Phänomen erstmals 1992 beschrieben.
„Indem du dir deinen Wettkampf gezielt vorstellst, kannst du vor dem Start Wettkampferfahrung sammeln und dir einen Vorteil verschaffen“
Die Wissenschaftler untersuchten den Mechanismus im Gehirn von Affen, der für Bewegungen wie Strecken und Greifen verantwortlich ist. Sie haben das Signal eines einzelnen Neurons im Gehirn eines Affen ausgelesen, während er nach Essen griff. Eines Tages hatte Leonardo Fogassi aus dem Team der Wissenschaftler selbst nach einer Banane gegriffen. Gleichzeitig feuerte ein Neuron des Affen, das bereits mit der Bewegung assoziiert war. Wie konnte das geschehen, obwohl der Affe sich nicht bewegt hatte?
Die Forscher vermuteten zunächst einen Messfehler. Eine umfangreiche Kontrolle der Messung und zahlreiche Wiederholungen zeigten die gleiche Reaktion. Nach mehr als zwei Dekaden Forschung verfestigte sich die Vermutung, dass Primaten, einige Vögel und Menschen Spiegelneuronen besitzen – also Neuronen, die sowohl feuern, wenn eine reale Aktivität stattfindet, aber auch wenn das Wesen nur beobachtet oder sich sogar nur etwas vorstellt.
Mache dir diese wissenschaftliche Erkenntnis für dein Mentaltraining zunutze: Indem du dir deinen Wettkampf gezielt vorstellst, kannst du bereits vor dem Start Wettkampferfahrung sammeln und dir auf diese Weise einen Vorteil verschaffen.
Weltklasse-Athleten visualisieren, weil es ihnen dabei hilft,
1. mit der Gewissheit in den Wettkampf zu starten, das Rennen geistig schon (mehrfach) erfolgreich durchgespielt und beendet zu haben.
2. Wettkampfdetails mental zu testen und zu verbessern (zum Beispiel Wettkampfstrategie und -taktik, Schlüsselstellen wie die Wechsel im Triathlon).
3. sich besser zu konzentrieren.
4. ihr Selbstvertrauen zu stärken.
Victor Plata, Amerikanischer Triathlet und Olympia-Teilnehmer 2004: „Ich spiele alle Szenarien für jeden Wettkampf minutengenau im Kopf durch. Vor den Ausscheidungsrennen bei den Olympischen Spielen 2004 habe ich den gesamten Wettkampf an die 50 Mal im Geist geprobt: was nach meiner Vorstellung passieren sollte und wie es aussehen würde. Der Qualifikationswettkampf verlief dann genauso, wie ich ihn geprobt hatte, und ich schaffte die Qualifikation. Für mich funktioniert es echt.“
Visualisieren stammt von dem lateinischen Wort „videre“, übersetzt „sehen“. Visualisierung ist jedoch mehr als Sehen mit den Augen. Das Wichtigste bei einer wirkungsvollen Visualisierung ist das Gefühl, die Empfindung, die wir mit dem Erreichen des Wettkampfziels verbinden.
Ursula Haller:48 „Deshalb reicht es nicht, wenn sich der Sportler nur vorstellt, Sieger zu sein, wenn sein Bauchgefühl ihm sagt, dass es ein anderer wird.“
Nach dem Motto: Das schaffe ich sowieso nicht.
Ursula