Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse

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Die Legende vom Hermunduren - G. K. Grasse Die Legende vom Hermunduren

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Nähe meiner Liburne erblicken will! Solltet ihr dies vergessen, wird mein Messer für Erinnerung sorgen… Argelastes, Fuscus und Falko, lasst die Kerle dort wo sie sind! Die Übrigen an die Ruder! Suchen wir uns eine Stelle, an der wir diese Abtrünnigen von Bord werfen können…“

      Boiuvario wusste, dass es früher oder später darauf hinauslaufen musste, dass er auch Gessius aus der Mannschaft warf. Zu offenkundig versuchte der Segelmeister mit seinen Händen nach der Macht an Bord zu greifen. Das ihm aber gerade seine zuverlässigsten Männer, so wie er sicherlich glaubte, ihre Freundschaft und Verbundenheit aufkündigten, schien ihn vollständig zu überraschen.

      Zosimos Freundschaft zum großen, schwarzen Bären Atlas lag in der Unterschiedlichkeit ihrer körperlichen Voraussetzungen und im Charakter begründet. Der große Starke schützte den kleinen, vermeintlich Schwachen. Der kleine Kluge dachte für seinen großen, etwas schwerfälligen Freund. Die Einheit der Beiden, so unterschiedlichen Matrosen, war eine Besonderheit, die solange geachtet, keinerlei Gefahr hervorrief… Der Tod des Atlas aber brach eine Wunde auf.

      Als sich Gessius einst den wieselflinken Zosimos zu seinen Segelaffen holte, nahm sich Atlas des damals Schutzbedürftigen an. Gessius war, schon zu dieser Zeit, wenig nachsichtig gegenüber Zosimos und erzog seinen vermeintlichen Getreuen mit manchem Tauende. Als Atlas aber seine Rolle als Beschützer annahm, wagte Gessius es nicht mehr so oft, den Jüngeren zu züchtigen.

      Gessius und Praeco waren einst absolut tonangebend und wer sich nicht fügte, blieb, zumeist mit einer Messerwunde, auf der Strecke. Irgendwie schienen sich die übrigen Segelaffen Falko und Fuscus daran zu erinnern, dass auch ihnen einmal, in dieser Art, gedankt werden könnte. Beide kannten Gessius Fäuste, die ihnen früher, fast genauso wie Zosimos zuletzt, den Weg wiesen.

      Gessius bemerkte nicht, dass sich nach Praecos Abmusterung die innere Geschlossenheit der Mannschaft veränderte. Als Boiuvario nach der Übernahme der Liburne zu Alte aussonderte, verlor die Mannschaft einen Teil des inneren Gefüge. Neu Hinzugekommene passten sich an, waren aber nicht so aufgenommen worden, wie zuvor Entlassene dazu gehörten. Dann warf Boiuvario den Praeco von Bord. Die innere Einheit der bisherigen Mannschaft bröckelte weiter, weil sie ihren wichtigsten Kopf verlor…

      Rojer und Matrosen sind oft harte Kerle… Wie sollten sie auch nachsichtig und freundlich sein, bestand ihr Leben doch zu großen Teilen nur aus hässlichen Pflichten, schlechtem Essen, wenig Schlaf und ständig einer Peitsche im Rücken…

      Auch wenn Freundschaften unter Gleichartigen selten waren, galt es stets der Geschlossenheit der eigenen Mannschaft zu vertrauen. Nach Außen war eine solche Schiffsmannschaft ein festes Gefüge, schloss aber im Inneren nicht aus, das Rivalität, Neid, Missgunst, Brutalität oder einfach auch nur Gemeinheiten wirkten. Je fester eine Mannschaft zusammenhielt, desto unverwundbarer wurden deren einzelne Teile. So war es schon vor Boiuvarios Zeiten auch auf dieser Liburne. Sein Einfluss veränderte aber vieles. Zuerst wich ein Teil der Besatzung, dann wirkte seine Klarheit sowie auch seine Stärke und veränderte die innere Stabilität. Letztlich bewirkten Auseinandersetzungen, dass sich die Mannschaft völlig neu ausrichtete. Boiuvario förderte diesen Vorgang, wenn er auch nicht jede Einzelheit beeinflusste oder gar steuerte. Eines aber gelang ihm hervorragend… Es war seine Beobachtungsgabe, die gepaart mit Geduld und zuweilen auch Forschheit, Entscheidungen herbeiführte. Das letztlich immer alles zu seinem Vorteil ausschlug, verdankte er dem Einfluss der Götter oder einfach nur seinem Glück.

      Auch dieses Mal entschied er sich scheinbar richtig. Die Lage an Bord spitzte sich nach des Praecos Abgang zu. Gessius nahm sich Dinge heraus, die Boiuvario nicht zu dulden gewillt war. Er zögerte jedoch, weil er noch immer nicht wusste, ob die Mehrheit der Mannschaft zu ihm halten würde. Zosimos war das Pendel, das ihm zeigte, dass der Augenblick einer Entscheidung gekommen schien. Erkannt und genutzt, schrumpfte der Teil ihm feindlich Gesinnter auf Gessius und nur noch weitere fünf Rojer. Merkwürdigerweise entschieden sich alle verbliebenen Segelaffen für ihn und gegen ihren bisherigen Segelmeister.

      Es war wieder der Flusshafen in Borbetomagus, an dem sie anlegten und die Abmusterung vollzogen. Boiuvario stand an der Planke, vom Boot auf die Mole, als Gessius festen Boden betrat.

      „Gessius, ich bedaure deinen Entschluss, dich hinter Praeco gestellt zu haben… Den allerdings verfluche ich! Ihm und dir rate ich, nie wieder in meine Nähe zu kommen… Solltet ihr dennoch auftauchen, werde ich euch töten!“

      Gessius blickte auf. „Wir werden sehen, wer wen…“ antwortete er und Boiuvario wusste, dass diese Feindschaft bis zum Tod hielt.

      Er hätte dem Kerl seinen Dolch in die Rippen schieben sollen, statt auf Verständnis zu hoffen. Die Gelegenheit ergab sich mehrfach, allein die Verbundenheit der Segelaffen fürchtend, zögerte er. Nun war es zu spät und sich dessen gewiss, würde er öfter hinter sich blicken müssen, bis der Praeco und der Segelmeister ihre Götter trafen.

      Dieser Zwischenfall zeigte einen neuen Geist. Boiuvario machte Falko zum Segelmeister und griff sich zwei der jüngeren Burschen, um aus diesen neue Matrosen zu machen. Damit war die entstandene Lücke scheinbar geschlossen. Neue Rojer würde er in Mogontiacum oder in Gaidemars Sippe finden. Er hoffte auf das Verständnis und die Hilfe des Eldermann.

      Das Wetter ließ den bärbeißigen Winter ausklingen. Sie hatten Mogontiacum noch nicht erreicht, als sie von der heranwälzenden Masse gebrochener Eisschollen eingeholt wurden. Jetzt begriffen seine Männer die vom Eis ausgehende Gefahr. Um die Liburne herum schwammen alle Arten von Schollen. Kleine und Ungefährliche ebenso wie große, breite und lange, selbst riesige, ungebrochene Stücke… Auch sich auftürmende Blöcke erschienen immer zahlreicher. Der Trierarch begriff, dass ein einziges Hindernis im Fluss zu einer Eiswand aufwachsen konnte, die seine winzige Liburne zerdrückte, gelangte er dann nicht hinter einen, wie auch immer gearteten Schutz.

      Also blickte er sich um und fand endlich, sowohl die Gelegenheit zum Verlassen der kräftigsten Strömung, als auch einen Schutzwall, der jeder Eismasse als unüberwindliches Hindernis erschien. Hinter der in den Fluss hineinragenden Landzunge bildete sich eine Bucht, in die das Eis nicht hineindrückte. Boiuvario hoffte, dass dies in den nächsten Tagen und Nächten so blieb und wartete in dieser Zeit auf das Abklingen der Bedrohung. Erst dann, als er sich sicher war, dass der Fluss vor und hinter ihm fast vollständig vom Eis befreit war, wagte er die Fortsetzung der Fahrt.

      In Mogontiacum hielt er am Ufer des Handelshofes, um von Finley Waren aufzunehmen, neue Verpflegung zu fassen und nahm auch zwei neue Besatzungsmitglieder an Bord. Dann setzte er seine Reise flussauf, auf dem Moenus, fort. Er brachte Waren für die Hermunduren, sehnte sich nach Wilgard und hoffte auf einige geruhsame, gemeinsame Tage. Außerdem hatte ihn Gerwin mit einer Botschaft für Gaidemar beglückt, die er unbedingt sofort an den Mann bringen wollte.

      Kaum ein wenig auf dem Moenus vorgedrungen, bäumte sich der Fluss gewaltig auf. Eismassen wälzten sich heran und machten die Fortsetzung der Fahrt unmöglich. Im letzten Moment gelangten sie in eine kleine Bucht, legten am Ufer an und bestaunten die Eisblöcke, die sich flussab wälzten.

      Auf dem kleineren Moenus schien die Kälte etwas später zurückgegangen zu sein. Diese Vermutung lag nahe. Boiuvario aber wusste, dass der Fluss am Oberlauf zugefroren gewesen sein musste, somit erst jetzt das geschmolzene und aufgebrochene Eis flussab trieb und mit seiner Kraft hinweg hieb, was sich in den Weg stellte.

      Alles Fluchen half nichts, auch die Götter schienen kein Erbarmen zu kennen. Er würde erneut Tage und Nächte warten müssen, bis eine Weiterfahrt möglich wäre. Es half nichts. Sie bauten ein Lager und brachten die Liburne in den äußersten Winkel der Bucht.

      In der folgenden Nacht wurde Boiuvario vom Krachen und Bersten der Eisschollen geweckt. Ihre Nähe zum Fluss zeigte Auswirkungen. Der von dort kommende Lärm berstender Schollen, sich ständig verschiebenden Eises schwoll unmerklich

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