Ganz für Familie. Erwin Sittig

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Ganz für Familie - Erwin Sittig

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eine neue Brille zu besorgen.

      „Dann hol` uns hier raus, du Trantute“, schimpfte die Oma.

      Jetzt erst war er sich sicher, dass ihn seine Augen nicht täuschten. Er hatte den Wolf vor sich. Die Großmutter musste sich also im Bauch des Wolfes befinden.

      Schnell nahm er Omas Schere und schnitt den Bauch auf, wobei er sich wieder Meckereien der Oma anzuhören hatte, der er aus Versehen in den Po gepiekt hatte.

      Dann sprangen Rotkäppchen und ihre Oma quietschfidel heraus. Sie waren von oben bis unten mit Rotwein bekleckert und stanken auch danach.

      Trotzdem wurde erstmal gefeiert. Oma und der Förster tranken eine Flasche Rotwein und Rotkäppchen aß den Kuchen. Dann sammelte Oma ihre vielen leeren Weinflaschen zusammen und stopfte sie dem Wolf in den Bauch. Anschließend wurde er sorgfältig zugenäht. Sie trugen den Wolf hinaus und gingen schlafen, nachdem sie den Förster verabschiedet hatten.

      Als der Wolf erwachte, stellte er fest, dass bei jedem Schritt, den er machte, sein Bauch so laut zu klirren anfing, dass es meilenweit zu hören war. Er wusste allerdings nicht, dass es leere Flaschen waren.

      Seit der Zeit hat er nie mehr jemanden fressen können, da er mit dem Glockengeläut sein Kommen immer rechtzeitig ankündigte und die Tiere schnell davonliefen.

      So kam es, dass der gierige Wolf letztendlich verhungerte.

      Und wieder mal war der Alkohol an allem schuld.

       Hanna und die Schokobienen

      Das Leben im Dorf schlich im immer gleichen Trott dahin.

      Jeder kannte jeden, die Sonne ging täglich an der gleichen Stelle auf, und es war schon etwas Aufregendes, wenn mal der Bus ein paar Minuten Verspätung hatte.

      Der Wind pfiff wie immer durch die undichten Fenster und Hanna kuschelte sich nochmal ins Bettchen, um den kleinen Rest Wärme zu retten, der sich in ihrer mit Gänsefedern gefüllten Zudecke versteckt hatte. Sie hatte sich schon lange bei ihren Eltern über das undichte Fenster beschwert, doch deren Ohren hatten offenbar besseres zu tun, als ihr zuzuhören. Selbstverständlich waren alle anderen Zimmer wohlig warm, so dass es keinen Grund gab, etwas zu unternehmen, da bekanntlich Kinder immer übertreiben.

      Dabei war es ihrer Mutter ebenso ergangen, als sie noch im Haus ihrer Eltern wohnte. Sie war damals aus Protest mit ihrer Schwester unter die Treppe gezogen, ohne dass sich darunter eine Kammer befand. Jeder, der daran vorbeilief, sah sie dort liegen. Sie hatten ihr Bettzeug geschnappt und schliefen dort auf den Fliesen, bis sich ihr Vater erbarmte und den Umbau des Kinderzimmers in Angriff nahm.

      Stolz hatte ihre Mutter immer wieder davon berichtet.

      Aber heute war sie erwachsen und hatte Mühe, die Sprache der Kinder zu verstehen.

      Hanna hatte keine Lust, es ihrer Mutter nachzumachen und ebenfalls unter die Treppe zu ziehen. Es wiederholte sich ohnehin schon alles im Dorf, so dass auch diese Wiederholung sie langweilen würde.

      Missgelaunt schlenderte Hanna die Treppe hinunter. Ganz leise war der Ruf ihrer Mutter ans Ohr gedrungen, dass das Frühstück fertig sei. Ein magischer Ruf, der etwas Freude erhoffen ließ, falls es heute etwas Besonderes zum Naschen gäbe.

      Vorsichtig lugte sie um die Ecke, um den Frühstückstisch zu mustern. Die Kinnlade fiel hinunter und mit diesem entstellten, langen Gesicht marschierte sie in die Küche ein. Wieder gab es gesundheitsbewusstes Essen. Hanna konnte den übertriebenen Ernährungstick ihrer Mutter nicht verstehen.

      Obst, Körnerbrot oder ­brötchen, Müsliriegel, Bienenhonig und Milch, das waren die Sachen, die bei keinem Frühstück fehlten.

      Langweilig. Immer nur das Gleiche. Hannas Anregung, mal Schokolade, ein paar Gummibärchen oder wenigstens etwas anderes in der Richtung auf den Tisch zu stellen, überhörten sie genauso, wie ihren Wunsch, das Fenster abzudichten.

      „Was ziehst du für ein Gesicht“, beschwerte sich ihre Mutter. „Du könntest so hübsch sein, wenn du etwas lächeln würdest.“

      „Ich ziehe kein Gesicht“, konterte Hanna. „In meinem Zimmer zieht es. Vielleicht hat es auch an meinem Gesicht gezogen. Dafür kann ich nichts.“ Und sie schob zusätzlich die Unterlippe vor, wobei sie den Honig anstarrte.

      Hanna merkte sofort, dass ihre Mutter sie wieder nicht verstanden hatte, oder besser gesagt, es nicht wollte.

      „Soll ich dir ein Honigbrötchen schmieren?“, hörte sie ihre Mutter, die den Blick auf den Honig zum Anlass nahm, vom Thema abzulenken.

      „Ich mag diesen Honig nicht. Ich mag nur Schokohonig.“

      „Leider gibt es keine Schokobienen, mein Schatz, sondern nur Honigbienen.“

      „Es gibt sehr wohl Schokobienen. Es gibt ja auch Schokokühe.“

      „Die Kühe sind ja auch gescheckt und geben darum Milch und keinen Honig. Hast du schon mal eine gescheckte Biene gesehen?“

      Doch so leicht war Hanna nicht auszutricksen. Sie war immerhin schon sechs Jahre alt und würde nächstes Jahr zur Schule kommen.

      „Es gibt aber Zebras, die sind auch gestreift und geben Milch.“

      „Aber keinen Honig.“

      „Aber die gescheckten Bienen könnten den Schokohonig geben.“

      Jetzt verlor ihre Mutter doch langsam die Nerven, während ihr Vater nur amüsiert vor sich hin grinste.

      „Wenn du mir eine gescheckte Biene zeigst, kriegst du auch deinen Schokohonig, aber solange isst Du den Honig von den gestreiften Bienen. Und jetzt ist Schluss mit der Diskussion!“

      „Eine lebendige?“

      „Ja, eine lebendige. Was soll ich dir schmieren?“

      „Ein Honigbrötchen.“

      Schlagartig besserte sich Hannas Laune. Das würde sicher nicht schwer sein, eine gefleckte Biene zu finden. Bloß weil ihre Mutter noch keine gescheckte Biene gesehen hat, bedeutete das lange nicht, dass es sie nicht gäbe. Ihre Eltern hatten nicht mal Zeit, sich um ihr undichtes Fenster zu kümmern, da würde ihnen eine fleckige Biene schon gar nicht auffallen und wenn sie gleich auf ihrer Nase säße. Außerdem gibt es zum Beispiel Kreuzottern, von denen sie ebenfalls nie eine gesehen haben.

      Die Erwachsenen waren schon albern. An Kreuzottern glauben sie, doch an gescheckte Bienen nicht.

      Aber nicht mehr lange. Hanna wird sie finden, die Bienen mit Flecken drauf und dann würde sie endlich ihren Schokohonig bekommen.

      Den ganzen Tag lief Hanna im Dorf herum, schaute in jede Blüte, in jeden Strauch und untersuchte jede Ecke, wo ein leises Summen zu hören war. Es waren aber immer diese blöden, gestreiften Bienen. Langweilig. Hanna wäre aber nicht Hanna, wenn sie jetzt schon aufgeben würde. Vermutlich waren sie etwas scheu, oder sie ernähren sich von anderen Sachen. Na klar, schließlich sollen sie ja Schokolade produzieren und keinen ollen Honig, den jeder hat. Vielleicht sollte sie dort suchen, wo die braungescheckten Kühe leben. Die fressen bestimmt nicht das Gleiche, wie die schwarz-weiß-gescheckten. Sicherheitshalber rief sie weiterhin ein paar Mal nach den Schokobienen, aber sie wurde

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