Ganz für Familie. Erwin Sittig

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ganz für Familie - Erwin Sittig страница 4

Ganz für Familie - Erwin Sittig

Скачать книгу

einen Ausflug gemacht, der sie etwas weiter weggeführt hatte. Die Richtung wusste sie noch. Dort gab es diese braunen Kühe, die angeblich Schokomilch herstellen.

      Der Weg war weit, die Zeit knapp. Sie suchte sich ein altes Marmeladenglas heraus, stach mit Papas Schraubenzieher einige Löcher in den Deckel und stopfte es zusammen mit ein paar Bananen und einigen Brötchen in ihren Rucksack. Dann schwang sie sich auf ihr Fahrrad und radelte davon.

      Zum Glück lebte sie nicht im Gebirge, dann wäre es bestimmt eine kurze Reise geworden, aber so ging es gut voran. Die Sonne strahlte, als würde sie Hanna für ihre tolle Idee belohnen wollen und der Wind kraulte ihr langes Haar, was fast schöner war, als das Streicheln von Mama und Papa. Vielleicht empfand sie es nur so, weil ein wahnsinnig spannendes Abenteuer auf sie wartete und sie ihrer Mutter beweisen kann, dass es Schokobienen gibt. Am meisten freute sie sich auf den Schokohonig, der bald jeden Tag, auf dem Frühstückstisch, den dummen alten, langweiligen, gelben Honig auslachen würde.

      Hin und wieder rief sie nach den Schokobienen, in der Hoffnung, dass eine von ihnen ihre Sprache spräche und zufällig, wie sie, einen kleinen Ausflug macht. Doch sie war nicht traurig, als niemand antwortete, denn sie war noch weit von ihrem Ziel entfernt.

      Hanna schoss an den alten, roten Backsteinhäusern vorbei und winkte den Omas, Opas und Kindern zu, die sich davor tummelten, und wurde noch fröhlicher, wenn ihr alle freundlich zurückwinkten. Und obwohl die es gar nicht wissen wollten, rief sie ihnen zu, dass sie auf dem Weg sei, die Schokobienen zu suchen, was die Menschen mit einem ausgelassenen Lachen belohnten.

      Nachdem sie schon ein paar Stunden gefahren war, rief ihr ein altes Mütterchen zu:

      „Warte Kleines, du brauchst nicht weiter zu suchen, ich habe eine Schokobiene. Wenn du willst, kannst du sie haben.“

      „Ja?“, Hanna konnte ihr Glück nicht fassen. Sie bremste so kräftig, dass sie fast gestürzt wäre, und kehrte zum Haus der alten Frau zurück, die inzwischen hinter der Tür verschwunden war. Aufgeregt kramte sie ihr Marmeladenglas hervor und schraubte schon den Deckel ab, um ihren Schatz darin zu verstauen.

      Doch die Enttäuschung war riesengroß, als die Frau mit einer kleinen Schokoladenbiene auftauchte, die in goldenes Papier eingewickelt war und schwarze Streifen auf dem Körper aufwies. Wenn sie wenigstens gefleckt gewesen wäre, hätte sie ihren Eltern zeigen können, dass auch andere Menschen gescheckte Bienen kennen - aber so war sie gar nichts Wert. Das Mütterchen verstand nicht, dass das Mädchen ohne ihre Nascherei weiterfuhr und vor sich her murmelte: „Die ist ja gestreift. Ich hasse gestreifte Bienen.“

      Die gute Laune war dahin. Die Sonne wurde lästig, da sie wegen der Anstrengungen zu schwitzen begann. Der Wind hätte besser von hinten pusten sollen, um sie anzuschieben. Alle waren gegen sie. Aber jetzt erst recht. Hanna ahnte, warum die Erwachsenen keine Schokobienen kannten, weil sie nicht daran glauben wollen. Den lieben Gott hatte auch noch keiner gesehen und trotzdem erzählten Oma und Opa und manchmal auch Mama von ihm. Sie suchen sich einfach aus, was ihnen gefällt und da sie Schokohonig nicht gern essen, glauben sie nicht an Schokobienen. Genau so wird es sein. Sie ärgerte sich, dass sie einen kleinen Moment an der Schokobiene gezweifelt hatte.

      Inzwischen wurde es schummrig. Sie hatte bisher keine einzige braune Kuh gesehen. Wie lange sie noch brauchen würde, konnte sie nicht einschätzen. Aber sie wollte auch niemanden fragen, da sicher keiner verstehen würde, was ein kleines Mädchen zu dieser Zeit allein in einer fremden Gegend zu suchen hatte. Sie steuerte ein Wäldchen an, das ihr Schutz vor der Kälte versprach. Die Dunkelheit kam schneller als gedacht und die Bäume über ihr nahmen ein weiteres Stück von dem spärlichen Mondlicht weg.

      Trotzdem freute sie sich, dass der Mond bei ihr war. Dadurch konnte sie erkennen, wo sich ein Moosteppich gebildet hatte, so dass sie etwas weicher lag. Wie schön wäre es, jetzt eine Decke zu haben. Sie hatte damit gerechnet, die Schokobiene schneller zu finden, so dass ihr der Gedanke, eine Zudecke mitzunehmen, niemals gekommen wäre. Zum Glück hatte sie sich eine Jacke eingesteckt, mit der sie sich jetzt notdürftig zudeckte.

      Es war eine eigenartige Stille im Wald. Aus der Ferne hörte sie ein paar Frösche, die sich bemühten, sie in den Schlaf zu singen und das sanfte Rascheln der Zweige tat sein Übriges. Sie hatte keine Angst und schlief mit dem Gedanken an die Schokobienen ein.

      Die Vögel standen ziemlich früh auf. Ihr Trällern hallte im ganzen Wald wieder und Hanna stimmte mit ein, wobei sie versuchte, die Melodie ihres Lieblingssängers nachzuahmen. Sie hatte im ersten Moment ihr Zimmer mit dem zugigen Fenster herbeigesehnt, da ihr etwas kalt war, aber der Gesang der Vögel entschädigte sie für die unsanfte Nacht, die sie in allen Knochen spürte. Sie lief zum Waldrand, wo sie die wärmenden Sonnenstrahlen aufsaugte, und aß alle Bananen auf einmal auf, die sie im Rucksack fand.

      Sie versuchte ein weiteres Mal, die Schokobienen zu rufen, lauschte eine Weile und wollte schon weitergehen, als sie hinter sich eine Stimme hörte.

      „Was möchtest Du von mir? Warum schreist du denn den ganzen Tag herum?“

      Hanna drehte sich um, doch es war nichts zu erkennen, was zu ihr gesprochen haben könnte.

      „Hallo? Zeige dich, ich kann dich nicht sehen.“

      „Bist du blind? Ich bin genau vor dir. Hast du etwa nicht gewusst, dass wir so klein sind?“

      Hanna musste sich sehr konzentrieren, um die kleine Biene zu erkennen, die vor ihr in der Luft schwebte. Und wenn sie sich nicht täuschte, war sie gefleckt.

      „Wer bist du?“

      „Ich bin Biene Bumm, eine Schokobiene. Du hast mich doch gerufen.“

      Langsam bewegte sich Hanna zu ihrem Rucksack und tastete nach dem Marmeladenglas, ohne Biene Bumm aus den Augen zu lassen.

      „Lass das ja sein, sonst steche ich dich!“, warnte die Biene.

      „Bist du nur gekommen, um mich einzusperren?“

      „Nnnein, i i ich wollte nur ….. Meine Mutti sagt … Ach quatsch, na klar wollte ich dich fangen, denn du würdest doch kaum freiwillig mitkommen, oder?“

      „Natürlich nicht. Warum sollte ich?“

      „Meine Mutti glaubt nicht, dass es Euch Schokobienen gibt. Wenn ich es ihr aber beweise, bekomme ich morgens immer Schokohonig.“

      „Das ist auch gut so, dass die Menschen uns nicht kennen. Sonst würden sie uns genau wie den dummen Honigbienen das Essen klauen und uns mit billigem Ersatzfutter abspeisen. Niemals werde ich mit dir mitkommen.“

      „Aber es gibt doch schon Schokohonig.“

      „Nein, nein. Das ist nur geschmacklose Schokocreme, die die Menschen selbst machen.“

      „Komm doch mit“, bettelte Hanna. „Du musst ja nicht verraten, wo ihr wohnt. Du sollst dich ja nur zeigen und dann kannst du wieder nachhause fliegen.“

      „Das ist mir viel zu gefährlich. Vielleicht frisst mich unterwegs ein Vogel oder die Menschen schlagen nach mir. Nein ich bleibe lieber hier.“

      Hanna begann zu weinen. All ihre Träume von einem zauberhaften Frühstück mit Schokohonig zerplatzten. Es machte ihr nichts aus, dass es nur geschmacklose Schokocreme sein soll, sie schmeckt trotzdem traumhaft.

      „Hör auf zu heulen, Kleine. Ich werde dir helfen. Wir können nämlich etwas zaubern, nur darum haben uns die Menschen noch nicht entdeckt. Ich

Скачать книгу