Todesstrafe - Der zweite Fall für Schmalenbeck und Paulsen. Brigitte Krächan
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„Und Sie“, mischte sich Paule ein, „haben Sie und Ihr Mann es auch hinter sich gelassen?“
Ulli beobachte, wie Gerda Kömen tief einatmete und kurz die Luft anhielt. Dann schloss sie für einen Moment die Augen und atmete langsam aus.
„Es hat damals Menschen gegeben, die uns halfen, damit umzugehen. Und wir haben gelernt, damit zu leben. Ich habe in der Gemeinde Trost und Unterstützung gefunden und Heinz“, Frau Kömen zögerte, „Heinz hat einen anderen Weg gefunden.“
„Welchen Weg hat Ihr Mann gefunden?“, hakte Ulli vorsichtig nach.
Frau Kömen stand auf und holte Kaffeetassen aus dem Schrank. Nachdem sie die Kommissare mit dem Kaffee bewirtet hatte, verließ sie die Küche und kehrte kurz danach mit einem dicken Aktenordner zurück. Sie legte den Ordner auf den Tisch.
„Sie werden es ohnehin erfahren. Das ist der letzte, drüben stehen noch fünf. Heinz hat alles aufgehoben, was er über den Mord an Karin in Erfahrung bringen konnte. Und als das mit der DNA bekannt wurde, hat er dafür gekämpft, dass Wilhelm Tieck wieder vor Gericht gestellt wird. Er hat sogar einen Anwalt bezahlt. Aber der Anwalt hat gesagt, dass man keinen zweimal für dasselbe Verbrechen anklagen darf. Ich habe Heinz geraten, damit aufzuhören. Ich habe ihm gesagt, dass er sich selbst schadet, wenn er immer wieder die alten Wunden aufreißt. Aber er wollte nicht aufgeben. Er hat Petitionen aufgesetzt und bei Gericht eingereicht.“
Frau Kömen zeigte auf den Ordner. „Es ist alles da drin. Sie können ihn mitnehmen, die anderen Ordner auch. Heinz braucht sie jetzt nicht mehr, und ich werde froh sein, wenn sie aus dem Haus sind. Vielleicht ist jetzt endlich Frieden, auch für Heinz.“
Ulli wollte gerade einen Blick in den Ordner werfen, als die Haustür aufgeschlossen wurde.
„Hier riecht es wunderbar nach frisch aufgebrühtem Kaffee. Gibt es auch Kuchen dazu?“
Heinz Kömen stand in der Küchentür und schaute die beiden Kommissare überrascht an. Ulli bemerkte den kurzen Blick auf den Ordner, der aufgeschlagen auf dem Tisch lag.
„Die Kommissare sind wegen Wilhelm da“, beeilte sich Frau Kömen zu erklären.
Heinz Kömen verzichtete auf eine Begrüßung. Er griff nach einer Kaffeetasse, schenkte sich Kaffee ein und nahm am Tisch Platz. Dann langte er über den Tisch und schloss den Ordner.
„Da hätten Sie schon vor Jahren kommen sollen. Jetzt hat offensichtlich ein weises Schicksal Ihre Aufgabe übernommen und den Mörder meiner Tochter bestraft.“
Heinz Kömen schaute die Kommissare herausfordernd an. „Und was wollen Sie jetzt von uns? Hoffentlich keine Hilfe bei der Suche nach Wilhelms Mörder. Was mich betrifft: Ich habe soeben die Akte ,Wilhelm Tieck‘ mit Freuden und für immer geschlossen.“
„Nun“, erklärte Ulli ruhig, „für uns ist das nicht so einfach. Wir müssen einen Mord aufklären und möchten Ihnen dazu einige Fragen stellen.“
Heinz Kömen lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schaute Ulli direkt in die Augen: „Dann los, Frau Kommissarin, fragen Sie alles, was Sie wollen. Ich weiß nicht, wer das Urteil im Fall Tieck nach zehn langen Jahren endlich vollstreckt hat. Aber wenn ich es wüsste, ich würde es Ihnen ganz gewiss nicht verraten, im Gegenteil, ich würde dem Täter noch eine Dankeskarte schicken.“
Ulli beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Frau Kömen sich bemühte, ruhig und gleichmäßig zu atmen.
„Okay“, Ulli wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Heinz Kömen zu, „dann beginnen wir mit einer ganz einfachen Frage: Wo waren Sie am späten Abend am Donnerstag, dem 22. August, und in der darauffolgenden Nacht zum Freitag?“
Heinz Kömen nickte nachdenklich. „Letzten Donnerstag. In der Zeitung steht, er wurde am Sonntag gefunden. Dann hat es ziemlich lange gedauert, bis jemandem aufgefallen ist, dass er tot ist. Ich hoffe, es war ein langsames, einsames Sterben.“
Wieder atmete Gerda Kömen tief ein, sie beugte sich zu ihrem Mann und legte eine Hand auf seinen Unterarm. „Lass es gut sein. Es ist nicht recht, dass du so redest, und es passt auch nicht zu dir. Was sollen die Kommissare denken? So bist du doch nicht.“
Heinz Kömen zog den Arm unter der Hand seiner Frau weg. „Vielleicht hat mir der Mord an Wilhelm gezeigt, wie ich wirklich bin. Ja, ich habe mich gefreut, als ich erfahren habe, dass der Kerl tot ist. Dass Karin jetzt endlich Frieden finden kann. Dass ich jetzt endlich Frieden finden kann. Dass ich das da“, Heinz Kömen deutete auf den Ordner, „nicht mehr weiterführen muss.“
Paule griff nach dem Ordner, schlug ihn auf und blätterte darin. „Rechtsgutachten, Schreiben an Rechtsanwälte, Fachaufsätze zur DNA-Analyse, Petitionen. Ihre Frau erzählte uns, dass es noch fünf weitere Ordner gibt. Ein ziemlich zeitintensives Hobby. Und nach zehn Jahren müssen Sie erkennen, dass das alles nichts gebracht hat. Der Mörder Ihrer Tochter lebt immer noch friedlich in seinem Häuschen, geht zur Arbeit, mäht seinen Rasen. Und das alles direkt vor Ihrer Nase. Dabei werden Sie auch nicht jünger.“
Paule beugte sich zu Heinz Kömen vor und schaute ihm direkt ins Gesicht.
„Was haben Sie am Donnerstag gedacht, als Sie morgens aufgewacht sind, am Jahrestag des Todes ihrer Tochter? Noch einmal zehn Jahre Petitionen und Gutachten? Oder haben Sie über etwas anderes nachgedacht? Sie haben die Frage meiner Kollegin noch nicht beantwortet.“
„Heinz war den ganzen Abend und die Nacht zu Hause. Sie können doch nach all der Zeit nicht hierherkommen und uns beschuldigen!“ Gerda Kömens Stimme zitterte.
„Lass gut sein, Gerda“, jetzt war es Heinz Kömen, der seiner Frau liebevoll eine Hand über ihre zitternden Hände legte. „Alles Routine. Die beiden Kommissare machen nur ihre Arbeit. Und wir haben nichts zu verbergen. “
„Waren Sie in letzter Zeit in der Wohnung des Opfers?“, Ulli bemühte sich, die Befragung möglichst objektiv fortzuführen.
Beide schüttelten den Kopf.
„Und Sie haben auch keinen konkreten Verdacht, wer Wilhelm Tieck getötet haben könnte?“
Wieder Kopfschütteln.
„Tatsächlich fällt es mir schwer, zu glauben, dass dieser Mord etwas mit dem Mord an unserer Tochter zu tun hat.“ Heinz Kömen blickte zum Fenster.
„Jeden Tag besuche ich Karin auf dem Friedhof. Zu Beginn bin ich immer wieder Freunden von Karin begegnet. Arbeitskollegen, Leute aus der Nachbarschaft, die sie kannten. Aber diese Begegnungen wurden mit den Jahren weniger. Die Leute vergessen sie. Eigentlich hat sie seit Jahren nur noch uns.“
Heinz Kömens Stimme klang unendlich müde und resigniert. Als hätte der provokative Auftritt seine ganze Kraft gekostet. Wahrscheinlich hatte Gerda Kömen recht: Seit zehn Jahren versuchte Heinz Kömen ruhig und beharrlich, mit Hilfe des Gesetzes gegen Wilhelm Tieck vorzugehen. Dieses provokante, aggressive Auftreten passte wirklich nicht zu ihm. Ulli deutete auf den Ordner.
„Haben Sie etwas dagegen, wenn wir Ihre Unterlagen mitnehmen? Vielleicht finden wir etwas, das uns weiterhilft.“
Heinz Kömen zuckte mit den Schultern. „Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Nur schade, dass sich in den letzten Jahren keiner für meine Unterlagen interessiert hat. Sieht