Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse
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Читать онлайн книгу Die Legende vom Hermunduren - G. K. Grasse страница 7
„Zuerst deinen Namen, dann ein Zelt für mich und meinen Begleiter und in jeder Nacht eine zusätzliche Wache vor meinem Zelt!“
„Und wer billigt dir diese Rechte zu?“
„Dein Feldherr! Du solltest ihn fragen…“ empfahl der neue Tribun.
„Das brauche ich nicht! Hier würde sich kein einziger Mann erlauben, etwas zu fordern, was Vespasian nicht billigte… Solltest du Lügen, zerreist er dich in der Luft!“
„Oh, wir werden uns gut verstehen, denn ich mag solche Art… Vertraust du mir, vertraue ich dir! Ich bin Antonius Honoratus und der da ist Manius Furius.“ Der Evocati zeigte auf seinen Begleiter. Sie reichten sich die Arme, als würden sie sich zum ersten Mal sehen…
„Ich bin Sextus Pompeius Sabinus, Präfekt der Ala der Gallier und Thraker.
2. Feindschaft bis zum Tod
67 nach Christus - Frühling (2. Aprilis)
Imperium Romanum – Exercitus Germania Superior
Die Rückkehr von Boiuvarios Liburne, bis zur Siedlung der Hermunduren am Moenus, gestaltete sich schwierig und ereignisreich. War es zuerst der Vorteil flussab, weil die Strömung sie trug, mit nur wenig Hilfe der Rojer auskommen zu können, stemmten sich die Kälte und ein ungünstiger Wind gegen ein zügiges Fortkommen.
Die Kälte bewirkte das weitere Zufrieren der Wasserfläche, so dass letztlich eine nutzbare Fahrrinne von nur geringer Breite verblieb. Der Wind trieb sein Ungestüm gegen die beabsichtige Fahrtrichtung flussab und wenn er sich aufbäumte, weil er ihnen entgegen blies, glaubte Boiuvario mitunter, dass die Liburne auf dem Wasser stand, trotzdem das Segel im Wind flatterte.
Letztlich blieb ihm nur die Entscheidung, ohne Segel und ohne großen Einfluss der Rojer, allein von der Strömung getragen, vorwärts zu kommen.
So wie das Wetter umschlug und die Temperaturen anstiegen, brachen zuerst die Eisränder der Fahrrinne. Das war ein gar vergnügliches Anschauen, wenn die Liburne einen solchen Eisrand streifte und Teile der Eismassen sich lösten. Die Besatzung jubelte dem Gubernator zu, erlaubte er sich einen dieser Späße, bis Boiuvario auf das Treiben des noch jungen Besatzungsmitgliedes, den er auf der Rückfahrt erstmalig an das Ruder ließ, aufmerksam wurde.
Des Trierarch Wut war mit einem heftigen Tritt in des Gubernator verlängerten Rücken verbunden und zwei heftige Faustschläge begleiteten seinen Unwillen.
„Stronzo, willst du uns umbringen?“ fauchte Boiuvario und fast die gesamte, belustigte Mannschaft starrte erschrocken zum Trierarch.
Auch der Gubernator stierte den Trierarch an und wusste nicht, welcher Verfehlung er den Tritt und die Schläge verdankte.
„Mach das noch ein einziges Mal und du schwimmst bis Mogontiacum…“ Boiuvario verstand zwar den Spaß, die Mannschaft aber wohl nicht die Gefahr.
Es war Gessius, der Segelmeister, der sich einmischte. „Lass ihnen doch wenigstens diesen Spaß, wenn sie schon auf dieser Fahrt sich den Arsch abfrieren…“ lachte er und Boiuvario erkannte im gleichen Augenblick, dass wohl der Vorbesitzer der Liburne im Winter wenig Fahrten unternahm und diese auch nur begann, wenn der Fluss kaum Gefahren bot…
„Wenn du nicht gleich dein Maul hältst und dich um deinen Scheiß kümmerst, kannst du den Kerl beim Schwimmen begleiten…“ Boiuvario war aufgebracht und trübte die Wut seinen Verstand, neigte er nicht nur zur Brutalität, sondern lebte diese zumeist auch aus.
In Gerwins und der Verlorenen Begleitung wäre das ein gefährliches Unterfangen gewesen. Hier aber, auf seiner Liburne, war er nicht nur der Herrscher, er fürchtete auch keine Bedrohung, wenn sie nicht die ganze Mannschaft umfasste.
Ihm war schnell ins Bewusstsein gedrungen, dass weder seine Segelaffen noch seine Rojer allzu viele Mühen aufwendeten und einzig der Gubernator gefordert war, die Liburne in der Flussmitte zu halten. Müßiggang und lange Weile, verbunden mit Nässe und Kälte waren keine nützlichen Begleiter, wenn eine Mannschaft von Unzufriedenheit herausgefordert wurde.
„Was willst du mir mit deiner Drohung verkünden?“ fauchte Gessius zurück.
Boiuvario ließ ihn stehen und wandte sich ab, ohne ihn einer Antwort für würdig zu erachten. Ihm drängte sich eine Erinnerung an Gerwins Worte in den Sinn. Diese verkündeten Gefahr. Ging er zu weit und Gessius spürte den Unwillen der Mannschaft, konnte schnell ihm das Schicksal bereitet werden, dass er soeben seinem Segelmeister und dem Gubernator anbot.
Buteo, Eponias Sohn und sein treuer Begleiter, mischte sich ein. „Seht ihr nicht die Folgen, wenn das Eis bricht und von der Strömung erfasst wird…“
„Was melden sich Knaben, wenn Männer Spaß haben wollen?“ fauchte Gessius den noch immer sehr jungen Buteo an.
Plötzlich stand Boiuvario mit gezücktem Messer vor dem Segelmeister.
„Greife den Jungen an oder wage es, ihn zu beleidigen und ich schlitze dich auf, von deiner Kehle bis zu deinen Eiern!“ Der Dolch des Trierarch vollführte eine Kreisbewegung unmittelbar vor Gessius Nase. Dessen rechte Hand griff nach dem eigenen Dolch und währe wohl in Boiuvarios Brust gelandet, wäre Zosimos nicht schneller gewesen.
„Segelmeister…“ Zosimos Dolch stach mit dessen Spitze leicht in den Hals seines früheren Freundes. „… du scheinst Atlas Tod schnell vergessen zu haben… Ich aber nicht! Bekomme ich Praeco noch einmal zu fassen und der Trierarch ist nicht dabei, schneide ich ihm seine Ohren und Nase ab. Sicher weißt du, wenn du ein wenig nachdenkst, warum… Atlas war mein Freund, ich glaube auch der Deine… Dir aber scheint sein Tod nichts auszumachen, mir aber schon… Lass dein Messer wo es ist oder meines findet deine Kehle…“ Gessius stand wie zu Stein erstarrt. Er bewegte kein Glied. Seine Zornesader schwoll an, er wurde tiefrot im Gesicht und fauchte den Jüngeren an. „Nimm dein Messer weg oder ich schneide dich in Streifen, Zosimos!“
„Lass dein Messer dort und Dank an dich!“ meldete sich der Trierarch. „Nutzen wir doch den Augenblick, um Klarheit zu schaffen… Wer glaubt, dass Gessius recht hat, geht zum Bug! Wer mir vertraut, sammelt sich im Heck am Ruder… Los, entscheidet euch!“ schrie er und sein Blick musterte die herumlungernde Mannschaft.
Er wusste, dass dies ein Spiel mit dem Feuer war. Gingen mehr Männer zum Bug, konnte er mit nur wenigen Getreuen kaum wirksamen Widerstand leisten. Dennoch war es Zeit, reinen Tisch zu machen und er war entschlossen, sich diesen Moment nicht entgehen zu lassen. Hatte doch Zosimos, mit seinem Eingreifen, diese Gelegenheit herbeigeführt…
Eine Mannschaft im Müßiggang war stets eine Gefahr, zumal auch noch dem Praeco Nachtrauernde eher bereit waren, für dessen Freunde, zu denen Gessius nun einmal zählte, einzustehen.
Plötzlich stand Argelastus neben Boiuvario. Auch Falko, der Hermundure, schob sich an ihn heran.
„Herr…“ meldete sich Fuscus leise Stimme. „… sorge dich nicht… Wir halten zu dir!“
Und wirklich drängte die Mehrzahl der Mannschaft zum Heck. Um Gessius im Bug scharrten sich lediglich fünf der älteren Besatzungsmitglieder.
„Dann scheint mir, die Sache ist entschieden!“ stellte Boiuvario die Aufteilung musternd, mit einem Grinsen fest.